Postauto war gefährlich nahe am Abgrund. Als vor einem Jahr die illegale Buchungspraxis publik und die gesamte Geschäftsleitung auf die Strasse gestellt wurde, als selbst Post-Chefin Susanne Ruoff dem öffentlichen Druck nachgeben musste, da war bei der Post-Tochter niemandem klar, wie und ob es überhaupt weitergeht.

Das Image war ramponiert. Bund und Kantone verlangten ihr Geld zurück. Und die Leitung fiel kurzerhand an Thomas Baur, der als Chef des Post-Netzes mit dem Umbau der Poststellen eigentlich alle Hände voll zu tun hatte.

Der Skandal traf die Chauffeure besonders hart: Auf ihrem Buckel sparte der Konzern Geld. Jahr für Jahr hatten sie weniger Zeit für Pausen, Kontrollen und zum Tanken. Vermehrt erledigten sie das alles neben der Arbeitszeit. Gleichzeitig erfuhren sie, dass Postauto Gewinne ertrickst hatte, die es im subventionierten Regionalverkehr nicht geben dürfte.

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Sie erfüllten, was der Service Public verlangte

Was geschah? Der Betrieb lief einwandfrei weiter. Keine Protestaktionen, keine Verspätungen, die gelben Busse fuhren wie eh und je in die entlegensten Gebiete der Schweiz. Der Fall zeigt, wie wichtig gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sind, wie wertvoll ihr eigenverantwortliches Handeln ist.

Dass Postauto nicht abstürzte, ist besonders ihnen zu verdanken. Während sich die oberen Chargen in Tricksereien verloren, erfüllte die Belegschaft selbst in der grössten Krise tagtäglich, was der Service Public verlangte. Und hielt pflichtbewusst das Steuer in der Hand. 

Der neue Postauto-Chef Christian Plüss anerkennt diese Leistung. Er will die klaffende Lücke zwischen Management und Chauffeuren schliessen. Ihnen wieder mehr Zeit für Pausen, Kontrollen und zum Tanken geben. Und eine Kultur des kritischen Fragenstellens etablieren. «Ich will wissen, wenn etwas nicht gut läuft», sagt er im Interview.

In der Management-Theorie gibt es ein Konzept mit dem sperrigen Namen transformationale Führung. Darin sollen Mitarbeiter egoistische und individuelle Ansprüche ablegen – zugunsten einem gemeinsamen höheren Ziel. Die Chauffeure haben bereits danach gehandelt. Gelingt das nun gemeinsam mit der neuen Führungsetage, sollte es für Postauto bald wieder bergauf gehen.