Pro Tag werden eine Milliarde Menschen mit Schindler-Produkten bewegt. Innerhalb einer Woche wird somit die gesamte Weltbevölkerung einmal von Punkt A nach Punkt B befördert. «Wenn man sich diese Zahlen anschaut, kann man sich in etwa vorstellen, wo die Risiken des Unternehmens liegen», betont Heinz Risi, Head Corporate Insurance & Risk Management im Schindler-Konzern.

Je nach Markt unterscheiden sich die Risiken indes recht stark. «In Bezug auf das Haftpflichtrisiko zum Beispiel haben wir in den USA mit ihrem Rechtssystem eine völlig andere Ausgangslage als in anderen Ländern», weiss Risi. Oder die Entwicklung in China im Neuanlagengeschäft, wo aktuell 6 von 10 Aufzügen des globalen Aufzugsmarktes montiert werden. «Durch den Shift von der alten Welt in die neue verlagert sich auch das Risiko im Haftpflichtbereich.» Gleiches gilt für den Produktionsbereich, wo in China durch die Konzentration der Produktionsstandorte – eigene und jene der Zulieferer – die Risiken innerhalb der Supply Chain markant gestiegen sind. Im Zusammenhang mit Supply Chain und Produktionsrisiken erwähnt Risi speziell das Schindler-interne Risk Engineering, welches periodisch sämtliche Schindler Key-Locations und auch alle Schindler Key-Supplier besucht und analysiert. «Die ausgesprochen tiefe Schadenbelastung ist auf unser exzellentes Risk Engineering zurückzuführen», ist er überzeugt.

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Drei grosse Programme

Das Risiko für die Schindler-Gruppe gestaltet sich je nach Markt also völlig verschieden. «Auf dieser Ausgangslage basiert auch unser Versicherungskonzept, das sich über die Jahre entwickelt hat und massgebend von der eigenen Risikotragung geprägt ist», hält Heinz Risi fest. Mit drei grossen internationalen Versicherungsprogrammen werden die Risiken Haft- pflicht, Sach/BU und Marine/Transport weltweit abgedeckt. Schindler partizipiert an diesen Risiken über den lokalen Selbstbehalt jeder Konzerngesellschaft und noch stärker über den in der Captive getragenen Selbstbehalt. Erst nach diesem Anteil eigener Risikotragung werden die Risiken an die Versicherer zediert. Geschäftsführer der Schindler Captive mit Sitz in Liechtenstein ist im Übrigen Heinz Risi.

Von einem Versicherer erwartet Risi, dass dieser über ein globales, mit der Schindler-Gruppe möglichst kompatibles Netzwerk verfügt, um vor Ort die über 80 Lokalpolicen auszustellen. «Das Netzwerk und damit verbundene Dienstleistungen sind die wichtigsten Kriterien, die wir an unsere Versicherer stellen», hebt er hervor. Das erfordere entsprechende Kapazitäten und Know-how, was man von einem global tätigen Industrieversicherer erwarten können müsse. «Nebst dem Ausstellen der Lokalpolicen – ohne Broker – ist der Versicherer lokaler Ansprechpartner, muss die Prämien einkassieren und in die Captive zurückführen sowie die Schadenbehandlung vor Ort erledigen.» Zudem will Risi, dass von den Schindler-Konzerngesellschaften angefragte Versicherungszertifikate innerhalb von 24 Stunden ausgestellt werden.

Alte und neue Risiken

Das grösste Exposure bei den versicherbaren Risiken bei Schindler ist gemäss Heinz Risi das Haftpflichtrisiko, und zwar speziell dasjenige in den USA, wo sich Unternehmen mit teils haarsträubenden Klagen konfrontiert sehen. «Das bedingt auch, dass ein Versicherer ein Commitment zum US-amerikanischen Markt hat», betont der Leiter des Schindler Konzernversicherungsbereichs unmissverständlich.

«Schindler repariert ihre Aufzüge mit dem iPhone» titelte kürzlich die NZZ. Das stimme, bestätigt Risi, denn jeder Servicetechniker sei heute mit Laptop und iPhone ausgerüstet und habe damit Zugang zu den Daten der Anlage, aber auch zurück in die Schindler-Zentrale. «Wenn ein Techniker an einer Anlage etwas repariert, dann kann er über seinen Laptop beispielsweise umgehend ein Ersatzteil anfragen und bestellen.» Am anderen Morgen habe er das Ersatzteil direkt in seinem Fahrzeugkasten, bereit zur Montage. «Das Thema Digitalisierung hat auch bei uns längst Einzug gehalten, woraus wieder neue Risiken resultieren», weiss Heinz Risi.

Zum Thema Cyberversicherungen hat Risi eine klare Meinung: Für ihn sind Cyberrisiken ein typisches Resultat der Digitalisierung. «Fragt sich nun, wie wir damit umgehen», stellt er in den Raum. «Nur eine Versicherungsdeckung einzukaufen ist für mich keine Lösung», macht er deutlich. Für ihn sei Versichern immer der letzte Schritt. «Ich frage mich, ob nicht die Möglichkeit des Ausbaus bereits vorhandener Programme besteht.» Als erster Schritt müsse jedoch eine Risikoanalyse über die Anfälligkeit des eigenen Unternehmens für Cyberrisiken gemacht werden. Sodann könne «auch der mit einer Cyberversicherung erhaltene Support hinsichtlich Legal, Kommunikation und Forensik den Kauf einer solchen Deckung durchaus rechtfertigen».