Die Nationalbank ist, anders als es ihr Hedge-Fund- und Banking-erprobter Ex-Vorsitzender Philipp Hildebrand verkörperte, vor allem eines: eine gigantische makroökonomische Denkanstalt. Die volkswirtschaftliche Abteilung, die leitenden Ökonomen und ihre paar Dutzend Mitarbeiter bilden so etwas wie den Maschinenraum der SNB. Der Rest der über 600 Angestellten – Kommunikationsfachleute, Juristen, EDV-Supporter und andere – dient im Grunde nur dem reibungslosen Funktionieren dieser Maschinerie. Hier werden die Grundlagen für die geld-politischen Entscheide des Direktoriums erarbeitet.

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Engerer Aufgabenbereich. Die Volkswirtschaftler sind mehr als nur das Rückgrat der SNB – Bankenkenner sprechen von einer eigentlichen Parallelorganisation, fast so mächtig wie das Direktorium selber. Dabei habe stets gegenseitiger Respekt geherrscht, auch wenn die Gesprächskultur immer wieder kontrovers gewesen sei, so Georg Rich, bis 2001 Chefökonom der SNB.

Mit Hildebrand ist das über Jahrzehnte eingespielte Gefüge ins Wanken geraten. Anders als viele Direktionspräsidenten – vor allem auch Vorgänger Jean-Pierre Roth – ist Hildebrand weder im internen Maschinenraum gross geworden, noch hat er einen eindrücklichen makroökonomischen Rucksack. Das erschwerte nicht nur sein Standing bei den Spezialisten, es führte auch zu Konflikten. So habe die Chemie zwischen Hildebrand und Chefökonom Ulrich Kohli, dem Nachfolger von Rich, von Anfang an nicht gestimmt, berichten Insider. Bei Hildebrands Wahl zum Vorsitzenden 2010 verliess Kohli die Bank, gelockt von einem Professoren-Angebot der Uni Genf.

Seit dem Abgang von Kohli gibt es die Position eines Chefökonomen der SNB nicht mehr. Es gibt zwar einen Leiter der Abteilung Volkswirtschaft, doch dessen Aufgabenbereich ist enger. So sprach der Chefökonom unter anderem auch nach aussen für die Bank.

Ein Fremdkörper. Auch im Direktorium selber war Hildebrand ein Fremdkörper, sind doch sämtliche übrigen Mitglieder ausgewiesene Makroökonomen. Vize Thomas Jordan wirkt als Honorarprofessor für Geldpolitik an der Uni Bern, Jean-Pierre Danthine war fast 30 Jahre lang Professor für Finanztheorie an der Uni Lausanne. Auch die drei stellvertretenden Direktoren haben sich durch lange Tätigkeit bei der SNB und einen fundierten ökonomischen Background den SNB-typischen Stallgeruch erworben.

Sollte Thomas Jordan definitiv Präsident werden, dann würde das Direktorium wieder von einem klassischen Volkswirtschaftler geführt. Experten erwarten ein Revival der Ökonomen: «Unter Jordan dürfte Geldpolitik wieder vermehrt im volkswirtschaftlichen Sinne des Wortes gemacht werden», sagt etwa Alexander Galli, der in den Zeiten von Notenbankchef Fritz Leutwiler in der Forschungsabteilung der SNB war. Damit würde die Bank zu den erprobten Rezepten der Vor-Hildebrand-Ära zurückfinden.