Er ist ein Mann der sanften Töne, Johann Schneider-Ammann. Doch kommt die Rede auf das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), wird der Unternehmer, Präsident von Swissmem und FDP-Nationalrat, laut. «Das Seco braucht endlich Führung», fordert er: «Und zwar knallharte Führung!»

Die Forderung, mit der Schneider-Ammann nicht allein ist, weist auf das Kernproblem in dem für die Schweizer Wirtschaftspolitik zentralen Seco hin: Die eklatante Führungsschwäche des seit 1999 amtierenden Chefs, Staatssekretär David Syz.

Dem Quereinsteiger Syz war es nie gelungen, dem aus dem Bundesamt für Aussenwirtschaft (Bawi) und dem Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (früher Biga) fusionierten Seco seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Die höchst unterschiedlichen Biga- und Bawi-Mentalitäten wurden nie zu einer eigenen Seco-Kultur zusammengeschweisst.

Das lag sowohl an Syz selber als auch an den untauglichen Seco-Strukturen mit seinen 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in zwölf Bereichen, was Couchepin-Nachfolger Joseph Deiss schon kurz nach seinem Amtsantritt als EVD-Chef zum Handeln veranlasste. Vor den Sommerferien einigte er sich mit Syz darauf, dass dieser im Frühjahr 2004 zurücktreten werde.

Damit geriet das Kandidatenkarussell für einen der wichtigsten Chefposten der Bundesverwaltung in Bewegung. Gemäss Recherchen der «HandelsZeitung» befinden sich derzeit darauf:

-Rudolf Ramsauer (51), Vorsitzender der Geschäftsleitung von Economiesuisse, früher Botschafter im Bawi,

-Rolf M. Jeker (57), Senior Executive Vice President bei der SGS, Präsident von SwissCham und früher Botschafter und stv. Direktor des Bawi,

-Jean-Daniel Gerber (57), Direktor des Bundesamts für Flüchtlinge, und

-Walter Thurnherr (40), EVD-Generalsekretär.

Als weitere Namen werden genannt der St. Galler CVP-Ständerat und Wirtschaftsexperte Eugen David sowie der frühere CVP-Generalsekretär und heutige Leiter des Schweizer Konsulats in New York, Raymond Loretan.

Wen auch immer Wirtschaftsminister Deiss zum «Mister Schweizer Wirtschaft» ernennen wird, er wird keinen leichten Einstieg haben. Denn er muss nicht nur sofort das bestehende Führungsvakuum beheben, sondern sich gleichzeitig in den neuen Strukturen zurechtfinden, die seit dem 1. Oktober in Kraft sind. Deiss, dem der schwerfällige Seco-Apparat schon lange ein Dorn im Auge war, hatte Syz noch die Aufgabe anvertraut, zusammen mit EVD-Generalsekretär Thurnherr eine Restrukturierung des Staatssekretariats in die Wege zu leiten. «Ein Fehler», meint Nationalrat Schneider-Ammann: «Eigentlich wäre es Sache eines neuen Chefs gewesen, die Reorganisation durchzuführen und dann auch umzusetzen.» Den Reformern hatte Deiss einen klaren Auftrag mitgegeben: Übersichtliche Strukturen, klarere Zuständigkeiten, Aufwertung der beiden Bereiche Aussenwirtschaft und Arbeit. Schliesslich sollte das Seco «sein Profil als Standortförderer stärken und, insbesondere gegenüber den KMU, vermehrt als Anbieter von Dienstleistungen auftreten».

Ein erster Blick auf die am 1. Oktober in Kraft getretenen neuen Strukturen könnte zur Annahme verleiten, dass Syz und Thurnherr ihren Auftrag wunschgemäss erfüllt haben: Statt einem Dutzend Leistungsbereiche und einer ebenso grossen Geschäftsleitung umfasst das neue Seco künftig nur noch vier Direktionen, nämlich die Direktion für Aussenwirtschaft, für Arbeit, für Standortförderung und für Wirtschaftspolitik.

«Die neuen Strukturen sind klarer», lobt Ständerat David. SVP-Nationalrat und Unternehmer Peter Spuhler glaubt, dass sich mit den neuen Strukturen die Aufgaben besser erfüllen lassen.

*Harte Kritik*

Unzufriedenheit herrscht jedoch bei SP-Wirtschaftsexperte und Nationalrat Rudolf Strahm, der zwar den Willen zur Vereinfachung erkennt, Wirtschaftsminister Deiss aber den Vorwurf macht, zwei von vier Direktorenposten mit Leuten zu besetzen, «die überhaupt keine praktische Wirtschaftserfahrung haben». Gemeint sind damit Eric Scheidegger (Standortförderung) und Aymo Brunetti, dessen Bereich Wirtschaftspolitik für Strahm als Stabsabteilung, nicht aber als Direktion eingestuft werden müsste: «Wer Wirtschaftsanalysen erstellt, leistet Stabsarbeit, handelt aber nicht operativ.» Mit dieser Kritik ist der SP-Mann nicht allein. SVP-Politiker Spuhler teilt sie, in Wirtschaftskreisen und Seco-intern ist sie ebenfalls zu hören.

Im Seco gibt es zudem Stimmen, die meinen, die neue Struktur berücksichtige die dringend nötige horizontale Vernetzung im Bereich der Aussenwirtschaft viel zu wenig. Der prominenteste Kritiker, Botschafter Marino Baldi, «Vater» des neuen Kartellgesetzes und Mitglied der Wettbewerbskommission, hat die Konsequenzen gezogen und nach 30 Jahren in Bundesdiensten seine Kündigung eingereicht.

Wer macht nun das Rennen um die Syz-Nachfolge? Bundesrat Deiss will einen Aussenwirtschafter. Dies würde auf Ramsauer, Jeker und Gerber zutreffen. Thurnherr hat einen anderen Trumpf: Deiss schätzt seine Führungsqualitäten.

Kuno Hämisegger von der Bankiervereinigung hofft, «dass der Neue dem Namen ?Seco? endlich wieder jenen Klang verleiht, den das frühere Bawi einmal hatte». Damit spricht er einen Wunsch aus, den in der Wandelhalle, in Wirtschaftskreisen und im Seco selber viele haben. Das alte «Kronamt» (Franz Blankart) lebt halt immer noch.

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