Fast 45% der Ehen werden in der Schweiz im Laufe der Jahre wieder geschieden. Nebst den Auswirkungen im persönlichen Umfeld bringt eine Scheidung meist wesentliche finanzielle Konsequenzen mit sich. Innerhalb der güterrechtlichen Auseinandersetzung werden auch die Vorsorgeguthaben aufgeteilt. Worauf gilt es bei AHV, beruflicher und privater Vorsorge zu achten?
Aufteilung in der 1. Säule
Für die Berechnung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrenten geschiedener Personen werden die AHV-pflichtigen Einkommen, welche die beiden Ehegatten während der Ehejahre erzielt haben, aufgeteilt und jedem zur Hälfte angerechnet (Splitting). Es empfiehlt sich, gleich nach der Scheidung bei der zuständigen AHV-Ausgleichskasse die Aufteilung zu beantragen und bereits frühzeitig die Ansprüche aus der 1. Säule abzuklären.
Klarheit zu schaffen gilt es auch, wem die so genannten Erziehungsgutschriften nach der Scheidung zugesprochen werden. Die AHV rechnet Versicherten mit Kindern unter 16 Jahren eine Gutschrift im Umfang von jährlich 38700 Fr. (Stand 2006) zum Einkommen. Während der Ehe wird der Betrag den beiden Ehegatten je hälftig gutgeschrieben. Nach der Scheidung wird die Gutschrift dem Inhaber des Sorgerechts angerechnet. Bei gemeinsamem Sorgerecht wird die Erziehungsgutschrift hälftig aufgeteilt. Die Eltern können aber auch schriftlich vereinbaren, dass nur ein Elternteil die ganze Gutschrift erhält.
Alimente zählen nicht zum AHV-pflichtigen Einkommen. Falls ein Ex-Partner kein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt, hat er Nichterwerbstätigenbeiträge zu leisten. Diese berechnen sich nach dem Gesamteinkommen und -vermögen gemäss Steuererklärung und bewegen sich in einer Spanne von mindestens 425 Fr. bis maximal 10100 Fr. pro Jahr.
Auch 2. Säule wird geteilt
Das seit dem 1. Januar 2000 gültige Scheidungsrecht schreibt vor, dass die während der Ehe erworbenen Guthaben der 2. Säule je hälftig aufgeteilt werden. Die Guthaben umfassen sowohl den obligatorischen als auch den überobligatorischen Teil der Pensionskassengelder sowie Freizügigkeitsguthaben. Die Teilung der beruflichen Vorsorgeersparnisse erfolgt unabhängig vom Güterstand der Ehegatten, also auch bei Gütertrennung.
Für die Berechnung der Anteile bzw. Ausgleichssummen der beiden Ehegatten muss die zu teilende Austrittsleistung ermittelt werden. Dazu wird bei beiden Ehegatten die Differenz zwischen dem bei Eheschliessung vorhandenen Kapital zuzüglich der während der Ehedauer aufgelaufenen Zinsen und dem Altersguthaben bei Scheidungsdatum ermittelt.
Falls während der Ehe Einkäufe in die Pensionskasse getätigt wurden, wird unterschieden, ob diese aus Errungenschaft, also aus während der Ehe erarbeiteten Vermögenswerten, oder aus Eigengut finanziert wurden. Einkäufe aus Errungenschaft werden aufgeteilt, solche aus Eigengut gehen an den entsprechenden Partner zurück.
Von dem so ermittelten, bereinigten Vorsorgeguthaben während der Ehedauer steht dann beiden Ehegatten je die Hälfte zu. Der ausgleichspflichtige Betrag muss innerhalb der 2. Säule gebunden bleiben, d. h. er muss in eine Pensionskasse oder auf ein Freizügigkonto oder eine Freizügigkeitspolice überwiesen werden. Es gibt aber Situationen, in denen eine Teilung des Guthabens nicht möglich ist. Wenn etwa für Wohneigentum ein Vorbezug oder infolge Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit bereits eine Barauszahlung getätigt wurde, ist auch eine angemessene Entschädigung mit anderen Vermögenswerten denkbar.
Der Ausgleich an den geschiedenen Ehegatten führt spätestens bei der Pensionierung zu einer Reduktion der Rente. Meist werden auch Invaliden- und Todesfallleistungen gekürzt. Die Einbusse bei der Vorsorge kann erheblich sein, vor allem wenn während der Ehedauer nur ein Ehegatte in der 2. Säule versichert war.
Der Versicherte kann sich aber im Umfang des Fehlbetrags in seine ursprünglichen Pensionskassenleistungen wieder einkaufen. Diese freiwilligen Einlagen sind vollumfänglich steuerlich abzugsfähig. Dies spricht für eine Ausgleichszahlung aus der 2. Säule anstelle einer Abfindung mit freien Vermögenswerten. Wer im Rahmen der Wohneigentumsförderung Vorsorgegelder bezogen hat, muss diese jedoch vor einem Wiedereinkauf als Erstes zurückbezahlen.
Es besteht selbstverständlich auch die Möglichkeit, die entstandenen Lücken in der freien Vorsorge zu schliessen.
Auch im Rahmen der 2. Säule erhält der ehemalige Ehepartner unter gewissen Bedingungen eine Witwen- bzw. Witwerrente. Diese kann jedoch im Gegensatz zu Leistungen aus der 1. Säule gekürzt oder gestrichen werden, sofern sie zusammen mit den Zahlungen der AHV oder IV den Anspruch aus dem Scheidungsurteil übersteigt.
3. Säule: Entscheidend ist der Güterstand
Im Falle einer Scheidung muss auch die dritte Säule geteilt werden. Die Aufteilung erfolgt im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung, also abhängig vom Güterstand der Ehegatten. Im ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung wird das während der Ehe erworbene Guthaben hälftig geteilt. Wenn die Ehegatten einen anderen Güterstand vereinbart haben, so findet die Auseinandersetzung gemäss den ehevertraglichen Bestimmungen statt.
Bei Guthaben der Säule 3a kann der Ausgleich je nach Wunsch der Ehegatten entweder wiederum als gebundene Vorsorge oder durch andere vereinbarte Vermögenswerte erfolgen. Im ersten Fall werden die Vorsorgegelder ohne Steuerfolgen auf ein Säule-3a-Konto oder eine Säule-3a-Police übertragen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass bei Auszahlung der Säule-3a-Gelder Kapitalleistungssteuern zu entrichten sind. Bei einem Ausgleich mit freiem Vermögen muss dieser Steuerbetrag entsprechend abgezogen werden.
Der ausgleichspflichtige Partner kann, im Gegensatz zur 2. Säule, die entstandene Lücke später nicht durch zusätzliche Einzahlungen schliessen. Bei der Säule 3b ist eine Übertragung auf Versicherungen des Ehegatten unüblich.
Im Einzelfall ist genau abzuklären, welche Lösung speziell hinsichtlich der 2. und 3. Säule zweckmässig ist. Insbesondere wenn noch unterstützungspflichtige Kinder da sind, lohnt sich eine umfassende Finanzplanung, bevor die Teilung der Vorsorgegelder geregelt wird.
Claudia Kosarnig und Anita Obrist, Finanzplanung und Vorsorge, Zürcher Kantonalbank, Zürich.