Welches ist Ihr Lieblingsspiel?

Peter Gygax: Das aktuelle Spiel des Jahres «Zug um Zug».

«Zug um Zug» hat keine elektronischen Bestandteile, es ist ein Spiel aus einem schrumpfenden Markt.

Gygax: Das ist nicht korrekt. Spiele und Puzzles sind die Bereiche, die 2004 am meisten zugelegt haben.

Der Trend geht trotz Hightech zurück zu traditionellen Spielen?

Gygax: Ja. Derzeit gibt es einerseits eine klare Bewegung zurück zu traditionellen Spielen wie Kartenspiel, Brettspiel und Gesellschaftsspiel.



Und andererseits?

Gygax: Andererseits erlebt die traditionelle Spielwelt mit Konsolen und PC-Spielen einen Boom. Das traditionelle Spiel erlebt auch einen solchen Aufschwung, weil viele Menschen überhaupt erst mit dem Boom der virtuellen Spiele Anfang der 90er Jahre in die Spielwelt eingestiegen sind.

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Sie tun so, als ob die Spielzeugbranche floriert.

Gygax: Firmen wie Ravensburger, Mattel, Playmobil, oder auch Spielvertriebsfirmen wie die meine, hatten ein gutes Jahr.

Entscheidend sind zwar die drei letzten Jahresmonate. Dennoch: Wie sehen die Zahlen nach den ersten neun Monaten aus?

Gygax: Der Umsatz bei traditionellen Spielen und Puzzles legte um 8% zu, während der Gesamtmarkt der traditionellen Spiele in den ersten drei Quartalen um 2% geschrumpft ist.

Und das geht so weiter?

Gygax: Das kann sich bis Weihnachten noch massiv verändern. So werden derzeit sehr viele teure Produkte verkauft, welche in den Wochen vor Weihnachten noch zu grossen Umsätzen führen können.

Wo hat der Gesamtmarkt verloren?

Gygax: Stark gelitten hat in den ersten neun Monaten der Bereich Puppen. Auch bei den Actionfiguren und Bausets gab es einen Rückgang.

Welches sind die Gewinner bei den traditionellen Spielwaren?

Gygax: Das sind klar die Kleinkinderspielzeuge wie Holzspielsachen.

Trotzdem gibt es eindeutige Tendenzen: Für PC- und Konsolenspiele prognostiziert Euromonitor weltweit 10% Wachstum pro Jahr. Für den traditionellen Spielemarkt wird ein Rückgang des Volumens zwischen 1 und 2% erwartet.

Gygax: Das stimmt nur begrenzt. Es sind nicht nur Kinder und Junge, die virtuell spielen, sondern alle Altersklassen. Das heisst, die Spielwarenbranche hat die Zielgruppe gegen oben erweitert.

Sie wollen nicht sagen, dass 40- bis 50-Jährige an der Konsole sitzen ...

Gygax: Aber ganz sicher.

Was heisst das für die Branche?

Gygax: Früher hat sie den Kunden spätestens mit 14 Jahren verloren. Heute kann sie ihn sehr lange behalten. Die virtuelle Spielwelt schafft sich immer wieder neue Zielgruppen - das bietet riesige Chancen für die Spielwarenwelt.

Auf PC und Konsolen sprechen auch immer mehr 10-Jährige an. Diese Verschiebung nach unten geht auf Kosten des Traditionellen.

Gygax: Kinder sind heute schon stärker technologieorientiert. Aber: Sie können die traditionelle Spielwelt nicht für tot erklären. Sie wird weiter wachsen.



Die grössten Schweizer Anbieter bleiben Manor und Migros. Doch sie bieten die ganze Palette an.

Gygax: Nein, die Spielwarenabteilungen von Manor und Migros sind sehr konzentriert und genau auf den Kunden abgestimmt. Migros profitiert zudem vom Impulskauf.

Die Grossen gewinnen auf Kosten des Fachhandels weiterhin Marktanteile.

Gygax: Diese Tendenz ist ungebrochen. Aber aufgepasst: Frankreich war vor zehn Jahren auch an diesem Punkt, doch dann kam die Wende, weil das Angebot den Konsumenten zu homogen wurde. Nun hat der Fachhandel wieder Aufwind. Eine solche Wende ist auch in der Schweiz möglich.

Aber noch nicht Realität. Jährlich müssen etliche Fachhändler aufgeben. Sind Fusionen die Folge?

Gygax: Nein. Aber es werden weitere Fachgeschäfte von der Bildfläche verschwinden. Aber es werden auch einige neue eröffnet werden.



Konkret: Wie viele Fachgeschäfte wird es Ende 2004 noch geben?

Gygax: Ungefähr gleich viele wie 2003, also rund 310.

Ist eine weitere Abnahme in Sicht?

Gygax: Ich denke, wir haben das Tal der Tränen durchquert. Zwar wird die Konsolidierung weiter anhalten, etwa bei der Bereinigung der Sortimente, aber die Zahl der Fachgeschäfte sollte dadurch nicht mehr massiv sinken.

Die Branche schaut auf Franz Carl Weber mit seinem neuen Kinder-warenhaus. Ein Erfolgsrezept?

Gygax: Wenn Sie wüssten, wie oft ich diese Frage schon beantworten musste (lacht). Im Ernst: Am meisten Spielzeuge verkauft der, der dem Kunden am meisten Gründe liefert, seinen Laden zu betreten. Das sind heute Migros, Manor und der schlafende Riese Coop. Wenn Franz Carl Weber solche zusätzlichen Gründe liefern kann, ist das Konzept viel versprechend.

Kommt Franz Carl Weber mit diesen Ideen nicht zu spät?

Gygax: Es wäre von Vorteil gewesen, wenn diese Entwicklung früher in die Wege geleitet worden wäre. Aber nach 20 Jahren und acht teils sehr gegensätzlichen Strategien halte ich den Kurs für sehr positiv.

Franz Carl Weber positioniert sich im oberen Preissegment, doch auch die Billiglinien legen zu. Wer profitiert hier?

Gygax: China. 88% der Spielwaren werden dort hergestellt - vom hochqualitativen Produkt bis zum absoluten Billigspielzeug.

Wer profitiert auf Seite der Händler?

Gygax: Im Low-Cost-Segment macht kaum jemand fette Gewinne, die Margen sind zu tief. Selbst mit normalpreisigen Spielwaren ist es schwierig, überleben zu können. Die Preise sind in den letzten Jahren zum Teil massiv gefallen.

Das Hoch- und das Billigsegment legen zu, heisst das, das Mittelsegment bricht weg?

Gygax: Ja. Auch im Spielwarenbereich verstärken sich die Gegensätze: Gekauft wird entweder billig oder teuer. Das Mittelfeld der «markenlosen No-Names» ist weggebrochen. Klar ist aber, dass Kunden in rezessiven Zeiten stark auf Qualität schauen.

Wie viele Prozente der verkauften Spielwaren gehören in die teuerste, wie viele in die billigste Kategorie?

Gygax: In der Schweiz fallen rund 70% der abgesetzten Artikel ins obere Preissegment. Die anderen Preisgruppen teilen sich die restlichen 30% etwa je zur Hälfte.

Mit «immer noch» zeichnen Sie ein düsteres Szenario für den künftigen Absatz bei Markenartikeln.

Gygax: Der Schweizer Markt folgt dem deutschen. Und dieser ist für die meisten Branchen ein trauriges Kapitel, da die Preise nur eine Richtung kennen: Nämlich nach unten.

Gibt es noch Hoffnung für die Verkäufer von teurem Spielzeug?

Gygax: Es sind nicht dieselben Einbrüche zu erwarten wie in Deutschland. Das zeigt sich schon daran, dass an der Schweizer Eigenheit bereits mehrere grosse ausländische Anbieter wie Toy R’us gescheitert sind.

Wie stark hat der Umsatz pro verkauftes Spielzeug in den ersten neun Monaten abgenommen?

Gygax: Der Umsatz aller verkaufter Spielwaren war mit 2% rückläufig. Gleichzeitig setzten wir 8% mehr Einheiten ab.

Damit hat der Umsatz pro Spielzeug massiv abgenommen.

Gygax: Das stimmt nur abso-

lut gesehen. Die Zahlen geben keinen Trend wieder, da zum Beispiel Fussballbildchen, die zu einem Preis von 90 Rp. über 14 Mio Mal verkauft wurden, ebenfalls unter die Kategorie Spielwaren fallen.

Können Hochpreisspielwaren wie die boomenden Lerncomputer der US-Firma Leapfrog der Billig-entwicklung den Wind aus den Segeln nehmen?

Gygax: Der Kundenfranken wird dank Leapfrog bestimmt wieder steigen. Wie stark, lässt sich noch nicht sagen.

Erschliessen die Lerncomputer

mit den Schulen eine neue Zielgruppe?

Gygax: Ja, aber nur wenn die Lerncomputer als nachhaltige Lernhilfen verstanden werden. Die Chancen dafür stehen gut. Denn während des Spielens lernt ein Kind viel rascher als bei traditionellen Lernmethoden.