Das Beratungsgeschäft ist nach einer Phase der Stagnation oder gar Schrumpfung wieder auf Wachstumskurs. Das Wachstum ist jedoch nicht für alle Beratungsunternehmen gleich. Es gibt deutliche Unterschiede im Wachstum und in der Profitabilität einzelner Beratungsunternehmen, und sie können nur teilweise mit unterschiedlichen Kosten- und Preisstrukturen oder mit der Qualität der angebotenen Dienstleistungen erklärt werden: Ein wesentlicher Faktor ist deren strategische Positionierung.
Die Kunden mit Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Beratern bei neuen Projekten sind auch bereit, einen Beraterwechsel vorzunehmen, wenn ein neuer Anbieter besseres Fachwissen oder höhere Branchenerfahrung vorweisen kann. Eine weitere Entwicklung kommt aus der wieder zunehmenden Attraktivität des Beratermarktes, die vermehrt neue Anbieter anzieht: Sie kommen aus der eigenen, aber immer öfter auch aus fremden Branchen.
Die Konsequenzen für die Beratungsfirmen liegen auf der Hand: Die eigene Positionierung in Bezug auf bestehende und neue Kunden wird immer wichtiger. Durch eine günstige strategische Positionierung kann sich eine Beratungsfirma einen Wettbewerbsvorteil innerhalb der Branche verschaffen, einen höheren ökonomischen Wert als ihre Konkurrenten schöpfen und somit eine bessere Marge erzielen. Die daraus entstehende grössere finanzielle Flexibilität ermöglicht der Firma, rascher zu wachsen und/oder eine höhere Profitabilität zu generieren.
Arten der Beraterpositionierung
In der Praxis positionieren sich Beratungsfirmen sehr unterschiedlich: Oft ist es eine Kombination von Merkmalen. Typische Positionierungsmerkmale in der Beratungsbranche definieren sich:
- Über Grösse, geographische Präsenz und Möglichkeit des «One-stop-shopping»
- Über Methoden, Prozesse und/ oder Qualitätssicherung
- Über «Elite»- oder «High-Performance»-Kunden
- Über Preis/Leistung
- Über Persönlichkeiten
- Über Beratungsfelder
- Über Beratungsphilosophien und -ansätze
- Über die «Beratungsphase».
Ein wesentliches Ziel der Positionierung von Beratungsfirmen ist die Verständlichkeit des Angebotes für Kunden. Die sprechen nicht immer die gleiche Sprache wie der Berater und können die neuesten Schlagwörter auch nicht immer interpretieren. Aus diesem Grunde ist es von Vorteil, wenn man die Fach- und Branchenkompetenz weiter aufbricht. Auf diese Weise kann das Beratungsunternehmen das Dienstleistungsspektrum transparenter vermitteln.
Dies ist ein wichtiges Hilfsmittel bei der Akquisition, denn das Entscheidungskriterium «Bekanntheitsgrad» und «Empfehlung» wird nach neuesten Studien von Beratern (im Vergleich zu den Kunden) überschätzt, die Wichtigkeit der Fach- und Lösungskompetenz sowie die Qualität des Beratungsteams jedoch unterschätzt (vergleiche die Asco-Studie 2005).
Nutzen der Positionierung
Aus der Erfahrung vieler Beraterevaluationen für spezifische Kundenprojekte hat sich gezeigt, dass eine Positionierung entlang verschiedener Dimensionen (siehe unten) eindeutig Vorteile bei der Beraterselektion ergibt. Die Komplexität und Vielfalt des Beratungsangebots verlangt nach einer umfassenden Strukturierung. Ein Positionierungsraster enthält folgende Dimensionen:
- Interventionsebene
- Fachgebiet
- Branche
- Phase
- Rolle
- Systeme.
Ein solches Raster ermöglicht eine sehr differenzierte Darstellung der Leistungen und Kompetenzen eines Beratungsunternehmens.
Im Vergleich zwischen Beratungsunternehmen lassen sich durch diese Art von Positionierung Unterschiede erkennen, die aus den publizierten Angeboten kaum ersichtlich sind. Für die Kunden bedeutet eine klare und detaillierte Darstellung der wirklichen Kernkompetenzen eines Beratungsunternehmens mehr Sicherheit in der Berateridentifikation und -auswahl und eine erhöhte Garantie für den Einsatz des richtigen Anbieters und damit für den Projekterfolg.
Martin Morawetz, Gründungspartner Cardea AG, Zürich (martin.morawetz@cardea.ch).