Selbst den Beteiligten fehlt der Durchblick: Der Markt der Sprachschulen in der Schweiz zeichnet sich vor allem durch seine Unübersichtlichkeit aus. Die Branche hat sich weder in einem Verband noch in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen und kennt keine Qualitätsstandards oder Standardpreise.

Fokus auf die Wirtschaft

«Der Sprachenmarkt ist äusserst intransparent», sagt Mike Makosch, Leiter Sprachen der Klubschulen Migros. Nur vage Aussagen zur Gesamtentwicklung kann Heinrich Meister von den Bénédict-Schulen machen: «Ich denke, der Markt hat sich im Jahr 2005 positiv entwickelt, nachdem die beiden Jahre davor von Stagnation geprägt waren», schätzt Meister. Das Unternehmen führt Sprachschulen in der ganzen Schweiz und macht jährlich rund 12 Mio Fr. Umsatz im Sprachenbereich.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Im Gegensatz zum Branchenleader aber richten die Bénédict-Schulen ähnlich wie Anbieter in vergleichbarer Grösse wie Akad Language+Culture und The Berlitz Schools of Languages ihr Augemerk deutlich stärker auf die Wirtschaft. Im Visier haben sie dabei insbesondere Banken, Versicherungen, den IT-Bereich und die Industrie. Unternehmen also, in denen der Fremdsprachenbedarf wegen deren internationaler Tätigkeit hoch ist und die Branche damit rechnet, dass diese Arbeitgeber gezielt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren.

Nach eigenen Angaben sind bei Berlitz 50% Firmenkunden, bei Bénédict liegt der Anteil fachspezifischer Kurse ebenfalls bei 50%. 20% der Privatkunden werden bei Akad durch den Arbeitgeber finanziell unterstützt, zudem existiert das Angebot des internen Firmenunterrichtes.

Bessere Chancen im Markt

Die Migros Klubschulen hingegen verkaufen lediglich rund 10% der Kurse direkt an Firmen. Der Rest sind Einzelkunden, die oft Selbstzahler sind aber öfters vom Arbeitgeber mitfinanziert werden. Denn es gebe weniger Kunden, die «einfach so, also nur für den Privatgebrauch, eine Sprache lernen» wollten, dafür aber viel mehr, die sich mit erweiterten Sprachkenntnissen auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen ausrechneten. Sei es auf der Suche nach einem neuen Job oder um Karriere zu machen. Die Erwartungen der Sprachschüler haben sich folglich gewandelt, am deutlichsten wird dies auf dem nach wie vor stark umworbenen Englisch-Markt. So beobachtet Mike Makosch etwa eine Stagnation bei den Basiskursen, dafür aber eine immer grösser werdende Nachfrage nach fortgeschrittenen oder spezifischeren Kursen, wie «Business-Englisch». «Das Angebot wird spezifischer», sagt Lynn Strebel, Unternehmensleiterin von Akad Language+Culture, welche 60% des ganzen Umsatzes mit Englisch erzielt. Es werde immer mehr Fachvokabular wie etwa Verhandlungs- und Wirtschaftssprache verlangt.

Heinrich Meister von den Bénédict-Schulen prognostiziert: «Die Zahl der Grundkurse wird eher wegbrechen.» Auch weil immer mehr Erwachsene bereits über gewisse Englischkenntnisse verfügten. A. J. Meszaros, CEO von The Cambridge Institute, einem auf Englisch spezialisierten Anbieter, teilt diese Einschätzung nicht. Denn: «Die Kundschaft weitet sich auf die Immigranten aus. Somit entsteht ein verlagertes Potenzial beziehungsweise bleibt das Kundenpotenzial erhalten», ist Meszaros überzeugt.

Kaum Zeit für Hausaufgaben

Wie wird sich das Frühenglisch in den Volksschulen auf die Nachfrage auswirken? Er rechnet damit, dass diese «Massnahmen des Staates» frühestens in 15 Jahren spürbar werden. Doch auch dann könne man davon ausgehen, dass «nicht unbedingt wesentliche Veränderungen im Markt» bevorstünden, wie die Erfahrungen in Nachbarländern zeigten, hält Meszaros dagegen.

Er spricht dann aber eine Entwicklung in der Branche an, die sämtliche Anbieter unterschreiben würden: Gerade Businessleute bräuchten nicht nur auf sie zugeschnittene Programme, sondern auch immer mehr die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wann, wie lange und wie intensiv sie sich einem Lehrgang widmen möchten. Lynn Strebel: «Wir stellen fest, dass unsere Kundschaft zwar grosses Interesse, aber wenig Zeit hat.» Bei der Sprachschule inlingua stellt man ebenfalls fest, dass sich Berufstätige innert kürzester Zeit auf einen bestimmten Event vorbereiten wollen, wie eine Bewerbung bei einer Firma im Ausland.

Um den Erwartungen der Kunden heute und künftig gerecht zu werden, setzen die Anbieter vermehrt auf die Möglichkeiten des Internets. E-Learning ist ein Stichwort. Damit sollen insbesondere stark belastete Berufstätige angesprochen werden. Eine Umfrage der Sprachschule Akad Language+Culture hat ergeben, dass deren Kunden nicht mehr als eine Stunde pro Woche Zeit für die Hausaufgaben haben. Um den angestrebten Lernerfolg gleichwohl zu erzielen, setzen die Schulen daher auf ein möglichst flexibles Angebot. Der Kursteilnehmer hat die Wahl: Möchte er ein Selbstlernprogramm, eine Kombination von Präsenzunterricht und Online-Komponenten oder aber will er eine Sprache im virtuellen Klassenzimmer lernen. Dabei kann er sich unabhängig von seinem Aufenthaltsort in die entsprechende Website für die abgesprochenen Unterrichtsstunden einloggen. Neue Technologien machen es überdies möglich, dass der Sprachschüler, egal wo er gerade ist, Sprachtraining mit dem Handy machen kann. Wie sehr der E-Learning-Markt boomt, zeigt folgende Schätzung. Man geht davon aus, dass im Jahr 2006 weltweit ein Umsatz von rund 24 Mrd Dollar erzielt werden wird, das ist viermal mehr als 2002.

Begehrte Sprachen: Ostwärts

Bei der Rangliste der gefragtesten Sprachen steht Englisch auf Rang eins. Weiterhin gefragt sind Französisch und Italienisch, stark zugenommen haben Deutschkurse für Immigranten. Eine deutlich höhere Nachfrage registrieren Anbieter auch bei Sprachen wie Chinesisch, Japanisch oder Russisch und prognostizieren einen Boom.