Jörg Hieber ist happy. «Wir haben so viele Schweizer Kunden wie schon lange nicht mehr», freut sich der Chef der süddeutschen Supermarktkette Hieber. Über die Festtage war Hochbetrieb. Getrieben vom tiefen Euro, shoppen die Schweizer vermehrt im Ausland. Laut der Konjunkturforschungsstelle BAK Basel dürfte der Einkaufstourismus aus der Schweiz 2010 um deutlich mehr als zehn Prozent zugenommen haben.

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Trotz diesem Alarmsignal reagieren die grossen Unternehmen in der Schweiz, die Produkte aus dem Euro-Raum anbieten, zögerlich. «Wir sind schon vor Monaten bei den relevanten Branchen vorstellig geworden. Leider ist viel zu wenig passiert», kritisiert Sara Stalder, die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. Für sie ist klar: «Vielerorts wird auf Kosten der Schweizer Konsumenten Profit mit der Währungssituation gemacht». Die Reklamationen stiegen entsprechend an.

Am Pranger steht insbesondere die Autoindustrie: 70 Prozent der Fahrzeuge in der Schweiz kommen aus dem Euroraum. Offenbar ist der Druck zu handeln zu gering: Zehn Prozent mehr Neuwagen wurden in der Schweiz 2010 verkauft. Andreas Burgener, der Direktor der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, sieht deshalb auch keinen Grund für Kritik an der Branche. «Wir konnten 2010 aufgrund der Euroschwäche sicher ein paar Franken mehr verdienen, aber wir haben absolut kein schlechtes Gewissen», sagt er. Denn die Anbieter hätten auf die Situation mit Mehrwert wie längeren Garantiezeiten oder gratis Serviceleistungen reagiert. Darauf verweist auch der grösste Importeur der Schweiz, die Amag. Konkrete Preissenkungen seien aber auch 2011 nicht in Sicht: «Die Fahrzeug-Basispreise verändern sich für 2011 nominal nicht», sagt Amag-Sprecher Dino Graf. «Die Listenpreise sind 2011 auf jeden Fall nicht höher», heisst es bei Auto-Schweiz diplomatisch.

Nicht gerade als Euroturbos präsentiert sich auch die Modebranche. Wer etwa beim spani-schen Label Zara einkauft, muss in der Schweiz tief in die Tasche greifen. So wird bei Zara Zürich ein Mantel, der mit 129 Euro angeschrieben ist, für 199 Schweizer Franken verkauft – ein Umrechnungskurs von über 1.50 Franken. Bei den Printmedien ein ähnliches Bild. Eine «Bunte», die in Deutschland für 3 Euro zu haben ist, kostet hierzulande 5.90 Franken.

Doch es gibt auch Lichtblicke: Die Schweizer Reiseveranstalter etwa lassen die Preise für Ferien in Euroländern im Sommer 2011 um 15 bis 20 Prozent purzeln. Die Günstigmarke der deutschen Tui, 1-2-Fly, rechnet ihre Preise für die Schweiz zu attraktiven 1.29 Franken um. Auch der Detailhandel hat reagiert: Coop etwa lancierte 2010 mehrere Preissenkungsrunden aufgrund der Euroschwäche. Insgesamt wurden bei gut 400 Produkten die Preise um durchschnittlich zehn Prozent nach unten korrigiert.