In Kempraten, St. Gallen, muss sich Roger Federer aktuell mit den Irrungen und Wirrungen seines künftigen Traum-Heims herumschlagen. In London, England, hingegen gelingt dem Tennis-Maestro und Schweiz-Tourismus-Botschafter ein majestätischer Auftritt. Seit dem Oster-Weekend erstrahlt Federer auf dem riesigen und weltberühmten Werbe-Billboard am Piccadilly Circus und wirbt dort überlebensgross für das Ferienland Schweiz.  

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Die riesige digitale Frontwand am Piccadilly Circus ist eine ikonische Baute – sozusagen der Centre-Court der europäischen Aussenwerbung. Seit dem Jahr 1908 erstrahlen an dieser Stelle die wichtigsten Brands der Welt.

Nur die marketingmächtigsten Weltmarken können sich in aller Regel diesen Auftritt vor grossem Publikum leisten. 100 Millionen Menschen jährlich sehen die Werbebotschaften, die dort in luftiger Höhe aufgeschaltet werden. In guten Zeiten.  

Schlechte Zeiten, gute Deals  

Doch nun sind die Zeiten schlecht. Die – nicht öffentlichen – Werbepreise, die sich neben dem Format und der Dauer der Werbezeit auch nach der Publikumsgrösse richten, haben gelitten. Wegen der Pandemie sackte die Publikumsfrequnez, der sogenannte «Footfall», im Londoner Stadtzentrum stark ab.

Ladenschliessungen, kaum Tourismus, Home-Office – all setzte der einst pulsierenden Weltstadt stark zu.

Gemäss dem «Evening Standard» sanken die Frequenzen im Londoner West-End letztes Jahr um 56 Prozent. Davon habe Schweiz Tourismus profitiert, sagt Sprecher Markus Berger. Das Ferienland Schweiz konnte aufgrund eines Corona-Discounts  seinen neuen Markenbotschafter Roger Federer ab dem Oster-Weekend am Objekt «Piccadilly Lights W1», wie Immo-Besitzerin Landsec die prominente Stelle nennt, erstrahlen lassen: «Normalerweise könnten wir uns das nicht leisten», sagt Berger, «aber wegen der Pandemie sind die Billboard-Preise an dieser Lage ausserordentlich stark gesunken. So ist es nun ein erstklassiges Sujet an bester Location zu einem vernünftigen Preis.»  

Längerer Auftritt wegen Todesfall  

Die Marketingorganisation Schweiz Tourismus beschäftigt am Hauptsitz in Zürich und in 32 Niederlassungen weltweit rund 250 Angestellte und verfügt über ein Jahresbudget von rund 95 Millionen Franken. Knapp 60 Prozent davon stammen aus Bundesmitteln, der Rest von Wirtschafts- und Tourismuspartnern im Inland.

In der ausserordentlichen Session von Anfang 2020 bewilligte das Parlament aufgrund der Pandemie zusätzliche einmalige Bundesmittel im Umfang von 20 Millionen Franken für Schweiz Tourismus plus weitere 20 Millionen Franken für die Tourismusbranche.    

Auch die Steuerzahler haben also ein Interesse daran, dass die Vermarktungsorganisation ihre Mittel mit Bedacht einsetzt. Wie gut Schweiz Tourismus verhandelt habe, müsse geheim bleiben, so Berger: «Wie viel wir bezahlen, dürfen wir nicht sagen.» Ziel der Kampagne sei es, «die Leute auf die Website mit den Schweiz-Empfehlungen von Roger Federer zu bringen.»  

New Yorker Times Square im Auge  

Ursprünglich war Federers Auftritt am Piccadilly Circus bis zum 18. April geplant. Dann aber wurde der Auftritt wegen der Staatstrauer zum Todesfall von Prinz Philipp ausgesetzt. Was bedeutet, dass Roger National nun auch noch in der laufenden Woche weiter strahlt im Londoner Stadtzentrum.

Derzeit richtet Schweiz Tourismus das Augenmerk bereits auf die nächste ikonische Werbestelle der westlichen Welt, wie Berger verrät: «Aktuell sind wir unter anderem in Verhandlungen für den Times Square in New York.» Auch dort hat die Pandemie gewütet; gemäss einer Studie von Kantar Media hat die Aussenwerbung, das sogenannte Out-of-home-Geschäft, in den USA einen Rückschlag von 25 bis 30 Prozent erlitten. Was auch dort auf die Preise drücken dürfte.  

«Schlacht um Aufmerksamkeit»  

Gerade im Fall von England sei der Zeitpunkt für eine Touristik-Kampagne jetzt optimal, sagt Berger: «In den nächsten Wochen und Monaten kommt es im weltweiten Tourismus zur einer Battle for Attention», zu einer Schlacht um die Aufmerksamkeit. In dem Masse, wie Reisebeschränkungen gelockert werden, wollten alle Destinationen zurück in die Köpfe der Konsumenten, sagt Berger: «Zusammen mit Roger gelingt uns das an einer Lage wie dem Piccadilly Circus besonders gut.»  

Tatsächlich rappelt sich Grossbritannien aktuell spektakulär auf. Das Königreich hat sich schneller als andere Länder aus der Krise geimpft und lockert nun den Shutdown. Was für die Schweizer Landeswerber bedeuten dürfte: Spiel, Satz und Sieg. Wenn denn die englischen Touristen den Ball auch wirklich so schnell aufnehmen wie erhofft.

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Andreas Güntert
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