Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Widerspruch. Die heutzutage technisch weit entwickelten Roboter sind in der Lage, in immer mehr Betrieben einfache Abläufe zu übernehmen und damit menschliche Arbeitskräfte vollständig zu ersetzen. Sie sind ein wichtiges Mittel zum Antrieb der Automatisierung innerhalb der Wirtschaft. Roboter ersetzen also den Menschen und trotzdem sollen sie Arbeitsplätze in der Schweiz sichern?

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Die Auflösung des Rätsels kann Martin Bertschi (51) liefern. Er ist der Geschäftsführer von Kuka Roboter Schweiz, dem Tochterunternehmen der gleichnamigen europäischen Marktführerin für Robotik aus Augsburg (siehe Kasten). Seit 1981 war Bertschi in verschiedenen Branchen im Themenbereich Automatisierung aktiv und eröffnete 1998 für Kuka die Schweizer Niederlassung in seinem Wohnort Dietikon ZH.

Erhalten Roboter Arbeitsplätze?

Laut Martin Bertschi findet seit Jahren eine Beschäftigungsverlagerung von der Schweiz ins Ausland statt, weil die Hilfskräfte im internationalen Vergleich hierzulande viel teurer seien. «Dafür haben wir hier in der Schweiz zahlreiche hoch qualifizierte Fachkräfte, die komplexe Produktionsanlagen und damit auch Roboter bedienen können», hält er dagegen. Solche Leute seien hier nicht teurer als im Ausland.

Weil die Schweiz dieses Know-how besitze und deshalb zu einer flexiblen Automatisierung von Betriebsabläufen durch Robotik fähig sei, könne man früh auf Veränderungen der Marktnachfrage reagieren und so als Volkswirtschaft insgesamt profitieren. «Es wird hierzulande künftig viele neue Arbeitsplätze im Bereich der Automatisierung geben», erklärt Bertschi. Ingenieure werden tendenziell Hilfsarbeiter ersetzen.

Er nennt das Beispiel eines Schweizer KMU aus der Industrie – Stryker Trauma in Selzach SO – das vor Jahren wegen des steigenden Kostendrucks über eine Verlagerung der Produktion ins Ausland nachdachte, was einen Stellenabbau in Selzach bedeutet hätte. In der Not setzte man auf Robotik. «Heute läuft dieses Unternehmen wieder auf Hochtouren und produziert in der Schweiz sogar für zahlreiche ausländische Schwesterfirmen», sagt Bertschi. Viele neue Arbeitskräfte seien dadurch entstanden.

Für kleinere Industriebetriebe könne sich der Einsatz von Robotern ganz unmittelbar positiv auswirken. Die günstigsten Exemplare sind im Markt heute für rund 150000 Fr. zu haben. Als vollwertiger Ersatz für eine Arbeitsstelle mit einem Jahreslohn von 75000 Fr. sind sie demnach bereits nach nur zwei Jahren amortisiert. Der Durchschnittspreis für einen Roboter beträgt gemäss Bertschi heute rund 250000 Fr. Teure Exemplare können bis zu einer halben Million Franken und mehr kosten.

Das gute an Robotern: Sie sind universell einsetzbar. Die Skala reicht vom Dekorieren von Schokoladehasen bis zum Schweissen. Die Maschinen tragen mitunter zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in vielen Betrieben bei. Zum Beispiel: Gerade die Einatmung von Schweiss- oder Schleifstaub ist für Menschen erwiesenermassen schädlich.

Bedienung wird immer einfacher

Die Bedienung der Roboter ist in den letzten Jahren immer einfacher geworden. Bei Kuka war man diesbezüglich besonders innovativ und hat vor rund zwölf Jahren als erstes Unternehmen eine computerbasierte Steuerung mit Windows-Tools auf den Markt gebracht. «Mit Windows kann heute schon fast jedes Kind umgehen», so Bertschi. Er ist überzeugt, dass Mensch und Maschine im Sinne einer wachsenden Automatisierung in der Wirtschaft künftig noch näher zusammenrücken.

Der Mensch werde aber auch in Zukunft die komplexen Arbeiten übernehmen und dazu den Roboter als Bindeglied für standardisierte Abläufe einsetzen. Als künftigen Trend sieht Bertschi die direkte Führung des Roboters. «Statt einer Programmierung von zentraler Stelle wird den Robotern ein bestimmter Arbeitsablauf gleich vor Ort durch das Führen des Greifers am Roboter oder mit Hilfe eines Joysticks vorgezeigt.» Diese Technologie werde sich immer stärker durchsetzen.

Für Bertschi sind die Entwicklungspotenziale in der vergleichsweise jungen Robotik enorm. Der weltweite Prototyp kam erst Mitte des 20. Jahrhunderts zum Einsatz. Der erste Kuka-Roboter datiert aus dem Jahr 1973 und war noch ein Hydraulikmodell. Heute werden alle Roboter elektromechanisch gesteuert, viele davon mit einem System von Siemens.

Grosses Potenzial ist vorhanden

Momentan stehen gemäss Martin Bertschi schweizweit rund 3000 Roboter im Einsatz. Bei einem Durchschnittspreis von 250000 Fr. entspricht das einem Marktvolumen von rund 750 Mio Fr. Kuka betreibt in der Schweiz zurzeit rund 600 Roboter und hat einen Marktanteil von 20%. Die übrigen Anbieter sind neben ABB unbekanntere Unternehmen wie Stäubli, Klos oder Reis. Stark im Geschäft sind auch japanische Roboter-Hersteller wie Fanuk, Motorman oder Kawasaki. Der einzige Roboter, der in der Schweiz fabriziert wird, stammt von der Firma Neuronics in Zürich und ist ein sehr kleines Modell. Eingesetzt werden die Roboter hierzulande in ganz verschiedenen Branchen, etwa der Holz-, Kunststoff-, Verpackungs- oder Fleischindustrie.

Das Marktpotenzial der Robotik als wichtiges Mittel zur Entwicklung der Automatisierung in der Wirtschaft sieht Bertschi noch längst nicht ausgeschöpft. Zurzeit herrsche in den Industrieunternehmen noch eine weitverbreitete Angst, die Roboter würden vor allem Arbeitsplätze vernichten. Doch gerade für kleinere Firmen könnte der Einsatz solcher intel- ligenten Maschinen ungeahnte Wachstumsmöglichkeiten eröffnen, ist Bertschi überzeugt. «Man könnte sie zum Beispiel über Nacht für einfache Arbeiten einsetzen und damit die eigene Produktivität nachhaltig steigern», nennt er eine Anwendung, die einleuchtet.