Die bisher vollzogenen Schritte zur Liberalisierung des Postmarktes in der Schweiz sind noch ungenügend und bleiben teilweise weit hinter den Entwicklungen im übrigen Europa zurück – trotzdem haben die zaghaften, vornehmlich bei den Paketen erfolgten Liberalisierungsschritte die Erwartungen von Kunden und Markt zu einem grossen Teil erfüllt: Flexiblere Angebote decken die Kundenbedürfnisse besser ab, die Abläufe sind einfacher und die Dienstleistungen effizienter geworden – und das alles zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis.
Es ist an sich unbestritten, dass eine Liberalisierung im Interesse der Kunden ist und dass durch Liberalisierung bei entsprechenden Rahmenbedingungen der Markt dynamischer wird und innovativere Dienstleistungen hervorbringt. Bestes Beispiel dafür ist die 2004 erfolgte Liberalisierung der Paketpost. Sie hat den Kunden neue Produkte und Dienstleistungen wie Abholdienst, Sendungsverfolgung oder individuelle und flexible Zustellformen gebracht. Die Aufgabemöglichkeit von internationalen Express-Sendungen für Private an Bahnhöfen oder Import mit DHL Schweiz als Partner für die weltweite Kontrolle über Abholung, Transport und Verzollung einer Sendung – solche Dienstleistungen würden ohne Wettbewerb auch heute noch nicht existieren.Dabei profitieren die Kunden trotz des grösseren Angebots von einem deutlich besseren Preis-Leistungs-Verhältnis. Um gegen die Post bestehen zu können, mussten die privaten Postdienstleister in erster Linie effizientere Dienstleistungen anbieten. Das bedeutet automatisch optimierte Fahrten, kürzere Umschlagzeiten und weniger Papierlösungen, und als Folge davon eine umweltschonendere Produktion. DHL Express Schweiz verfolgt auch seit Jahren ein umweltfreundliches Transportkonzept.
3000 neue Stellen
Nicht nur Umwelt und Kunden, auch die Schweizer Volkswirtschaft als Ganzes hat von der Liberalisierung des Postmarktes profitiert: Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur- und Kommunikationsdienste (WIK) haben die privaten Postdienstleister seit April 2004 mehr als 3000 neue Stellen geschaffen. Für die Arbeitnehmer heisst das: Neue, moderne Logistikberufe dank der Freiheit, unter mehreren Arbeitgebern wählen zu können, eine Erhöhung des eigenen «Marktwertes» sowie mehr Entwicklungsmöglichkeiten, vor allem auch auf internationaler Ebene. Der offene Markt bringt aber auch neue Lehrstellen hervor. So bildet DHL Schweiz derzeit jährlich 80 Lehrlinge in verschiedenen Berufen aus und bietet eine fundierte Aus- und Weiterbildung an.Tatsächlich hat sich keine der Befürchtungen der Liberalisierungsgegner bewahrheitet: Weder kam es zu Lohndumping – zahlreiche Firmen haben bereits einen GAV, DHL Schweiz bezahlt höhere als die branchenüblichen Mindestlöhne – noch gefährden die privaten Paketdienste den Service public – die flächendeckende schweizweite Versorgung mit Paketdienstleistungen. Das Gegenteil ist der Fall: Die privaten Logistikunternehmen wie DHL bieten ihre Leistungen schweizweit zu einheitlichen und transparenten Bedingungen an. Die Postleistungen sind für Firmen- wie auch für Privatkunden attraktiver geworden und haben so die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schweiz gestärkt.
Ungleich lange Spiesse
Trotz der Liberalisierung des Paketpostmarktes stehen nicht allen Postdienstleistern gleich lange Spiesse zur Verfügung. So gilt beispielsweise das Nacht- und Sonntagsfahrverbot für Private, nicht aber für die Post. Pakete der privaten Kurier- und Paketfirmen werden also zwangsläufig später ausgeliefert. Auch bei der Postverzollung (für postalische Pakete gelten günstigere Sonderbestimmungen) oder bei der Strassenverkehrssteuer (für die Post zu einem reduzierten Tarif, für die Privaten nicht) wird der Wettbewerb verzerrt. Zudem ist jeder private Anbieter konzessionspflichtig – nicht aber die privaten Tochtergesellschaften der Post. Dies sind eklatante Ungleichbehandlungen, hier ist dringender Handlungsbedarf angesagt.Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine weitere Liberalisierung des Postmarktes in der Schweiz notwendig und sinnvoll ist. Weder eine spezielle Unterstellung von Postdienstleistern unter den Post-GAV noch eine langfristige Aufrechterhaltung des Postmonopols ist angebracht. Da die Teilnehmer am KEP-Markt bezüglich der Einhaltung von Arbeitsbedingungen und zahlreichen anderen Auflagen gleich von zwei Behörden (dem Preisüberwacher und dem Postregulator) überwacht werden, ist genügend Sicherheit gewährleistet, damit der Abbau solcher Monopol-Überreste gesetzeskonform vorgenommen werden kann.
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Martin Müller-Duysing, Managing Director DHL Express (Schweiz) AG, Basel.