Die Galenica-Gruppe ist in der Welt der Apothekenzulieferer klarer Marktführer. Sie liefert im Auftrag von Pharmafirmen Pillen und Pulver an Apotheken und Spitäler im ganzen Land. Dabei setzt das Unternehmen auf eine eigene Fahrzeugflotte und spezialisierte Lagerräume.

Nun drängt die Schweizerische Post in den Millionenmarkt, der starke Wachstumsraten verzeichnet. Der gelbe Riese hat eine für den Medikamententransport spezialisierte Box entwickelt. Das ist ein Angriff auf die Marktstellung von Galenica. Und der Anbeginn eines Zweikampfs innerhalb eines Gebiets, der für die Gesundheitsversorgung des Landes essenziell ist.

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Temperiert oder gar nicht

Die Anfänge gehen zurück auf das Jahr 2013. Seinerzeit trat in Europa eine Regel in Kraft, die minutiös festschreibt, wie ein Arzneimittel vom Produzenten zum Konsumenten gelangen muss. Darin heisst es unter anderem, dass Medikamente gekühlt transportiert werden müssen. Als Vorgabe dient ein Temperaturband von 15 bis 25 Grad Celsius.

Weil die Schweiz über ein Geflecht von bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union verbunden ist, gilt diese Regel seit Anfang 2016 auch in der Schweiz. Sie hat dazu geführt, dass die Post Medikamente nur noch temperiert befördern darf.

Dank neuer Box keine Zusatzkosten

Dieser Bestimmung will der Bundesbetrieb mit einer neu entwickelten Kiste gerecht werden, der «ThermoCare Ambient»-Box. Ab Januar wird sie das Logistikangebot des Bundesbetriebes ergänzen, wie Post-Sprecher Oliver Flüeler bestätigt. Zwei Millionen Sendungen sollen mit der neuen Medikamentenbox abgewickelt werden. Das sind fast 2 Prozent des jährlichen Paketvolumens.

Das Prinzip ist: Die Box aus Hartplastik ist mit einem Wärmespeicher bestückt. Dieser sorgt dafür, dass die Temperatur während 26 Stunden konstant zwischen 15 und 25 Grad liegt. Kleinere Medikamentensendungen können so nahtlos in die bestehende Infrastruktur eingebettet werden. Paketzentren und Lieferwagen müssen nicht weiter klimatisiert werden. Das spart Millionen – kurzfristig zumindest.

Kooperation mit Voigt

Pilotkunde ist die Voigt-Gruppe. Die Thurgauer haben die Entwicklung der Medikamentenkiste ein Jahr lang begleitet. Sie sind die Nummer zwei im Pre-Wholesale-Markt, also im Beliefern von Apotheken und Spitälern im Auftrag von Pharmafirmen. Die klare Nummer eins ist die Galenica-Gruppe. Branchenkenner schätzen den Marktanteil ihrer Tochter Alloga auf 60 Prozent. Aber ausgerechnet der Marktleader zeigt der Post die kalte Schulter.

Alloga favorisiert eine andere Lösung. Die Galenica-Tochter setzt auf temperierte Lieferfahrzeuge und klimatisierte Lager – ein System, das bei der Post durchgefallen ist, weil es zu teuer sein soll. In einer Eingabe an das Bundesamt für Gesundheit bezifferte der gelbe Riese die Anschaffungskosten pro Lieferfahrzeug auf 175'000 Franken – anstelle von rund 50'000 Franken für einen normalen Transporter. Dazu kämen Kosten für die Wartung der Fahrzeuge, der Klimaanlage, der Temperaturfühler und anderer Feinheiten.

Hohes Gewicht als Schwachpunkt

Alloga scheute die Kosten nicht. Die Galenica-Tochter investierte Millionen in eine geschlossene Kühlkette. «Dieses Konzept ist sowohl für uns als auch für unsere Kunden vorteilhaft und im Endeffekt kostengünstiger», erklärt das Unternehmen. Es erfordere keine speziellen Massnahmen – wie zum Beispiel das aufwendige Verpacken von Lieferungen in Isolationsboxen, das Handling der schweren Boxen und das Management der Retouren, sagt Sprecher Fabio Colle.

Der Branchenführer hat sich bewusst gegen das System der Post entschieden. Alloga führt zwar eine temperierte Medikamentenkiste im Sortiment. «Aufgrund des relativ hohen Gewichts und des eher geringen Füllvolumens wird die Raumtemperaturbox jedoch nur für spezifische Versände und nicht en gros eingesetzt», sagt Colle.