Fast schon langweilig solide. So könnte das Fazit zum Abgang von Swiss-Life-CEO Patrick Frost und zu seiner Zeit als Chef des grössten Schweizer Lebensversicherers lauten. Doch das würde Frost nicht gerecht, denn seine Leistung war mehr als solide.

Langweilig? Vielleicht. Zwei Dinge von Frost werden den meisten in Erinnerung bleiben: Der Mieterstreit um die Manor und seine Krebserkrankung. Das sagt viel über alles andere, was bei der Swiss Life in den bislang neun Jahren unter Frosts Leitung lief.

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Mit seiner Krankheit im Jahr 2017 ging Frost um, wie man es auch sonst von ihm kannte. In einer direkten, offenen Art. Früh informierte der Versicherer darüber, dass sein CEO erkrankt sei. Transparent erzählte Frost später selbst, wie es ihm dabei erging. Das schuf Vertrauen und wirkte gleichzeitig als Vorbild für ähnliche Fälle.

Vielleicht nicht ganz so unaufgeregt lief das Gezänk um die Manor-Liegenschaft in Zürich ab, das in jahrelangen Streitigkeiten vor Gericht endete. Den Sympathiepreis gewann Frost in Zürich nicht. Die Warenhausbetreiberin konnte sich in der Öffentlichkeit erfolgreich in der Opferrolle positionieren. Doch Frost zog das Ding souverän durch und äusserte sich mit für die Schweizer Management-Kaste erstaunlich klaren Worten zum Fall. Er wurde damit nicht zum Medienliebling, aber wirkte glaubwürdig.

Wenn diese zwei Ereignisse in Erinnerung bleiben, heisst das auch, dass das übrige Geschäft eher unaufgeregt verlief – aber gut. Das zeigt am besten der Aktienkurs von Swiss Life: Dieser vervielfachte sich in den Jahren seit 2014 – und das, obwohl die Zeit mit Null- und Negativzinsen für das Lebensversicherungsgeschäft eine grosse Herausforderung darstellte.

Frühere Baustellen wurden unter Frost geschlossen. Den von seinem Vorgänger – und dem heutigen Präsidenten – Rolf Dörig erworbene und recht umstrittene Strukturvertrieb AWD hat Frost integriert, die Marke versenkt. Gebührenerträge wurden für die Swiss Life insgesamt wichtiger, die Bedeutung der klassischen Versicherungs-Einnahmen hat in den vergangenen Jahren abgenommen.

Unter Frost wurde das Asset-Management erfolgreich als eigene Sparte positioniert. Dabei hat er stark auf den Immobilienmarkt gesetzt. Bisher mit Erfolg. Sollte der Schweizer Markt aber einmal korrigieren, hat der Konzern ein Problem.

Swiss Life CEO Patrick Frost geht.

Er ist der berühmteste Mieter der Schweiz: Swiss-Life-CEO Patrick Frost wohnt mit seiner Familie in einer Wohnung in Zug und hält wenig von Prestige-Wohneigentum. 

Quelle: ZVG

Zwei Dinge kann man kritisieren: Noch ist offen, ob die Swiss Life ihre Expansion in banknahe Geschäfte schaffen wird. Zuletzt streckte der Versicherungskonzern die Arme aus in Richtung Private Banking, was zwar als logische Erweiterung des Asset-Managements gesehen werden kann. Von der Kultur her handelt es sich dabei aber um ein schon sehr anderes Geschäft als die Assekuranz. Hier wird sich erst noch zeigen, ob die Rechnung aufgeht.

Wenig Spuren hinterlässt Frost auch im Bereich der digitalen Geschäftsmodelle: Swiss Life ist heute weitgehend analog unterwegs und vertraut auf den klassischen Vertrieb über die Aussendienstler. Eine Lebensversicherung digital abschliessen? Gibt es nicht. Eine App für den Zugang zu bestehenden Produkten? Ebenfalls nicht. Der Versuch mit einer rein digitalen 3a-Vorsorgelösung wurde gerade erst abgebrochen.

«Dass der Personalwechsel nun über eine interne Rochade stattfindet, passt ins Bild.»

Und so wird CEO Frost als sympathischer, unaufgeregter Versicherungsmanager in Erinnerung bleiben, der keine grossen Experimente wagte, aber der Swiss Life gleichzeitig die wohl stabilste Phase in ihrer jüngeren Vergangenheit ermöglichte. Und das hat – mit Blick auf die turbulente Zeit nach der Jahrtausendwende – durchaus ihren Wert. Damals war die Swiss Life über eine aggressive Allfinanz-Strategie gestolpert, die in Milliardenverlusten, einer Existenzkrise und einem Absturz an der Börse endete.

Dass der Personalwechsel nun über eine interne Rochade stattfindet, passt da ins Bild: Finanzchef Matthias Aellig löst Frost an der Spitze ab, so wie dieser einst vom Anlagechef aus die Konzernleitung übernahm. Nach einer Abkühlungsfrist soll Frost 2026 in den Verwaltungsrat gewählt werden. Die grossen Veränderungen dürften damit auch in den kommenden Jahren nicht zu erwarten sein.

Michael Heim Handelszeitung
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