Der Genfer Vermögensverwalter Reyl will kommendes Jahr mit einer neuen Digitalbank an den Start gehen. Das Angebot Alpian ziele auf Schweizer Kunden mit Vermögen von 100'000 bis eine Million Franken ab, wie Reyl-Partner Pasha Bakhtiar in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters sagte.

Es gebe zwar bereits Onlinebanken, wie etwa Swissquote. Doch bei solchen Angeboten sei die auf den Kunden zugeschnittene Anlageberatung beschränkt. «Deshalb sind wir überzeugt, dass die Lancierung der ersten digitalen Privatbank der Schweiz definitiv Zugkraft hat.»

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Mit Video statt Papierkram

Gemäss der eigenen Marktforschung seien viele jüngere berufstätige Kunden mit investierbaren Vermögen von mehreren hunderttausend Franken mit den bestehenden Angeboten in der Vermögensverwaltung unzufrieden. Die meisten seien der Meinung, dass ihre Mittel für eine traditionelle Privatbank nicht ausreichten.

Bei den im Massengeschäft tätigen Instituten vermissten sie dagegen den persönlichen Service. Zudem sei es oft schwierig, sich in deren Online-Anlageangeboten ohne vertiefte Finanzkenntnisse zurechtzufinden.

Bei Alpian soll sich der Kunde dereinst nicht mittels schwer lesbaren PDF-Dokumenten mit einer Investitionsmöglichkeit vertraut machen, sondern durch einen 60 Sekunden langen Videoclip. Zuvor würde die Plattform gestützt auf künstliche Intelligenz eine Anlageauswahl treffen, die den persönlichen Interessen und dem Risikoprofil Rechnung trage. Bei Bedarf wäre auch ein Kundenberater per Video-Chat verfügbar.

Konzentration auf Reiche

Smartphone-Banken wie die deutsche N26 oder die britische Revolut haben innerhalb weniger Jahre bereits Millionen an Kunden gewonnen. Alpian verfolgt einen anderen Ansatz: Weniger Kunden, die aber mehr als nur Zahlungs- und Kontodienste beanspruchen und dafür auch zu zahlen bereit sind. Alpian rechne gegenwärtig verschiedene Preismodelle durch.

Bei einem davon müssten die Kunden jährlich 0,5 Prozent der verwalteten Vermögen als fixe Gebühr entrichten. Das liege deutlich unter den Preisen der meisten Schweizer Vermögensverwaltungsbanken und sei nur dank dem digitalen Ansatz möglich. «Unser Ziel ist es nicht nur, das Angebot aufzumischen, sondern auch die bestehende Preisgestaltung», sagte Bakhtiar. Im Basisszenario sei Alpian ab 80'000 Kunden profitabel.

In einer ersten Finanzierungsrunde sammelte Alpian im Januar 12,2 Millionen Franken ein und kommt damit auf einen Gesamtwert von rund 56 Millionen Franken. Ein knappes Viertel der Anteile gehöre nun Investoren wie Private-Equity-Gesellschaften und reichen Privatpersonen, 26 Prozent seien für Mitarbeiter reserviert. Die Mehrheit liegt immer noch in den Händen von Reyl sowie den Partnern von Reyl.

Die Finanzmittel dürften ausreichen, um Anfang 2021 den Betrieb aufnehmen zu können, erklärte Bakhtiar. «Wir planen eine zusätzliche Finanzierungsrunde im dritten oder vierten Quartal 2020, um das regulatorische Kapital zu beschaffen, das die Finma vor der Erteilung einer Lizenz benötigt.» Bis zum Start wolle Alpian den Personalbestand von gegenwärtig einem guten Dutzend Mitarbeitern in etwa verdoppeln.

(sda/tdr)