Wir stehen auf der Sonnenseite», erklärt Claude Benoit, Präsident des Verbands Schweizer Sportfachhandel (ASMAS), zur Branchenentwicklung. Vier Fünftel der Sportartikel werden heute über den eigentlichen Fachhandel verkauft. Der Rest des Marktes, dessen Umsatz 2002 1,9 Mrd Fr. (+3%) erreichte, findet über Grossverteiler und Warenhäuser sowie den Textil- und den Schuhhandel zum Kunden. Der Fachhandel hat damit seine Position verteidigen können.

Innerhalb des Fachhandel-Segments sind aber gewaltige Umwälzungen im Gange. Rund 150 Verkaufsstellen (+12%) sind innert fünf Jahren aus dem Boden geschossen. Hinter der Explosion stehen die drei Ketten Ochsner Sport, die zur Manor-Gruppe gehörende Athleticum und die Migros-Kette Sportxx. Vor zehn Jahren spielten sie noch keine Rolle, heute beanpruchen sie bereits einen Marktanteil von rund einem Viertel. Sie haben fast das gesamte Wachstum von 28% in diesem Zeitraum absorbiert. Ihr Hunger ist damit noch längst nicht gestillt. Alle drei Ketten expandieren weiterhin kräftig.

*Migros expandiert am aggressivsten*

Am aggressivsten gebärdet sich die Migros mit ihrer Sportxx-Kette. Sie will allein in diesem Jahr das Netz von 18 auf 31 Läden erweitern. Bis 2007 sollen 50 Filialen eröffnet sein. Etwas gemächlicher ist das Tempo von Branchenführer Ochsner Sport, einer Tochter der deutschen Deichmann-Gruppe. Laut Spartenleiter Patrice Dupasquier sind in diesem Jahr vier neue Ochsner-Läden geplant, womit insgesamt 57 Läden in Betrieb wären. «60 bis 70 Ochsner in der Schweiz erträgt es», schätzt Dupasquier.

Allerdings gibt es auch erste Anzeichen einer Sättigung. Die zu Manor gehörenden Athleticum-Fachmärkte steigerten zwar 2002 den Umsatz um stolze 13,2%. Doch dies war in erster Linie das Resultat einer Flächenexpansion von 20%. Jetzt ist eine Konsolidierungsphase angesagt. «Die Schweiz ist mit 15 Athleticum-Läden für den Moment gut abgedeckt, wir werden in diesem Jahr keine weiteren mehr eröffnen und streben jetzt ein inneres Wachstum an», sagt Athleticum-Chef Alfred Landolt.

Diese Entwicklung bei der Manor-Tochter mag ein Indiz sein, dass es auch bei den Grossen fortan nicht mehr im gleichen Tempo weitergehen wird. Trotzdem herrscht bei allen Beteiligten vorderhand ungetrübter Optimismus, der jetzt zusätzlich genährt wird durch die glänzenden Zahlen im ersten Quartal 2003. «Wir liegen um 15% über dem Budget», lässt Dupasquier für die Ochsner-Kette durchblicken.

*Lifestyle bringt zusätzliche Kunden*

Der Sportfachhandel behauptet sich also in der Konjunkturflaute weit besser als andere Sparten des Detailhandels. Die Gründe für diese komfortable Situation sind kein Geheimnis: Die Branche profitiert von den Freizeittrends zu mehr Bewegung, Gesundheit und Abenteuer. Darüber hinaus erweist sich die Sportbekleidungsindustrie als ungemein innovativ und kreativ. Auch Nichtsportler schätzen zusehends die verschiedenen Funktionstextilien. «Viele Konsumenten kaufen heute Sportbekleidung ganz einfach deshalb, weil sie bequem und modisch ist», glaubt Benoit. Ochsner peilt diese Modebewussten ganz spezifisch mit «Sportslab» an, einem neuen Shop-in-Shop-Konzept. Der Slogan hier: «Nicht schwitzen, sondern spazieren!»

«Der Lifestyle-Faktor verhilft uns zu zusätzlichem Wachstum», betont auch Landolt. Im schicken Fleece - etwa der Edelmarke Patagonia - scheint jeder schlaffe Bewegungsmuffel fit und abenteuerlich, auch wenn er weder als Bergsteiger noch als Wüstenwanderer eine Leistung vorzeigen kann. Der Sportfachhandel hilft kräftig mit, solche Imagefaktoren weiter anzukurbeln. Zusammen mit Tourismu-Veranstaltern lancieren Sportshops Events und Abenteuer - geschickte Vehikel, um zusätzliche Umsätze zu generieren.

«Der Sportartikelmarkt ist ungemein robust, und er dürfte sich auch in Zukunft kräftig weiterentwickeln», wagt Benoit eine Prognose, auch wenn im Moment ein ganz grosser Renner, wie etwa das Kickboard vor drei Jahren, fehlt.

*Intersport stagniert*

Nicht in diese Brancheneuphorie einstimmen möchte die Einkaufsorganisation Intersport, der 260 Fachhändler angeschlossen sind. Deren Marktanteil stagnierte im letzten Jahr bei 24% (456 Mio Fr.). Weiter rückblickend war er gar etwas rückläufig. Zwar liefen 2002 die Geschäfte in den in den Skiorten gelegenen Intersport-Shops mehrheitlich gut. Hart kämpfen mussten hingegen Intersport-Läden in den städtischen Agglomerationen. «Sie können weniger vom Umsatzrenner Wintersport profitieren und spüren am heftigsten die Konkurrenz der grossen Ketten», sagte dazu John Peter Strebel, der als CEO unterdessen seinen Abgang angekündigt hat. Hinzu kommt, dass Intersport mit der Einkaufsorganisation Fairplay, einer Tochter der deutschen Garant-Schuhgruppe, in den letzten Jahren ein neuer direkter Konkurrent das Terrain streitig macht. Diese beliefert bereits 90 Fachhändler, die Intersport lieber selber unter Vertrag hätte.

Zudem werden, das spüren alle Anbieter in der Branche, die Kunden immer preissensibler. Einerseits informieren sie sich im Internet, wo immer mehr Direktvertreiber bestimmte Marken und Artikel sehr günstig offerieren. Anderseits entdecken die Schweizer, dass sie Sportartikel auf der nächsten Auslandreise bequem billiger besorgen können.

Auch wenn die Outdoor- und Fitness-Bereiche kräftig boomen, rechnet Strebel für den gesamten Markt nicht mit einem kontinuierlichen Wachstum in den nächsten Jahren. «Wir müssen zufrieden sein, wenn wir unsere Umsätze halten können.» Die Branche lebe zudem mit einem grossen Unsicherheitsfaktor, der alle Prognosen - ob positiv oder negativ - schnell über den Haufen werfen könne: Das Wetter. Die Branche braucht nun mal Schnee im Winter und viel Sonne im Sommer. Der Beweis: Nach einem miserablen Januar erlebte die Sportartikelbranche in diesem Februar dank viel Schnee und Traumwetter in den Bergen einen völlig unerwarteten Rekordmonat.

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