Offene Fensterfront, dahinter moderne Sessel und auffällige Kunst. Der Empfangsraum der EFG Bank an der Zürcher Bahnhofstrasse erinnert eher an eine Galerie als an die Eingangshalle einer traditionellen Privatbank. Transparenz statt eines diskreten Empfangs für betuchte Kunden. «Auch hier sind wir anders», lacht der Mitgründer und Verwaltungsratspräsident der jungen, jedoch höchst erfolgreichen EFG Bank, Jean Pierre Cuoni. Erst vor zehn Jahren gegründet, verwaltet die EFG Bank bereits gut 22 Milliarden Franken an Kundengeldern. Als die «andere Privatbank» will EFG noch dieses Jahr den Gang an die Börse wagen. Der EFG-Reingewinn hat sich in den vergangenen vier Jahren knapp verfünffacht, und dies trotz einer ganzen Reihe von Zukäufen.

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Davon können die traditionellen Privatbanken wie Sarasin und Julius Bär nur träumen. Sie stecken in der doppelten Kostenklemme:

1. Die Aufwendungen etwa für Informatik steigen rasant, während die neuen Kundengelder im Private Banking kaum mehr zu den Traditionshäusern fliessen.

2. Die klassischen Privatbanken sind zu stark auf Europa fixiert, während die grössten Vermögenszuwächse in Asien stattfinden. Und der Aufbau asiatischer Filialnetze ist teuer und aufwändig.

Wenn zwei Banken mit Schwergewicht Europa fusionierten, löse dies kaum ein Problem, kommentieren diverse von der BILANZ befragte Experten die Gerüchte um einen Zusammenschluss von Sarasin und Julius Bär. Sarasin wurde schon früher von Bär als möglicher Partner unter die Lupe genommen, unter anderem aber wegen fehlender Managementressourcen wieder fallen gelassen. Die beiden Privatbanken-Spezialisten Raymond J. Bär und Eric Sarasin gelten als gute Freunde, doch würde ein Zusammenschluss der zwei Institute im Backoffice «ein Blutbad anrichten», wie es ein Bankenanalyst brutal beschreibt.

So gross ist der Leidensdruck der Privatbanken wohl noch nicht, aber allen ist eines klar: Es wird weitere Zusammenschlüsse geben. «Die mittelgrossen Banken halten hinsichtlich Effizienz und Effektivität nicht mit den grossen Banken mit. Zudem sind grosse Banken viel stärker in den Wachstumsmärkten wie zum Beispiel Asien präsent», sagt Norman Karrer, Senior Manager bei dem auf die Finanzbranche spezialisierten Beratungsunternehmen Mercer Oliver Wyman. Die mittelgrossen Privatbanken haben gegenüber den ganz grossen Anbietern in den vergangenen Jahren deutlich an Terrain verloren. Nach zwei Jahren mit Geldabzügen ihrer Kunden hinken sie beim wichtigen Neugeldzufluss auch 2004 sehr deutlich hinterher (siehe unten stehende Grafik «Die Grossen sahnen ab»).

Laut einer Studie von IBM Business Consulting Services schätzen die Privatbanken selber, dass die kritische Grösse von verwaltetem Vermögen mittlerweile bei 30 Milliarden Franken liegt. Die gleiche Umfrage unter 96 europäischen Privatbanken kam vor zwei Jahren noch auf 14 Milliarden Franken, die nötig sind, um das anspruchsvolle Geschäft sinnvoll betreiben zu können. «Es geht weniger um die absolute Grösse als um den klaren Trend», erläutert Roger Altdorfer von IBM Consulting. Gleichzeitig erwarten mehr als 40 Prozent der befragten Spezialisten, «dass die traditionellen Vermögen in Europa in den nächsten Jahren eher zurückgehen».

Viele haben nicht den Mut, in neue Märkte auszubrechen, wie es ein Privatbanker selbstkritisch, allerdings anonym ausdrückt. Hingegen war die EFG Bank von Beginn weg stark auf diversen lokalen Märkten aktiv. Mit der Finanzkraft der griechischen Milliardärsfamilie Latsis im Rücken kaufte die EFG Bank in den vergangenen Jahren gleich acht kleinere Vermögensverwalter oder Privatbanken hinzu. Eigene Vertretungen führt EFG unter anderem in Miami, Singapur, Hongkong, aber auch in Gibraltar oder Stockholm.

Jeder einzelne Vermögensverwalter ist wie ein kleines Profitcenter organisiert. Er kennt jeden Tag seinen Umsatz und seine verrechneten Kosten und weiss, wie viel er zusätzlich zu seinem Grundlohn von rund 200 000 Franken verdient. 20 Prozent der Marge gehört dem Berater als Bonus. «Bei uns erhalten die Leute einen Lohn, aber sie sind eigentlich auch selbstständige Unternehmer», erläutert Jean Pierre Cuoni das spezielle Modell.

EFG sei auch die einzige Bank, die anerkenne, dass die Kunden eigentlich dem Berater «gehören» – und nicht der Bank. Als einzige der von BILANZ befragten Privatbanken veröffentlicht die EFG die Zahl ihrer Kunden. Im Schnitt berät jeder der 160 Customer-Relations-Manager weniger als 100 Kunden. Das sind deutlich weniger als bei der Konkurrenz. Gleichzeitig sind alle Kundenberater auch Miteigentümer der Bank und so am langfristigen Erfolg interessiert.

Jean Pierre Cuoni ist seit 45 Jahren im Privatbankengeschäft tätig und kennt den Interessenkonflikt zwischen der Bank, die ihre Produkte verkaufen will, und den Kunden, die Performance und vernünftige Kosten erwarten. Das rasante Wachstum gibt Cuoni Recht, dass die Philosophie stimmt. Der heute 67-jährige gebürtige Luzerner arbeitete mehr als 20 Jahre lang für die Citibank und hat für die EFG nur die Besten ins Boot geholt, wie ein Privatbanker anerkennt. Im extrem internationalen Management sitzt mit CEO Lawrence D. Howell ein Amerikaner und mit Finanzchef Rudy van der Steen ein Belgier an der Spitze. Howell startete seine Karriere ebenfalls bei der Citibank, den Finanzchef lernte Cuoni als M&A-Berater bei verschiedenen Übernahmen kennen. Um für weitere Zukäufe gewappnet zu sein, plant EFG noch in diesem Jahr den Börsengang. Nach der im Januar abgeschlossenen Kapitalerhöhung von 600 Millionen Franken soll der Gang an die Öffentlichkeit nochmals einige hundert Millionen an Eigenmitteln bringen. Das Management und die EFG Group von Latsis bleiben langfristig investiert.

Der griechische Milliardär Spiro J. Latsis mit Wohnsitz in Genf ist im Verwaltungsrat der EFG Bank und sorgte zudem europaweit für Schlagzeilen, weil er den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso auf seine Yacht eingeladen hatte. Sein Neffe Paris Latsis ist derzeit als baldiger Ehemann von Paris Hilton in den Glamour-Gazetten.

Auch dieser familiäre Hintergrund unterscheidet die EFG von den traditionellen, sehr diskreten Zürcher und Basler Familien wie Vontobel, Bär und Sarasin. Immerhin: Alle drei Banken haben sich in den letzten Jahren dem Publikum geöffnet und stehen entsprechend unter Beobachtung der Öffentlichkeit. Davor fürchtet sich Cuoni nicht: «Auch das gehört zu unserem Anspruch auf Transparenz.» Die offene Fensterfront und die moderne Kunst sind bei der EFG nicht Selbstzweck, sondern Teil der Identität.