Der Personalbestand der Zugbegleiter hat bei den SBB in den vergangenen Jahren trotz einer stetig zunehmenden Zahl von Zugreisenden abgenommen. Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals äussert sich über diese Entwicklung wenig erfreut.

Die angespannte Situation bei den Lokomotivführern hat in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt. So haben die SBB am Samstag den Zugverkehr zwischen Solothurn und Baselbiet mangels Lokomotivführern eingestellt.

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Doch nicht nur an der Zugspitze mangelt es zurzeit an Personal, sondern auch im Zug selber sind Bahnmitarbeitende seltener zu sehen. So nimmt die Zahl der Zugbegleiter stetig ab, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Erfahrung brachte. Zwischen 2014 und 2018 nahm das Vollzeitäquivalent um über sieben Prozent ab. Dieser Begriff drückt die Zahl sämtlicher Arbeitsverhältnisse auf Vollzeitstellen umgerechnet aus.

In absoluten Zahlen ausgedrückt ist die Zahl der Vollzeitstellen im Sektor Zugbegleitung zwischen 2014 und 2018 um 154 zurückgegangen. Letztes Jahr belief sich der Stellenetat in diesem Bereich noch auf 1977 Vollzeitstellen. 2014 waren es vergleichsweise mit 2131 noch deutlich mehr.

Mehr Passagiere, weniger Zugbegleiter

Die geringere Zahl an Zugbegleitern steht einem immer stärker wachsenden Passagierplus entgegen. Gemäss SBB-Zahlen nahm das Passagieraufkommen in den Jahren 2014 bis 2018 um über 25 Millionen auf 455,85 Millionen Reisende zu.

Bis Ende 2018 galt bei den SBB noch das Prinzip der Doppelbesetzung auf allen Fernzügen. Zwei Zugbegleiter kontrollierten also die Billette und gaben Auskünfte zum Bahnbetrieb. Seit dem Fahrplanwechsel vom 9. Dezember 2018 gilt dieses Prinzip aber nicht mehr.

Ein Zugbegleiter auf 400 Passagiere

Der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV ist die Abschaffung der Doppelbesetzung ein Dorn im Auge. So kommt beispielsweise laut SEV-Sekretär Angelo Stroppini auf der Intercity-2-Strecke zwischen Zürich Hautbahnhof und Lugano lediglich ein einziger Zugbegleiter auf die 400 Passagiere. Sein Kollege Jürg Hurni: "Es braucht dringend ein Umdenken und mehr Personal, damit die Züge wieder pünktlich und sicher geführt werden können."

Karin Blättler, Präsidentin von Pro Bahn Schweiz, schlägt in die gleiche Kerbe: "Die letzten Jahre sind geprägt von Sparprogrammen und damit einhergehend von Personalabbau an der Front." Darunter leide unter anderem das Sicherheitsgefühl der Passagiere. Vor allem bei einem Störungsfall: "Der Zugbegleiter kann die Reisenden informieren und steht als direkte Ansprechperson zur Verfügung."

SBB wollen Personal wieder leicht aufstocken

Die SBB verweisen auf Anfrage auf das neue Berufsbild des Begleiters: "Das Berufsbild der Zugbegleiter hat sich nicht zuletzt durch die Digitalisierung stark verändert. Sie sind heute als Kundenbegleiter unterwegs und werden dort gezielt eingesetzt, wo der höchste Kundennutzen erzielt werden kann." Zum Beispiel auch an Bahnhöfen oder auf den Perrons.

Zur Doppelbesetzung wollen die SBB aber nicht zurückkehren: "Wir sind überzeugt von unserem neuen flexiblen Einsatzkonzept", sagt ein SBB-Sprecher zu der Kritik der Gewerkschaft. Die frühere Doppelbesetzung sei sehr starr gewesen und habe dem Kundenbedürfnis nicht entsprochen. Unabhängig davon soll der Personalbestand bis Ende 2022 wieder auf rund 2000 Vollzeitstellen erhöht werden.

Mit dieser Aussage ist der SEV-Sekretär Hurni nicht einverstanden: "Die Doppelbesetzung hat sehr wohl einem Kundenbedürfnis entsprochen." Die SBB hätten an den Bahnhöfen und auf dem Perron ebenfalls Personal abgebaut. "Nun muss sie dafür die Zugbegleiter einsetzen, die dann erneut auf den Zügen fehlen werden", sagt Hurni.