Tiefe Milchpreise, weniger Nachfrage, fordernde Klimabewegung und leidende Tiere: Immer mehr Bauern haben genug und steigen aus der Milchindustrie aus. Erste Höfe stellen nun auf die Produktion von Hafermilch um, berichtet der «Sonntagsblick».

Auf dem Biohof Hübeli in Kallnach BE bekommt dieser Wandel ein Gesicht. Hier wird nicht mehr gemolken, sondern geerntet: Hafer für die erste Bio-Hafermilch des Landes. Sarah Heiligtag unterstützt Höfe bei der Umstellung. Komplett umgestellt haben bisher 41 Höfe. Zurzeit begleitet Heiligtag 16 weitere. Jede Woche melden sich zwei bis fünf Bauern bei ihr; am Draht sind in den allermeisten Fällen Milchbauern.

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Antibiotika und Emissionen

Ausschlaggebend sei meistens das Tierleid. «In der Milchproduktion wurde innerhalb der letzten Jahrzehnte alles schneller, grösser und intensiver.» Im Vergleich zu früher sind die Milchkühe heute auf Hochleistung getrimmt: 1990 gab eine Kuh noch rund 11 Liter Milch pro Tag, vergangenes Jahr waren es 17 Liter. Hochleistungskühe leiden häufig an entzündeten Eutern. Bauern spritzen daher rekordmässig Antibiotika.

Hinzu kommt der Klima-Aspekt: Die Haltung von Rindvieh ist für einen Grossteil der Emissionen in der Schweizer Landwirtschaft verantwortlich. Und insgesamt beansprucht die Futterproduktion für Kühe Ackerland, das zwei Millionen Menschen ernähren könnte.

Dieses System führt nicht nur bei Produzenten, sondern auch bei immer mehr Konsumenten zu Fragezeichen: Ausgerechnet im Milchland Schweiz hat die Bevölkerung seit Jahren immer weniger Lust auf Kuhmilch. Dafür ist laut dem Marktforschungsinstitut Nielsen der Absatz von Milchalternativen allein 2019 um beeindruckende 25 Prozent gestiegen. Bei Coop haben sich die Verkäufe von Pflanzenmilch in den letzten zehn Jahren gut verdreifacht.

Seit kurzem mischen auch Grosskonzerne wie Nestlé und Milchverarbeiter Emmi mit und bieten diverse vegane Milchersatzprodukte an. Der Markt ist heute allerdings stark von Importprodukten geprägt. Dabei würden Detailhändler gerne mehr Milchalternativen aus der Schweiz ins Sortiment aufnehmen. Das hinterlässt bei den Bauern Eindruck, sagt Sarah Heiligtag. Sie sieht eine grosse Zukunft für die veganen Milchbauern und einen tiefgründigen Wandel: «Die Pflanzenmilch wird Kuhmilch irgendwann ersetzen.» 

(me)