Nicht weniger als viermal hat das Unternehmen vor den Toren Berns seit 1996 den Besitzer gewechselt: Von der Cabona AG mit Sitz in Wallisellen gings erst zur dänischen Wittenborg SA und von dort aus quasi direkt zur britischen Investorengruppe Compass Partners. Diese ihrerseits setzte zur Jahrtausendwende den Berater und ehemaligen Direktor der Valser Mineralquellen, Peter Bigler, als Geschäftsführer ein, mit dem Auftrag, die Schaerer AG für eine rentable Veräusserung flott zu machen.
Ein Engagement mit Folgen, denn Bigler erkannte das wahre Potenzial der zu dieser Zeit ökonomisch höchstens auf Sparflamme köchelnden Firma rasch einmal kurzerhand unterbreitete er seinem Auftraggeber ein Kaufangebot, das dieser nicht ausschlagen konnte. Heute operiert Schaerer, die vollautomatische Kaffeemaschinen für das Gastgewerbe, für Spitäler und Büros herstellt, wieder äusserst erfolgreich.
Tiefschläge und Brand in der Fabrik überstanden
Allerdings: Ganz gefeit vor Turbulenzen war das 1892 gegründete Unternehmen auch nach dem Management Buyout nicht: Die Terroranschläge vom 11. September 2001 liessen den amerikanischen Markt der wichtigste im Vertriebsnetz von Schaerer vollständig zusammenbrechen, und im Juli 2002 brannte zu allem Überfluss auch noch die grosse Produktionshalle in Moosseedorf nieder.
Ans Aufgeben hat Besitzer und CEO Bigler in Anbetracht des dabei entstandenen Millionenschadens allerdings nie gedacht. Und auch die Belegschaft liess sich nicht entmutigen, ganz im Gegenteil. «Wir haben uns nach dem Motto zusammengerauft und für unser Unternehmen gekämpft», erinnert sich Bigler. Unter anderen Besitzern, da ist sich der Berner sicher, wäre der Standort beim Autobahnkreuz Schönbühl wohl aufgegeben worden. «Eine super Technologie, motivierte Mitarbeiter und ein dichtes Kundennetz, das waren die drei Gründe, die mich immer wieder zuversichtlich stimmten, was den mittel- und langfristigen Erfolg des Unternehmens anbelang-te», betont der 54-jährige Pat-ron.
Die Produktionshalle ist mittlerweile wieder aufgebaut. Täglich werden hier sieben verschiedene Modelle in mannigfaltiger Spezifikation gefertigt. In diesem Jahr fabriziert Schaerer um die 7000 grosse Kaffeemaschinen für die Gastronomie und rund 10000 kleinere für den Officebereich. Rund 60% der Produktion gehen ins Ausland. Der Marktanteil des einstigen Herstellers von Krankenutensilien beläuft sich bei den Kaffeevollautomaten weltweit auf aktuell 10%, in der Schweiz sind es 20%.
«Die Auftragslage ist gut», freut sich Bigler, «und sie verbessert sich zusehends.» So könne der Umsatz auf Grund eines lukrativen Grossauftrages gegenüber dem Vorjahr um 33% auf 60 Mio Fr. gesteigert werden. Die US-Imbisskette Dunkin' Donuts hat bei Schaerer über 3000 Kaffeemaschinen geordert mit einer Option auf weitere Bestellungen. Für die Berner Firma und ihren Besitzer in etwa das, was für einen abgebrannten Büezer ein plötzlicher Sechser im Lotto ist. Daneben nimmt sich der Auftrag von McDonald's Schweiz bei aller Wertschätzung schon fast bescheiden aus: Schaerer hat sämtliche 140 Restaurants des Schnellverpflegers mit neuen Maschinen ausgestattet. Die Folge: «Innert kürzester Zeit ist der Kaffeeumsatz bei McDonald's um 75% gestiegen, was natürlich auch für unsere Maschinen spricht», sagt Bigler nicht ohne Stolz.
Grosses Servicenetz mit geschulten Leuten
Indes, die Technik allein ist es nicht, die einen guten Kaffee ausmacht. Es gehört immer auch ein Mensch dazu, der diese beherrscht und bedient. Selbst bei einer vollautomatischen Maschine kann dieser unbeabsichtigt oder in voller Absicht dafür sorgen, dass anstelle eines kleinen Schwarzen eine furchtbare Pfütze in der Tasse landet. Damit diese Fehlerquelle minimiert wird, setzt Schaerer auf ein weit verzweigtes Netz an Servicemitarbeitern, welche die aus über 1000 Einzelteilen bestehenden Kaffeemaschinen in Schuss halten und die auf perfekten Kaffee eingestellten Parameter vor Ort justieren. Hinzu kommen zwei Caffetieri, die am Sitz in Moosseedorf Serviceangestellte und Barbedienstete im Umgang mit den bis zu 30000 Fr. teuren Hightech-Geräten schulen.
In die Sparte der Vorzeigemodelle gehört auch die «Coffee Celebration», die in den nächsten Tagen an verschiedenen Fachmessen im In- und Ausland erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird (vom 21. bis 25. November an der IGEHO in Basel). Schenkt man dem werbewirksam verfassten Beschrieb des Vollautomaten Glauben, handelt es sich dabei um eine revolutionäre Entwicklung, einen Quantensprung in der Zubereitung von Kaffee. Anlass zu solch hochtrabenden Verheissungen liefert in erster Linie ein ins Gehäuse integriertes, gekühltes Milchsystem und das im Retrostil gehaltene Design mit vier schräg aufgepfropften Bohnenbehältern. Zwei Jahre hat die Entwicklung des auffälligen Eye-Catchers in Anspruch genommen, 4 Mio Fr. sind dafür aufgewendet worden. Einstandspreis in der Grundausstattung: 15000 Fr.
Neuer Vollautomat soll zum Klassiker werden
In Moosseedorf ist man davon überzeugt, dass die «Coffee Celebration» sich zu einem Klassiker an der Kaffeebar mausern wird. Bereits im nächsten Jahr sollen 3000 Stück des bunten Vollautomaten ausgeliefert werden. «Mittelfristig hängt der Erfolg unserer Firma von diesem Gerät ab», betont denn auch Bigler, der im Mai einen Drittel der Schaerer-Aktien an die Württembergische Metallwarenfabrik WMF - einen direkten Konkurrenten im Bereich Vollautomaten - veräussert hat.
Von der Kooperation mit dem weltweit grössten Kaffeemaschinenhersteller verspricht sich Bigler einiges. So sollen etwa Synergien im Kundendienst oder bei der Beschaffung von Teilen genutzt sowie technische Entwicklungen gemeinsam angegangen werden. Dass das Berner Traditionsunternehmen bald einmal im deutschen Branchenriesen aufgehen könnte, stellt Bigler vehement in Abrede. «Am Markt treten wir weiterhin als Konkurrenten auf und ich kann Ihnen versichern: Wir schenken uns gegenseitig nichts.»
Firma: M. Schaerer AG, Gewerbestrasse 15, 3302 Moosseedorf. Internet: www.schaerer.com
Gründung: 1892 durch Maurice Schaerer als Firma für Krankenpflegeartikel, chirurgische Instrumente und Messerschmiede.
Besitzverhältnisse: Peter Bigler (59,4%), Georg Lehner (VR-Präsiden, 6,6%), Württembergische Metallwarenfabrik (34%).
Umsatz: 45 Mio Fr. (2002).
Beschäftigte: 190, davon 50 im Service.
Produkte: Kaffeevollautomaten für Gastronomie und Büros.