Die Liaison zwischen Genf und Serono geht nach 35 Jahren zu Ende. Der deutsche Chemiekonzern Merck – er hatte Serono 2006 für 16 Milliarden gekauft – schliesst den Genfer Sitz aus Kostengründen. 580 Stellen werden gestrichen, 620 ins Ausland verlagert. Es ist die grösste Entlassung der Kantonsgeschichte.

Heissblütig war die Liebe aber längst nicht mehr. Die Kaufsumme sei zu hoch, hiess es schon damals. Merck bezahlte fast das Sechsfache des Umsatzes. Seronos Pipeline galt als dünn. Die Umsätze des Blockbusters Rebif waren bereits vor fünf Jahren rückläufig, der potenzielle Nachfolger Cladribin floppte. Angesprochen auf die mögliche Schliessung des Genfer Sitzes, sagte Ernesto Bertarelli 2007: «Merck hat versprochen, den Welthauptsitz für Biotechprodukte in Genf zu belassen.» Eine Klausel bestand nicht.

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Familiensache. Der Genfer Regierungspräsident Pierre-François Unger ist erstaunt. «Wir haben mehrmals gefragt, wie es um die mangelnde Diversität der Forschung bei Merck Serono in Genf stehe. Die offizielle Antwort war immer, dass bald ein neues Molekül lanciert würde, das jenem des Blockbuster-Medikaments Rebif gleiche», sagte er kürzlich im Magazin «L’Hebdo». Selbst Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann schaltete sich ein. Es falle ihm schwer, diesen Entscheid hinnehmen zu müssen.

Der Name Bertarelli tauchte in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erstmals im Zusammenhang mit Serono auf. Pietro Bertarelli diente sich zum Generaldirektor hoch. 1965 gab er die Leitung an Fabio, Ernestos Vater, ab. Beim Verkauf hielt die Familie Bertarelli rund 66 Prozent des Kapitals und 76 Prozent der Stimmen. Wie die Familie Anfang der siebziger Jahre zu ihrem Anteil kam, ist nicht genau geklärt. Klar ist bloss, dass die Anteile der katholischen Kirche – sie hatte sich 1952 an Serono beteiligt – an die Bertarellis übergingen. Erst 1977, sieben Jahrzehnte nach der Firmengründung in Turin, verlegte Serono den Hauptsitz von Rom nach Genf. 19 Jahre später übernahm Ernesto die Konzernspitze, weitere zehn Jahre später folgte der Verkauf.