Es ist das teuerste Medikament der Welt und sorgte im Frühjahr für Schlagzeilen: Der Basler Pharmakonzern Novartis will für die Therapie mit dem Markennamen Zolgensma rund 2,1 Millionen Dollar verlangen – pro Einzeldosis. Damit könnte Novartis dereinst ein jährlicher Umsatz von fast 3 Milliarden Dollar erzielen.

Seit Ende Mai darf das Medikament in den USA zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA) bei Säuglingen und Kleinkindern eingesetzt werden. Doch nun steht Novartis Ärger ins Haus. Die US-Gesundheitsbehörde FDA wirft Novartis das Verschweigen manipulierter Testdaten vor der Zulassung von Zolgensma vor.

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Erst nach der Zulassung offengelegt

Die FDA will wissen, warum Novartis die manipulierten Daten erst Ende Juni und damit nach der Zulassung am 24. Mai offengelegt hatte. Die FDA will den Fall untersuchen und zieht strafrechtliche oder zivilrechtliche Sanktionen in Betracht.

Damit steht Novartis in den USA, im wichtigsten Pharmamarkt der Welt, schon wieder negativ in den Schlagzeilen. «Seit vielen Jahren leidet der Ruf von Novartis unter diversen Compliance-Problemen», schreibt Stefan Schneider, Analyst bei der Bank Vontobel, in einem Kommentar. Er erwähnt den Fall Cohen oder die Vorwürfe wegen Kickback-Zahlungen und Bestechung in mehreren Ländern. 

Novartis hatte letztes Jahr bekanntgegeben, dass die Firma 1,2 Millionen Dollar an ein Beratungsunternehmen gezahlt habe, das von US-Präsident Donald Trumps persönlichem Anwalt Michael Cohen geleitet wurde. Diese Zahlung wurde später von Novartis-CEO Vas Narasimhan als Fehler bezeichnet. Der Skandal hatte auch personelle Konsequenzen auf oberster Management-Ebene. Novartis-Chefjurist Felix Ehrat nahm seinen Hut.

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Es ist das erklärte Ziel von Narasimhan, seit 14 Jahren bei Novartis und seit Februar 2018 Firmenchef, beim Pharmakonzern die Firmenkultur zu ändern. Nach dem Cohen-Skandal hielt er laut Bloomberg eine Telefonkonferenz mit 5000 seiner Top-Manager ab. Die Message: Novartis muss das Vertrauen der Öffentlichkeit wiedergewinnen. Dazu gehöre auch die Art und Weise zu überdenken, wie das Unternehmen Geschäfte mit Beratungsfirmen, Lobbyisten und anderen Geschäftsgruppen tätigt.

Aktie erholt sich rasch

Die FDA-Untersuchungen sind für Narasimhan ein Rückschlag: «Der Fall Zolgensma zeigt, wie schwer es doch ist, die Kultur bei Novartis zu verändern – auch wenn der neue CEO dies zur Priorität gemacht hat, als er Anfang 2018 den Posten übernahm», schreibt Analyst Schneider von der Bank Vontobel weiter.

Beim Fall Zolgensma erwartet er eher ein Reputationsproblem als direkte Auswirkungen auf den Umsatz. Analysten von Goldman Sachs sind etwas vorsichtiger. Es sei noch nicht klar, welchen kommerziellen oder auch regulatorischen Effekt der Fall haben werde. 

Auch die Investoren sind skeptisch: Die Aktie von Novartis sank am Mittwoch an der Schweizer Börse bis zu 3 Prozent, sie erholten sich aber im Lauf des Handels. Der Titel hat in den letzten zwölf Monaten 21 Prozent zugelegt.

Daniel Hügli
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