Ein Tag nicht zu Hause – und im Briefkasten befinden sich drei Abholzettel von verschiedenen Post- und Kurierdiensten. Das Buch von Amazon soll bei der Postfiliale abgeholt werden, die neuen Sneakers an der Tankstelle und für die Smartphone-Hülle muss mit dem Kurier ein Zeitpunkt vereinbart werden, an welchem der nächsten Tage man daheim sein wird.

So ergeht es immer mehr Internet-Shoppern in der Schweiz. Für 8,6 Milliarden Franken haben sie im letzten Jahr auf Online-Plattformen wie Amazon, Zalando, Digitec oder Brack Waren bestellt – Tendenz stark steigend. Welches Postunternehmen die Pakete bringen soll, entscheidet in der Regel nicht der Kunde, sondern der Online-Händler. «Für den Empfänger bedeutet dies, dass er längere Wege auf sich nehmen muss, um die Päckli abzuholen», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder, das sei aufwendig und umweltschädlich.

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Abhilfe schaffen will nun KEP & Mail, der Verband der privaten Postdienstleister. Er strebt die Schaffung von sogenannten Single Access Points an: Zugangspunkte, an denen Empfänger aller Postdienstleister ihre Pakete abholen und Rücksendungen aufgeben können. «Angesichts der stark wachsenden Paketvolumen ist die Einführung von gemeinsamen Abhol- und Aufgabestellen nötig», sagt KEP-&-Mail-Präsident Peter Sutterlüti. Verfahre man weiter wie bisher, schwäche dies den Distanzhandel.

Die privaten Pöstler wollen an die Infrastruktur des gelben Riesen andocken: Der Bundesbetrieb verfügt schweizweit über ein Netz von nicht weniger als 4000 Zugangspunkten für Postdienstleistungen. Bis 2020 soll dabei die Anzahl der Filialen und Agenturen auf 1200 bis 1300 erhöht und zusätzlich rund 200 bis 400 ergänzende Aufgabe- und Abholstellen sowie Paketautomaten eingerichtet werden. «Dieses Netz soll gegen Bezahlung auch für andere Paketanbieter zugänglich werden», erwartet Sutterlüti.

Marktdominanz der Post

Die Post beherrscht – 14 Jahre nach der Liberalisierung – nach wie vor den Markt: Vier von fünf Paketen werden hierzulande von ihr befördert. Und mit dem dichten Vetriebsstellennetz verfügt der Bundesbetrieb über einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die Konkurrenten können nicht ansatzweise mithalten: DPD und DHL verfügen bloss über ein paar hundert Abhol- und Aufgabestellen, die sich grösstenteils auf städtischem Gebiet befinden. «Aus Empfängersicht wäre es daher sinnvoll, wenn nur die Post Abholstellen betreiben würde», sagt Milo Stössel, Chef der Logistikfirma MS Direct, die unter anderem die Retourenartikel von Zalando verarbeitet. Voraussetzung sei, dass die Post den privaten Anbietern einen vernünftigen Verrechnungspreis anbiete. «An diesem dürfte sie ruhig etwas verdienen, aber für die Wettbewerber müsste auch etwas übrig bleiben.»

Für die Post müsste das kein Nachteil sein. Weil immer mehr Kunden ihre Postgeschäfte digital erledigen, sind viele Poststellen defizitär und verfügen über freie Kapazitäten. Gewährt die Post der Konkurrenz den Zugang, würde den Filialen ein Zusatzgeschäft winken.

Doch beim Bundesbetrieb zeigt man wenig Lust, die Mitbewerber an die eigenen Honigtöpfe heranzulassen. «Alle Marktteilnehmer konnten seit der Marktöffnung ihr Kundennetz mit Ideen, Innovationen und damit verbundenen Investitionen aufbauen», sagt Sprecher Oliver Flüeler. Die Postihrerseits habe ihre Hausaufgaben gemacht und ihr Aufgabe- und Abgabekonzept für Pakete dem künftigen Kundenverhalten angepasst.

Bund für Kooperation

Die bestehende Gesetzgebung spielt der Post in die Hände. Diese sieht zwar vor, dass private Postdienstleister Zugang zur Infrastruktur der Post haben sollen – bei der Annahme, dem Transport und der Sortierung genauso wie bei der Hauszustellung. Die Regelung geht indes davon aus, dass die Firmen den Zugang zu den Teilleistungen untereinander regeln. Ist eine Partei nicht zu Verhandlungen bereit, sind keine Sanktionen vorgesehen.

Seit Inkraftsetzung des Postgesetzes vor fünf Jahren kam deshalb kein einziger Deal zwischen den privaten Postdienstleistern und dem Bundesbetrieb zustande. Insbesondere bei den Postfachanlagen versperrt die Post mit prohibitiv hohen Preisen den Zugang. Und auch im Paketmarkt blockierte die Post eine Kooperation, weil sie auf den gleichen Konditionen beharrt, die sie ihren Firmenkunden verrechnet.

Das Bundesamt für Kommunikation wie auch die Aufsichtsbehörde Postcom bedauern das Ausbleiben von freiwilligen Vereinbarungen: «Die Kundschaft würde von der Möglichkeit profitieren, die Paketsendungen verschiedener Paketdienstleister am selben Ort abholen zu können», sagt Francis Meier, Sprecher des Bundesamtes für Kommunikation. Die Post könne aber nicht dazu gezwungen werden.

Dieser Tage nehmen Post und Private einen neuen Anlauf, um die Konditionen für eine mögliche Kooperation auszuloten. «Wir erwarten neue Lösungen zu fairen, marktgängigen Zugangspreisen», erklärt dazu Sutterlüti. Dass eine Vereinbarung unter den Kontrahenten zustande kommt, ist jedoch unwahrscheinlich. Man zeige sich gegenüber allen Mitbewerbern offen und gesprächsbereit, erklärt zwar Post-Sprecher Flüeler. «Es geht aber nicht an, dass der Wettbewerb einseitig erfolgt, sprich einzig zulasten der Post