Diese Woche publizierte die Aufsichtsstelle Elcom die Gesamtschau über die Strompreise für 2024. Im Schnitt bezahlen Kundinnen und Kunden in der Monopol-Grundversorgung ab kommendem Jahr rund einen Fünftel mehr für den Strom.

Kommt das überraschend? Nein, der Trend war schon lange absehbar. Und doch bewegt das Thema die Schweiz, denn wir alle sind betroffen und gleichzeitig können wir nichts dagegen tun. Anders als bei Telecom, Krankenkassen oder Waschmittel gibt es für jeden von uns nur einen Anbieter. Preise vergleichen? Ja. Wechseln? Unmöglich.

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Und so werden Forderungen laut, wie der Bund, die Kantone oder sonst irgendwer das Schicksal der gebeutelten Konsumentinnen und Konsumenten mildern soll. Es werden Strompreis-Obergrenzen gefordert, und die Gewinne der Stromproduzenten sind Thema an jedem Stammtisch. Doch so einfach ist das leider nicht.

Die Gewinne von Axpo, Alpiq und Co. sind leicht zu erklären: Wer in Zeiten von Strommangel Strom produziert, macht Gewinn. Punkt. Derzeit liegen die Marktpreise über den Produktionskosten, und das hilft all jenen, die zum Beispiel Wasserkraftwerke besitzen. Man mag sich an dieser Konstellation stören. Fakt ist aber auch, dass Axpo und Alpiq noch vor ein paar Jahren fast kollabiert sind, weil sie Strom mit Verlust verkaufen mussten, als die Preise unter den Produktionskosten lagen.

Der Strommarkt ist ein sonderbares Gebilde. Kraftwerke haben oft riesige Fixkostenanteile, was dazu führt, dass sie manchmal jahrelang unrentabel sind und dann wieder hoch lukrativ. Die einzige Alternative zu so einem etwas verrückten Markt wäre eine reine Planwirtschaft. Aber dafür bräuchte es in der Politik erst mal einen brauchbaren Plan.

Bevor wir alles über den Haufen werfen: Werden wir uns dessen bewusst, was gerade abgeht. Deutschland hat alle AKWs abgestellt, die französischen laufen noch immer auf Schmalspur und beim Gas gab es eine akute Versorgungskrise. In Europa brach ein Krieg aus, während die grossen Volkswirtschaften aus dem Corona-Halbschlaf erwachten. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Strom wegen Wärmepumpen und Elektromobilen. Und doch fiel der Strom nie aus. So schlecht funktioniert dieser Markt dann auch nicht.

Nur über eine Frage mag – auch während des Wahlkampfs – niemand richtig reden: Wann eigentlich die auf halber Strecke steckengebliebene Strommarktöffnung abgeschlossen wird. Hin zu einer Konstellation, wo alle die gleichen Rechte haben und die Kleinverbraucher nicht mehr missbraucht werden, um den Strom der Grossabnehmer zu subventionieren.

Der Moment wäre gar nicht so schlecht für eine volle Liberalisierung. Derzeit kostet Strom am Markt etwa gleich viel wie in der regulierten Grundversorgung. Nie wäre der Übergang so leicht wie jetzt. Dazu würden sich die Diskussionen und Debatten lohnen. Also los!

Michael Heim Handelszeitung
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