Die Privatbank Hottinger ist der Inbegriff von Diskretion. Der Banksitz an der Zürcher Dreikönigstrasse 55 ist nicht angeschrieben. Nur ein grosses H auf der Türfalle deutet darauf hin, dass hier die 200 Jahre alte Bank ihren Sitz hat. Man sieht sich als Banque «très» privée.

Jean-Conrad Hottinger, der die Bank 1786 in Paris gegründet hat, ist von Napoleon geadelt worden. Die Nachfahren des Gründers tragen den Titel eines Barons. Nicht ganz so nobel präsentiert sich aber derzeit der Zusammenhalt in der Familie. Die beiden Stämme der Besitzerfamilie, repräsentiert durch Baron Henri (70) und seinen Bruder Paul (62), sind sich in die Haare geraten. Das Ganze steht im Zusammenhang mit dem derzeitigen Generationenwechsel bei der Bank. Baron Henri hat sich Anfang Januar aus seinen Funktionen bei der Bank zurückgezogen und das Zepter seinen Söhnen Rodolphe (48) und Frédéric (43) übergeben. Die beiden Söhne Henris sind derzeit in der Bank aktiv, im Gegensatz zu den Kindern von Paul, der einen Sohn, Philippe, und eine Tochter, Laetitia, hat. Als Paul vor einiger Zeit Rückzugspläne hegte und vorschlug, Sohn Philippe als Partner einzubringen, wurde dies von den anderen Partnern der Bank abgeblockt. Mit knapp 30 Jahren wurde er als zu jung für diese Rolle angesehen.

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Seither soll der Familiensegen schief hängen. Konkrete Streitpunkte sollen allerdings unterschiedliche Ansichten über operative und strategische Entscheide in der Auslandexpansion sein. Derzeit läuft zwischen den Stämmen eine Arbitrage, in die verschiedene Rechtsanwälte involviert sind. Trotz dem Riss in der Familie verlaufe die Diskussion distinguiert, wie Beobachter berichten.

Operativ scheint das Gerangel bei der Besitzerfamilie nicht für Beeinträchtigungen zu sorgen: Die Bank befindet sich auf Erfolgskurs. Jüngst wurden Filialen in Lugano und Sitten eröffnet, weitere Expansionen stehen an.

Die Bank Hottinger beschäftigt derzeit 120 Mitarbeiter und hat Vertretungen in Genf, Paris, Luxemburg, Wien, London, Toronto und New York. Im Gegensatz zur Stabsübergabe bei den Besitzern ist der operative Generationenwechsel ohne Störungen vor sich gegangen. Geschäftsleitungsmitglied Henri J. Stalder hat per Ende 2005 angekündigt, die operative Leitung an Roberto Faoro, bisher Client Relations Manager der Bank, zu übergeben. Wann sich Stalder definitiv zurückzieht, ist nicht bekannt, de facto soll Faoro aber bereits heute das Tagesgeschäft leiten. Der 38-jährige Faoro, der seine Karriere bei der Deutschen Bank begonnen hat, ist ein erfahrener Private Banker und geniesst in der Branche einen guten Ruf. EN