Die Beantwortung der Frage, was unter anderem die Risikomanager von Instituten wie Goldman Sachs oder Deutsche Bank, die von der Kreditkrise in verhältnismässig geringem Masse tangiert wurden, erfolgreicher gehandhabt haben als andere, wird Regulatoren, Expertenkreise und Wissenschaftler in naher Zukunft noch intensiv beschäftigen. Die Praxis hat gezeigt, dass weite Teile der Mitarbeiter-Incentivierung bei vielen Banken und Versicherungen ungenügend mit den Zielen des Risikomanagements abgestimmt sind.

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Fehlende Integration

Das betriebliche Risikocontrolling hatte angesichts der überaus hohen Ertragsstärke dieser Ge-schäftsfelder grosse Mühe, entsprechendes Gehör beim Senior Management zu finden. In der Konsequenz führte dies zu einem Versagen der unternehmensinternen Kapitalzuweisung, da die Allokation des limitiert vorhandenen Risikokapitals von einer starken Informations-Assymetrie geprägt war. Die Praxis zeigt auch in anderen Beispielen auf, dass Incentivierungs-Systeme noch häufig ungenügend mit der Umsetzung und dem Controlling der strategischen Ziele verzahnt sind. Werden Mitarbeiter grundlegend über fehlerhafte Zielgrössen gesteuert, verfehlt selbst ein effektives Risikomanagement nach den «three lines of defence» seine angestrebte Wirkung.

Eine weitere Ursache für viele Verluste bei Finanzinstituten ist die oft fehlende Integration des Risk Managements in die Geschäftsabläufe («Business Integration of Risk Management»). Damit fehlen oft das Verständnis und die Akzeptanz für inhärente Risiken bei vielen unternehmerischen Entscheiden, wie z.B. bei Reorganisationsmassnahmen oder Kostensenkungsprojekten. Gemäss einer von KPMG weltweit durchgeführten Studie bei knapp 500 Unternehmen hat sich herausgestellt, dass neun von zehn Effizienzsteigerungsprogrammen ihre Wirkung verfehlen, weil die Risiken von Massnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette nur ungenügend offen gelegt wurden. Wie die Praxis immer wieder zeigt, werden durch einseitige Kostenoptimierungsprogramme zwar kurzfristig positive Effekte erzielt – es wird jedoch häufig kein nachhaltiger Wert geschaffen. Gemäss der Untersuchung werden realisierte Effizienzsteigerungen durch den Eintritt nicht berücksichtigter Risiken ex post mittel- und langfristig stark belastet. Aus diesem Grund ist es deshalb wenig verwunderlich, dass rund 60% der Unternehmen in der Studie angegeben haben, dass das Risikomanagement zukünftig bei der Durchführung strategischer Entscheidungen stärker eingebunden werden soll.

Profitcenter

Nach unseren Erfahrungen fehlen dem Risikomanagement jedoch häufig die passenden Instrumente dazu, um diese neue Verantwortung glaubwürdig wahrnehmen zu können. Was häufig fehlt, ist ein umfassendes Verständnis der Geschäftsprozesse, eine holistische, prozessbezogene Risikosicht, eine umfassende Kostentransparenz bezüglich der Ressourcendimension und die vollständige Offenlegung der Abhängigkeitsstrukturen von Geschäftsprozessen und Ressourcen. Wir sind der Überzeugung, dass erst auf Basis dieser Grundlagen nachhaltige Verbesserungsvorschläge zur Optimierung der Kostenstrukturen erarbeitet werden können. KPMG schätzt die Kostenoptimierungspotenziale alleine bei den sourcing-fähigen IT-Dienstleistungen auf Grundlage der Anwendung unserer risikoorientierten Effizienzsteigerungs-Methodik auf bis zu 30%.

Aufbauend auf einer transformierten Incentivierung und Geschäftsintegration gewinnt die verstärkte Zusammenführung von Risiko- und Wertsteuerung stark an Bedeutung, was grundlegend auch eine verstärkte Positionierung des Risikomanagements als eigenständiges Profitcenter erfordert. Bei der konsequenten Umsetzung dieses Profitcenter-Gedankens spielt die bankweite Implementierung einer risikoadjustierten Performance-Messung eine grundlegende Schlüsselrolle.

Gegenwärtig beobachten wir sehr intensiv, dass Finanzinstitute die hohe Relevanz solcher Instru-mentarien zur risikoadjustierten Steuerung der Gesamtunternehmung erkannt haben und daran arbeiten, dies pragmatisch umzusetzen. Die bedeutendsten Umsetzungshürden sehen wir dabei speziell in der Erarbeitung einer umfassenden Risikosicht auf die Geschäftsprozesse, im Aufbau einer umfassenden Kapitalallokation sowie in der Ausgestaltung des entsprechenden Change-Management-Prozesses. Häufig neigen Institute dazu, lediglich die einfach zu messenden Risiken zu berücksichtigen. Dies führt jedoch unmittelbar zu den im Rahmen der Kreditkrise offen gelegten Fehlsteuerungen einer Gesamtbank.