Der Fremdenverkehr gehört in Griechenland zu den wichtigsten Devisenbringern. Mehr als 12 Mio Gäste verbringen jährlich ihren Urlaub auf dem Festland oder einer der vielen Inseln im östlichen Mittelmeer. Trotzdem ist Prof. Takis Pavlopoulos vom Research Institute for Tourism (ITEP) mit der jüngsten Entwicklung nicht zufrieden. «Alle haben im letzten Jahr auf die Nachwirkungen der New Yorker Terroranschläge vom 11. September 2001 hingewiesen, wenn es darum ging, die Minuszahlen zu begründen.» Die Statistiken in den übrigen Mittelmeerländern würden aber für alle Destinationen von Portugal bis Ägypten einen Aufwärtstrend zwischen 3% und 12% anzeigen. Demgegenüber habe sich die Übernachtungszahl in Griechenland um 5% zurückgebildet. Pavlopoulos bringt dies in Verbindung mit einer ungenügenden Promotion in den wichtigsten Herkunftsländern.

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Alternativtourismus

Nach einer schwierigen Tourismussaison orten die Branchenexperten im ITEP einen grossen Nachholbedarf bei der Infrastruktur. Die natürlichen Vorteile mit Meer, Sonne und Inselwelt reichen gemäss Pavlopoulos nicht aus, um die Hauptsaison von April bis September für den Reiseverkehr nachhaltig zu verlängern. Vier von fünf Touristen halten sich zu dieser Jahreszeit auf griechischem Boden auf. Danach bricht der Reisestrom markant ein. Demgegenüber dehnt sich die Saison in der Türkei, Portugal und Ägypten bis zum Dezember aus. Mit ein Grund dafür sind Golfplätze, die sich das ganze Jahr bespielen lassen. Eine Studie der griechischen Tourismusunternehmen (SETE) zeigt, dass unverändert der Massentourismus dominiert. Alternative Ferienformen, speziell verbunden mit Konferenzen oder Wellness, setzen sich nur zögerlich durch. Im Vergleich mit anderen EU-Mitgliedern ist Griechenland beim Kongresstourismus ins Hintertreffen geraten. Ein griechisches Kongresszentrum steht rund 46 in Spanien und 44 in Portugal gegenüber. Ähnlich schlecht fällt die Gegenüberstellung bei den Golfplätzen aus. In Spanien kann der ausländische Golfer unter mehr als 250 Anlagen wählen, während es in Griechenland weniger als ein halbes Dutzend sind. Schliesslich steht auch die Thalassotherapie erst am Anfang. Zwar haben in Griechenland mittlerweile fünf Zentren ihren Kurbetrieb aufgenommen, die benachbarte Türkei zählt aber bereits über 30 Thalassobäder.

Prof. Pavlopoulos veranschlagt die direkten und indirekten Einnahmen aus dem Tourismus auf 18% bis 20% Anteil am Bruttoinlandprodukt. Um die starke Stellung im Reisegeschäft zu behaupten, müssen neue Initiativen abseits des Massentourismus in der Badesaison ergriffen werden. Erste Anstrengungen sind im Grossraum Athen sichtbar. Dort haben sich die Übernachtungszahlen der Amerikaner nach den 80er Jahren von 450000 mehr als halbiert, bevor sie jüngst wieder leicht aufwärts zeigten. Für Yiannis Retsos, Direktor der Athener Hotelgruppe Electra, hat die Stadt mit der besseren Erschliessung von Ausgrabungen an Attraktivität für geschichtsbewusste Amerikaner gewonnen.

Damit Griechenland auf der touristischen Landkarte wieder wahrgenommen wird, müssen genügend Mittel in die Marketingpromotion fliessen. Ein Werbebudget von über 40 Mio Dollar führt nach Berechnungen von Prof. Pavlopoulos zu einem 4-prozentigen Anstieg in den Tourismuszahlen. Die Olympischen Sommerspiele 2004 werden der Tourismusbranche im kommenden Jahr einen zusätzlichen Impuls verleihen. Im Vorfeld dieses Grossanlasses wurden zahlreiche Hotels einer Renovation unterzogen und erweitert. «Das hat uns auch Gäste gekostet», ist Electra-Chef Retsos überzeugt. Er zählt dafür auf einen Boom nach den Olympischen Spielen. Allerdings bedauert der Hotelier, dass sich die Regierung bisher nicht auf ein grosses Konferenzzentrum einigen konnte. Pläne für einen derartigen Komplex beim alten Athener Flughafen sind vorhanden.

Aus der Schweiz kommen alljährlich rund 300000 Touristen. Moussamas Apostole, Direktor Holiday Inn, schätzt die Gäste aus der Alpenrepublik, weil sie mehr konsumieren als der Durchschnitt. Zwei von drei Schweizer Gästen kehren wiederholt nach Griechenland zurück. Für Ökonom Pavlopoulos ist dies ein Beweis dafür, dass jeder Euro für die Promotion während rund sieben Jahren seine Werbewirkung entfaltet.