Roche-Konzernchef Severin Schwan zu Alzheimer: «Bedeutender Fortschritt»

Die Hoffnung ist zurück bei Alzheimer. Ende September haben die beiden Pharmafirmen Biogen und Eisai Studiendaten zu ihrem Wirkstoff Lecanemab veröffentlicht. Das japanisch-amerikanische Gespann konnte zeigen, dass der Wirkstoff den kognitiven Verfall zu verlangsamen vermochte. Das war zuvor noch keinem Pharmaunternehmen gelungen. Nun richten sich alle Augen auf Roche. Die Basler haben mit Gantenerumab einen Wirkstoff der gleichen Klasse am Start. Beide Wirkstoffe bekämpfen die Amyloide, also die Eiweissablagerungen im Gehirn, die für Alzheimer typisch sind. Die Resultate zu Gantenerumab werden im November veröffentlicht. Aus den Studienresultaten zum Wirkstoff von Biogen und Eisai liessen sich keine Rückschlüsse für Gantenerumab ziehen, sagte Roche-Konzernchef Severin Schwan in einem Call mit Journalisten und Journalistinnen. Zumal die Studienresultate noch nicht vollständig publiziert seien. Alzheimermedikament könnte 10 Milliarden Umsatz bringen Er glaube aber, dass die Studienresultate «ein bedeutender Fortschritt» seien. In der Community habe es in den vergangenen Jahren eine grosse Diskussion über die sogenannte Amyloid-Hypothese gegeben. Es geht um die Annahme, dass die Eiweissablagerungen bei der Entwicklung der Krankheit eine entscheidende Rolle spielen und dass sich die Krankheit verlangsamen oder sogar stoppen lässt, wenn es gelingt, diese Ablagerungen zu reduzieren. Aus Sicht der Industrie und der Patientinnen und der Patienten seien die Studienresultate deshalb eine gute Nachricht. Für Roche steht mit Gantenerumab einiges auf dem Spiel. Sollte der Wirkstoff zum Fliegen kommen, dürfen sich die Investoren und Investorinnen auf Milliardenumsätze freuen. Die Analystinnen und Analysten rechnen damit, dass das Produkt Spitzeneinsätze von 10 Milliarden Franken einspielen könnte, sollte es sich als wirksam und sicher erweisen und von Arzneimittelbehörden, allen voran der amerikanischen FDA, zugelassen werden. Ob es so weit kommt, ist allerdings unsicher. Alzheimerstudien gelten auch nach dem Erfolg von Eisai und Biogen als «low probability studies», als Studien also, bei denen wenig wahrscheinlich ist, dass sie die erhofften Resultate bringen. «Trump-Cocktail» auf Tauchstation Aktuell kämpft der Basler Pharmakonzern mit einem scharfen Rückgang der Covid-bedingten Umsätze. Die Verkäufe des Covid-Medikaments Ronapreve brachen gegenüber dem Vorjahresquartal um 600 Millionen Dollar ein. Der Taucher hängt damit zusammen, dass die neueren Varianten des Coronavirus weniger gefährlich sind. Ronapreve wird bei Patientinnen und Patienten eingesetzt, bei denen ein schwerer Krankheitsverlauf befürchtet werden muss, etwa weil Vorerkrankungen bestehen oder weil die Patienten oder Patientinnen übergewichtig sind. Einer der ersten Patienten, die mit Ronapreve behandelt wurden, war der damalige US-Präsident Donald Trump. Bei den Tests gingen die Verkäufe gegenüber um 400 Millionen Franken zurück. Das habe damit zu tun, dass die Nachfrage im Vorjahresquartal sehr hoch gewesen sei. Aktuell steige die Nachfrage nicht, trotz der zunehmenden Fallzahlen, sagte Severin Schwan. Die Regierungen hätten bis jetzt noch keine Bestellungen gemacht. Die Diagnostiksparte von Roche ist einer der wichtigste Anbieterinnen von Covid-Tests und von Diagnostika generell. Sie wird von Thomas Schinecker geleitet, der im März die Nachfolge von Konzernchef Severin Schwan übernehmen wird. Schwan rückt als Nachfolger von Christoph Franz als Verwaltungsratspräsident nach. Patentabläufe drücken auf die Umsätze Roche machte in den ersten neun Monaten einen Umsatz von 47,0 Milliarden Franken – das sind 2 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Die Verkäufe von Pharma gingen sogar leicht zurück, nämlich um 200 Millionen Franken – von 33,4 auf 33,2 Milliarden Franken. Schuld sind die Patentabläufe von wichtigen Umsatzträgern, allen voran der drei Krebsblockbuster Mabthera/Rituxan, Herceptin und Avastin. Wobei der Rückgang hier mit 2 Milliarden Franken etwas tiefer war als prognostiziert. Dafür machten den Baslern die Patentabläufe bei anderen wichtigen Produkten wie dem Augenheilmittel Lucentis und von Esbriet, einem Lungenmedikament, stärker zu schaffen als angenommen. Zusammengerechnet beliefen sich die Umsatzrückgänge bei den Medikamenten, die ihren Patentschutz verloren haben, auf 2,5 Milliarden Franken. Die neuen Produkte entwickeln sich gut Gut läuft es dafür bei den neuen Top Fünf bei Roche. Dazu gehören Ocrevus, ein Medikament gegen Multiple Sklerose, Hemlibra (Hämophilie), Phesgo (Brustkrebs) und Evrysdi gegen spinale Muskelatrophie, eine schwere Nervenerkrankung. Das Medikament macht zunehmend Zolgensma Konkurrenz, der Gentherapie, die Novartis hier am Start hat. Zu den Top Fünf der umsatzstärksten Medikamenten gehört zudem das erst Anfang Jahr zugelassene Augenmedikament Vabysmo. Es wirkt, wie Lucentis, gegen altersbedingte Makuladegeneration, eine der häufigsten Augenerkrankungen überhaupt. Covid-bereinigt seien die Pharmaumsätze im hohen einstelligen Bereich gewachsen, sagte Konzernchef Severin Schwan. Zudem seien in den nächsten Monaten bedeutende Studienresultate zu erwarten, nicht nur bei Alzheimer, sondern auch bei Duchenne-Muskeldystrophie, einer schweren Muskelerkrankung, aber auch in der Onkologie und in der Ophthalmologie.

Roche-Konzernchef Severin Schwan zu Alzheimer: «Bedeutender Fortschritt»

Roche-Chef Schwan zu Alzheimer: «Ein bedeutender Fortschritt»