«Handelszeitung Online»: 9,8 Milliarden Franken Reingewinn, 45,5 Milliarden Franken Umsatz -  wie zufrieden sind Sie mit den Zahlen, die Roche heute vorgelegt hat?

Andrew Weiss: Sie sind auf allen Linien in Ordnung. Die Pharmadivision hat sogar leicht besser abgeschnitten als erwartet. Das kann man auf Tamiflu zurückführen, das in den USA einen starken Umsatz gebracht hat aufgrund einer leicht stärkeren Grippewelle. Im Ganzen sind wir zufrieden mit den Zahlen.

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Trotzem steht die Aktie klar im Minus. Woran liegt's?

Wir wundern uns auch. Und wir fragen uns, was wohl mit der Novartis-Aktie passiert wäre, wenn der Konzern nicht zugleich mit seinen Zahlen bekannt gegeben hätte, dass Daniel Vasella abtritt. Denn die Novartis-Zahlen lagen etwas unter den Erwartungen. Wahrscheinlich handelt es sich bei Roche jetzt um Gewinnmitnahmen nach einer starken Performance seit Jahresbeginn.

Gibt es einen Wermutstropfen bei den aktuellen Zahlen?

Wir finden eigentlich nichts in den Daten oder zwischen den Zeilen, das beunruhigend sein könnte. 

Sticht etwas positiv heraus?

Auch das nicht. Aber generell ist Roche weiterhin ein positives Investment für uns. 

Andere Analysten zeigen sich beeindruckt von der gestiegenen Bruttomarge.

Tatsächlich steigt die Marge und fällt leicht besser aus als erwartet, aber in meinen Augen trotzdem zu wenig, um zu sagen, das sei unglaublich stark gewesen. Roche ist da halt schon auf einem sehr hohen Niveau: Mit einer operativen Marge von 44 Prozent im Jahr 2012 ist das Unternehmen ganz vorne mit dabei in der Pharmagilde.

Roche erhöht die Dividende um 8 Prozent. Daran verdient auch Novartis kräftig mit, da der Konzern 33 Prozent der Stimmrechte hält. Trotzdem wurde zuletzt spekuliert, ob Novartis seine Anteile bald verkaufen könnte. Ist das ein realistisches Szenario?

Novartis hält etwa 53 Millionen Roche-Aktien und bekommt nun somit rund 390 Millionen Schweizer Franken Dividende. Aber es handelt sich um ein Investment von etwas mehr als 10 Milliarden Franken - das heisst, es bindet viel Kapital. Mit Bekanntwerden von Daniel Vasellas Rücktritt fordern die Londoner Investoren und Analysten daher nun, überschüssiges Cash den Anlegern zukommen zu lassen - mittels Dividende oder besser noch über Aktienrückkäufe. 

Vasella-Nachfolger soll Jörg Reinhart werden. Was bedeutet das für diesen Entscheid?

Reinhart ist ein Ur-Weggefährte von Daniel Vasella und vertritt ähnliche Positionen. Es gibt kaum jemand, der das  Ancien Régime bei Novartis besser vertreten könnte. Daher ist es möglich, dass er einen Verkauf der Roche-Anteilen ablehnt.

Halten Sie einen Verkauf für sinnvoll?

Ich bin kein Freund von Aktienrückkaufprogrammen. Sie sind beliebt bei Beratungsfirmen und auch in Geschäftsleitungen. Denn die Personen in der Geschäftsleitung erhalten einen Teil ihres Lohnes in Aktien, und Rückkaufprogramme treiben den Aktienkurs in die Höhe. Aber sie sind nicht wirklich wertgenerierend. Wenn sich das Unternehmen in einem Wachstumsmarkt bewegt und an die eigene Strategie glaubt, sollte es das Geld besser einsetzen, um zu wachsen und etwa in neue Produkte investieren. So könnte auch ein Verkauf der Roche-Anteile für Novartis sinnvoll sein.

Roche-Chef Serverin Schwan bekommt mehr als 1 Millionen Franken mehr Lohn und Boni als im Vorjahr. Macht Roche sich damit unbeliebt in Hoch-Zeiten der Abzocker-Initiative?

Sehr vieles bei seinen Boni ist gebunden. Ich sehe es daher nicht als sehr problematisch an - auch gerade wenn man sieht, wie die Aktie 2012 performt hat. Auch wenn der Absolutbetrag vielleicht bei dem einen oder anderen Neid hervorruft.