Seit August 1997 haben begabte Nachwuchssportler am Schweizerischen Sport-Gymnasium Davos die Möglichkeit, ihre Karriere zu forcieren und gleichzeitig das Wirtschaftsgymnasium oder die Handelsmittelschule abzuschliessen. Das Grundprinzip ist einfach: Der Schulstoff wird auf ein zusätzliches Jahr verteilt, was es erlaubt, die Nachmittage für das Training zu reservieren. Zudem können die jungen Sportler sowohl Stoff als auch Prüfungen vor- oder nachholen, der Unterricht wird also den sportspezifischen Terminen angepasst. «Für Wettkämpfe gibt es stets frei, sofern die schulischen Leistungen genügend sind und die Einstellung zum Sport stimmt», sagt Rektor Urs Winkler.

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Am Geld soll es nicht liegen eine Stiftung hilft

Ein Absolvent des Davoser Sport-Gymnasiums verursacht jährlich Kosten von rund 30000 Fr. Für Schüler aus den 17 Kantonen, mit denen das SSGD ein Abkommen hat, beträgt das Schulgeld inklusive Vollpension im Internat 13460 Fr. Für Kandidaten aus anderen Kantonen wird eine individuelle Lösung gesucht, wobei es eine interne Stiftung ermöglicht, das Schulgeld den Verhältnissen des Jungtalents anzupassen.

111 Athletinnen und Athleten absolvieren derzeit das SSGD, wobei sich die meisten in den klassischen Wintersportarten Ski alpin, Langlauf, Snowboard und Eishockey engagieren. Aber es hat auch zwei Golferinnen und sechs Golfer, alles Mitglieder des National- oder eines Regionalkaders, die von der ausgezeichneten Infrastruktur und Betreuung im Wintersportort profitieren. «Wenn wir zu einer Sportart einmal Ja sagen, hat sie den gleichen Stellenwert wie die anderen auch», stellt Urs Winkler klar. Und Ja gesagt hat man zum Golfsport am SSGD von Anfang an.

Der Schweizerische Golfverband (ASG) anerkennt das SSGD als Talentschmiede. Golflehrer Stefan Gort, der den Gymnasiasten 50 Tage im Jahr zur Verfügung steht, wird von der ASG bezahlt. Gemäss Gort ist der Besuch des Sportgymnasiums für talentierte Golfer eine «gute Sache. Einerseits machen sie rascher Fortschritte, anderseits dient es der Persönlichkeitsentwicklung.» Auch Credit Suisse, Hautsponsor und Partner der ASG, hat vom ersten Tag an das Sportgymnasium als Partner unterstützt.

Ziel: Profikarriere und Stipendium für US-Aufenthalt

Stefan Gort, der Vizepräsident des Profi-Golfverbands Swiss PGA, äussert sich positiv über die Motivation der derzeitigen Absolventen. Alle wollen Profi werden oder zumindest ein Golfstipendium an einer Universität in den USA ergattern.

Gort ist überzeugt, dass sich die Davoser Gruppendynamik auch in der Individualsportart Golf positiv auf die Leistung auswirkt. Er versuche, den Teamgedanken zu fördern, sagt der Bündner und verweist auf das schwedische Motto «gemeinsam stark werden, allein erfolgreich sein».

Der einzige Nachteil ist für die Golftalente die kurze Saison in Davos (Ende Mai bis Mitte Oktober). Durch die Möglichkeit, in der Halle zu trainieren, und das Abkommen mit dem eine Fahrstunde entfernten Golfklub Domat/Ems, dessen Infrastruktur die Gymnasiasten kostenlos benützen können, wird er jedoch so gut wie möglich kompensiert. «Man kann immer etwas verbessern», stellt Stefan Gort fest, «aber die Bedingungen in Davos sind ausgezeichnet.»

Nachwuchsförderung

Weil die Zukunft gestern beginnt: Zeit und Mittel in junge, oft unbekannte Talente zu investieren bedeutet für einen Sponsor meist geringe Öffentlichkeitswirkung. Da die Erfolgschancen ungewiss und Sponsoringgelder deshalb schwierig zu rechtfertigen sind, ist Engagement im Nachwuchsbereich wenig populär. Zudem bedingt die Langfristigkeit, die erfolgreiche Nachwuchsarbeit erst möglich macht, eine dauerhafte Bindung zwischen Sponsor und Gesponserten. Die Credit Suisse hat vor Jahren entschieden, Nachwuchsförderung als einen der Schwerpunkte ihrer Sponsoring-Philosophie zu definieren. Die Bank unterstützt dabei im Nachwuchsbereich nicht nur Projekte des Schweizerischen Golfverbands (ASG) oder das Sportgymnasium Davos, sondern auch den Sporthilfe-Nachwuchspreis, die Soirée Romande, den Hochschulsportverband sowie das erfolgreiche und europaweit als beispielhaft geltende Nachwuchsförderungsprogramm des Schweizerischen Fussballverbands.

Fabienne In-Albon

Beste Amateurgolferin der Schweiz schwärmt von Davos und träumt von den USA

Fabienne In-Albon ist das golferische Aushängeschild des Sport-Gymnasiums Davos. Die besten Amateurgolferin der Schweiz liebäugelt mit einer Profikarriere auf der amerikanischen Ladies Tour.

Fabienne In-Albon lebt seit dreieinhalb Jahren im Internat in Davos. An der Kantonsschule Zug sei die Doppelbelastung mit Schule und Spitzensport fast unerträglich, der Wechsel ans Sport-Gymnasium für sie daher «eine geniale Lösung» gewesen, sagt sie heute. Die 18-Jährige schätzt neben der guten Infrastruktur die Atmosphäre unter lauter ambitionierten Athletinnen und Athleten. An einer normalen Schule werde man rasch als Exotin abgestempelt, wenn man wegen des Trainings auf den Ausgang verzichte, erzählt sie.

Im Landwassertal trainieren derzeit zwei Golferinnen und sechs Golfer. Dem Gruppenerlebnis gewinnt die Zugerin nur Positives ab: Sie könnten sich gegenseitig motivieren und gewisse Übungen zu Zweit machen. Trotz den guten Bedingungen und der tatkräftigen Unterstützung durch Lehrer und Trainer brauche es viel Selbstdisziplin, um das Programm zu bewältigen. An Selbstdisziplin mangelt es der begabten Nachwuchsspielerin bestimmt nicht. «Sie ist fantastisch organisiert und macht alles mit enormer Genauigkeit», lobt Trainer Stefan Gort. Fabienne In-Albon sei eine Perfektionistin durch und durch, «sie erinnert mich in vielem an Annika Sörenstam». Der Vergleich scheint etwas gar gewagt, aber Gort weiss, von was er spricht: Im Winter 1993/94 stand er der Schwedin, die seit Jahren das internationale Frauengolf dominiert, als Caddie zur Seite.

Das Leben am Sportgymnasium ist nicht immer ein Honiglecken. Manchmal habe sie das Gefühl, es wachse ihr alles über den Kopf, sagt In-Albon. In Phasen, in der sie Zweifel plagen und sie sich durchbeissen muss, hilft ihr jeweils der Gedanke an ihre Träume und Ziele. Zuoberst auf ihrer Zielpyramide stehe, auf der Ladies Tour in den USA zu spielen, berichtet die 18-Jährige, die 2004 in vier verschiedenen Sparten Schweizer-Meister-Titel einheimste und die Order of Merit (Jahreswertung) der Frauen gewann. Wahrscheinlich wird das Mitglied des GC Ennetsee (Kanton Zug) bereits im Sommer 2006 nach bestandener Maturitätsprüfung den Sprung über den grossen Teich wagen, jedenfalls liebäugelt die Innerschweizerin mit dem Plus-Handicap damit, an einer amerikanischen Universität zu studieren. «Ich möchte eine Ausbildung machen es ist mir wichtig, auch einen Plan B zu haben. Wahrscheinlich leide ich am Schweizer Syndrom», sagt sie mit viel Selbstironie.

Wenn In-Albon bezüglich Länge ihrer Schläge noch etwas zulegt, wird sie Plan B vielleicht gar nicht benötigen. Denn es fehlt ihr weder am Willen, noch am Talent, immerhin hat sie letztes Jahr an der inoffiziellen U-18-EM in Schottland Platz 2 und an der Orange Bowl in Miami (Junioren-WM) trotz missglückter Schlussrunde Rang 7 belegt.

Adrian Ruch