CDs sind von gestern. Vinylplatten sowieso. Heute besorgen sich Musikliebhaber ihre Nahrung über digitale Kanäle im Internet. Vor allem Streaming-Dienste wie Spotify, Deezer oder Pandora boomen. Nutzer können die Songs einem Monatsabo direkt aus dem Netz anhören. Das Konzept hier heisst: nutzen statt besitzen.

Doch der Gegenwind für solche Streaming-Portale wird immer grösser – insbesondere gegen den Primus Spotify. Der neuste Hammerschlag für die Plattform kommt ausgerechnet von einem Superstar: Taylor Swift. Die US-Sängerin und siebenfache Grammy-Preisträgerin hat Anfang Woche alle ihre Werke und Eigenproduktionen bei Spotify sperren lassen. Auch ihr neustes Album «1989», das Ende Oktober erschien, können Spotify-Nutzer nicht mehr streamen.

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Wichtiges Zugpferd von Spotify

Dabei ist die 24-jährige Swift eines der grossen Zugpferde von Spotify. Die Single «Shake It Off» aus ihrem aktuellen Album gehört derzeit zu den meist gespielten Songs des Online-Dienstes. Swifts Boykott von Spotify ist nicht nur ein politisches Statement einer millionenschweren Musikerin. Zugleich ist es ein geschickter Business-Schachzug.

Denn Spotify-Nutzer, die Swifts neues Album hören wollen, sehen sich wohl oder übel gezwungen, es zu kaufen. Und damit verdient sich die Sängerin eine goldene Nase. Bereits am ersten Verkaufswochenende zeichnete sich in den USA ein Rekord ab. Laut Experten dürfte sich das Album in der ersten Woche gut 1,3 Millionen Mal über den Ladentisch gehen. Das wäre der beste Verkaufsstart seit 2002. Rechnet man zehn Dollar pro Album, kämen binnen weniger Tage Einnahmen von 13 Millionen Dollar zusammen.

Musiker klagen über wenig Einkommen

Genau hier liegt der Knackpunkt bei Spotify. Zwar ist der Online-Dienst für Nutzer ein Segen: In der Schweiz können Musikfans für 12,95 Franken im Monat unbeschränkt Songs hören. Die Bibliothek umfasst Millionen von Songs. Doch für Musiker ist der Anbieter ein Grauen. Denn: Mit Streaming verdienen sie offenbar so gut wie nichts. Das brachte in den vergangenen Monaten schon einige berühmte Vertreter der Zunft auf die Palme.

Im Netz liessen etwa Talking-Heads-Sänger David Byrne und Radiohead-Frontmann Thom Yorke ihrem Ärger über Spotify freien Lauf. Streaming würde Musiker arm machen, so der Vorwurf. Auch US-Legende Bette Midler twitterte jüngst: «Spotify und Pandora machen es für Songschreiber unmöglich, ihren Lebensunterhalt damit zu verdienen.» Ihre Songs seien zwar innert drei Monaten auf Pandora 4'175'149 Mal gestreamt worden. Dafür habe sie aber lediglich 114,11 Dollar erhalten.

Musikkonzerne verdienen den grossen Teil

Im Netz lassen sich viele Beispiele von Musikern finden, die ihre Abrechnungen von Spotify veröffentlicht haben. Das Bild ist stets das gleiche: Für das tausendfache Streamen eines Songs fällt jeweils bloss ein Dollar-Betrag im tiefen einstelligen Bereich an. Spotify selber konterte im vergangen Jahr die Kritik mit der Veröffentlichung der Vergütung für Rechteinhaber. So sollen im Schnitt 0,6 bis 0,86 US-Cent pro Abruf eines Songs bezahlt werden. Wenn ein Song eine Millionen angehört wird, fallen immerhin 6000 bis 8400 Dollar an.

Was Spotify nicht sagt: Nur ein Teil der Abgaben gehen in die Tasche des Künstlers. Der Rest streichen Musikkonzerne wie Sony, Universal oder Warner ein. Genaue Zahlen sind von den Musik-Multis nicht zu erfahren. Zudem hängt die Auszahlung an den Künstler von den Vertragsbedingungen ab, die bei jedem Musiker individuell sind. Es ist davon auszugehen, dass Superstars à la Taylor Swift oder die irische Rockband U2 weitaus bessere Verträge ausgehandelt haben als unbekanntere Künstler.

Grosse Abhängigkeit

Letztlich sind Spotify und Musiker voneinander abhängig. Streaming-Dienste boomen. Künstler können mit solchen Plattformen Massen an Zuhörern erreichen. Spotify zählt heute weltweit über 40 Millionen Nutzer in über 50 Ländern. Davon sind über 10 Millionen zahlende Abonnenten. Das macht sich auch hierzulande bemerkbar. Laut Ifpi Schweiz, dem Weltverband der Musikindustrie, erzielten die Musiklabel 2013 einen Gesamtumsatz von 92,3 Millionen Franken. Davon trugen Streaming-Dienste wie Spotify 7 Prozent bei. Damit hat sich der Umsatz gegenüber 2012 auf 6,3 Millionen Franken verfünffacht.

Dem stehen die CD-Verkäufe der Künstler gegenüber, die immer tiefer in den Keller fallen. Dennoch macht das CD-Geschäft in der Schweiz noch immer 58 Prozent des Gesamtumsatzes. Rückgänge muss auch der digitale Download verzeichnen, der im vergangenen Jahr um 11 Prozent auf 32,3 Millionen Franken gesunken ist. Damit bewegt sich dieses Segment zum ersten Mal seit Beginn der Messungen 2005 im Minus, schreibt die Ifpi.

Spotify fleht Taylor Swift an

Umgekehrt funktionieren Streaming-Dienste nur, wenn Künstler ihre Musik auf solchen Plattformen vertreiben. Auch Spotify braucht Stars wie Taylor Swift. Und auch deshalb hat der Online-Dienst die Sängerin inständig um einen Sinneswandel gebeten. Auf ihren Rückzug von Spotify liess die Firma in Anlehnung an einer ihrer Song-Texte verkünden: «Wir waren beide jung, als wir dich sahen, aber nun gibt es mehr als 40 Millionen von uns, die wollen, dass du bleibst, bleibst, bleibst. Das ist eine Liebesstory, Baby. Sag einfach Ja.»