Die Krise in der Velobranche greift weiter um sich. Das jüngste Opfer ist der Schweizer Velohersteller BMC, der am Dienstag eine strategische Reorganisation ankündigte. Konkret heisst das: Das Unternehmen aus Grenchen SO will wegen «wirtschaftlicher Herausforderungen» sparen, greift bei Eigenmarken durch – und streicht weltweit «gegen 40 Stellen». Ein harter Schritt. Laut der eigenen Website beschäftigt BMC aktuell rund 150 Mitarbeitende. Bereits 2023 war es zu Entlassungen gekommen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der Fall erinnert an den Wirbel rund um Flyer. Beim Berner E-Bike-Pionier kam es 2023 zu einer Massenentlassung. Und im letzten Jahr folgte der Wegzug. Die deutsche Flyer-Eigentümerin Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft stellte die Produktion in der Schweiz ein. Made in Switzerland ist Geschichte.

BMC steht nicht alleine mit Problemen da

Ganz so schlimm steht es um BMC nicht. Mit den Massnahmen soll jetzt der Turnaround geschafft werden. Doch die Probleme beim Solothurner Velobauer zeigen: Die Velobranche steht weiterhin vor Herausforderungen – und kämpft mit Überkapazitäten. Mit dem Ende der Corona-Pandemie endete auch der Boom bei den Fahrrädern. Noch immer sind bei vielen Herstellern und Händlern die Lagerbestände zu hoch. Die Folge: Es kam zu Rabattschlachten, die ebenfalls ihre Spuren hinterlassen haben.

Das beobachtet auch Martin Platter, Geschäftsführer des Branchenverbands Velosuisse, so: «Während sich der Markt für die Endkunden äusserst vorteilhaft zeigt, ist die Situation für den Handel äusserst anspruchsvoll», sagt er auf Anfrage von Blick. Die Vorbestellungen der Fachhändler auf die Saison 2025 seien so zurückhaltend gewesen wie selten zuvor. «Die Lieferanten brachte das in eine Zwickmühle, denn auch sie haben Lagerbestände und müssen bei den Produzenten vorbestellen», so Platter. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der von US-Präsident Donald Trump losgetretene Handelskrieg auf die Konsumentenstimmung drückt.

Laut dem Branchenkenner leiden aber nicht alle Unternehmen gleich stark: «Es gibt Händler, die sehr gut verkaufen. Andere wiederum klagen über schleppende Verkäufe.» In der aktuell schwierigen Marktlage könne es schon passieren, dass sich Firmen verkalkulieren. Gerade für BMC, das zu den grösseren Playern gehört und ein breites Sortiment hat, ist die Situation herausfordernd. «Je grösser die Firma, desto grösser das Risiko. Mit einem vielschichtigen Sortiment und mehreren Marken steigt dieses Risiko noch zusätzlich», sagt Platter. Nicht umsonst wolle BMC seine Produktlinien straffen und die Eigenmarke Scor aussetzen.

Fokus auf Kerngeschäft ist «sinnvoll»

BMC hat die Marke Scor erst 2021 lanciert, um das Velo-Portfolio um Gravity-Bikes – Mountainbikes mit viel Federweg für Downhill-Strecken – zu ergänzen. Das Unternehmen zieht jetzt die Reissleine – und stoppt alle neuen Produkteinführungen. Den gleichen Schritt vollzieht BMC bei der Bekleidungsmarke Adicta Lab. Wie es bei den zwei Eigenmarken in Zukunft weitergeht? Noch völlig offen.

Der Schritt vermittelt den Eindruck, dass sich BMC etwas verzettelt und sich etwas vom eigentlichen Kerngeschäft entfernt hat. Jetzt rudert das Unternehmen zurück und will den Fokus wieder stärker auf Rennvelos und Gravel-Bikes im oberen Preissegment legen. Aus Sicht von Daniel Gfeller (37) ein guter Entscheid. Er ist Inhaber des Velohändlers VeloGfeller in Köniz BE und Ostermundigen BE und Mitgründer der Swiss Prime Bike Group, ein 2018 gegründeter Zusammenschluss von Schweizer Velogeschäften. «Es ist sinnvoll, dass BMC mehr auf seine Highend-Rennvelos setzt.» Der Ausflug mit Scor in die Enduro-Welt sei nicht klug gewesen. «Dort gibt es bereits genügend Marken, die gut sind.»

Gfeller glaubt weiter an BMC: «Es ist eine sehr gute Marke, die Qualität ist top.» Wenn er sich aber etwas wünschen könnte, wären das Fortschritte im Customizing-Bereich: «Wer viel Geld für ein Rennvelo ausgibt, will dieses selbst zusammenstellen können. Da hat BMC noch Nachholbedarf.»