Sie sind erst der siebte Schweizer, der in den 103 Jahren seit Bestehen der Tuck School dort ein MBA-Studium absolviert. Unter 4000 Bewerbern im vergangenen Jahr gehörten Sie zu den 240 Auserwählten. Und das ohne den obligatorischen Hochschulabschluss. Wie ist das möglich?

Stefan Mühlemann: Zwei Jahre vor der Matura hatte ich genug von der

Theorie. Ich entschied mich für eine Banklehre beim Schweizerischen

Bankverein, ging dann als Händler zu UBS Warburg, von da zur Liechtenstein Global Trust, wo ich zwei Jahre vor meinem US-Abenteuer für die Geschäftsleitung Projekte entwickelte.

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Dazwischen holte ich mir berufsbegleitend bei der GSBA in Zürich den

Bachelor of Arts und schloss als Bester von 120 Studierenden ab. Für die Tuck School war dieser Abschluss dann wohl doch ein Beweis für meinen akademischen Background.

Gleichzeitig zu Ihrer Banktätigkeit gründeten Sie den «Asian Food Express» und lieferten mit geleasten Autos asiatische Küche in Häuser und Büros. Was wollten Sie sich damit beweisen?

Mühlemann: Ich stand 200 «Pfadfindern» vor und bewegte mich

gleichzeitig an verschiedenen Wohnsitzen. Wie ich das damals geschafft habe, weiss ich heute nicht mehr. Offenbar hat es die Verantwortlichen von der Tuck School so beeindruckt, dass sie mich aufgenommen haben. Denn ohne Hochschulabschluss muss man, um bei Tuck zu studieren, beruflich etwas Besonderes geleistet haben.

Warum haben Sie sich für eine amerikanische Business-Schule und nicht für eine europäische entschieden?

Mühlemann: Das internationale Programm lockte mich, und daher stand

von Anfang an fest, dass nur eine der Top-Schulen in den USA oder England in Frage kam. Mir war wichtig, dass die Programme auch den asiatischen und nicht nur den europäischen Markt umfassen. Ich habe mich an fünf Schulen beworben und mir Monate Zeit für meine Bewerbungsdossiers genommen. Dann habe ich jede Schule einzeln besucht. Offenbar hat sich das gelohnt - und dann spielt natürlich auch das Glück eine grosse Rolle.

Was unterscheidet die US-amerikanischen MBA-Studenten von den

Europäern?

Mühlemann: Amerikanische Studenten sind vielleicht noch immer davon

überzeugt, dass die Welt von den USA lernen soll und man dem Rest der Welt überlegen ist. Manche Amerikaner tun sich etwas schwer mit Nicht-Amerikanern. Und das steht nun wirklich im Gegensatz zur angepriesenen Internationalität der Schule. Aus dem Ausland stammen nur rund 15 bis 20% der Studierenden. Rund ein Drittel sind Frauen.

Amerikaner sprechen meistens ausschliesslich Amerikanisch, auch wenn sie geschäftlich viel unterwegs sind. Die Europäer sind es gewohnt, mindestens zwei bis drei Sprachen zu können. Im Gegensatz zu europäischen Managerschulen internationaler Ausrichtung empfindet man das in den USA jedoch nicht als Mangel, denn schliesslich spricht jeder Amerikanisch.

Sie begeben sich für ein paar Wochen nach Deutschland, bevor Sie in London ein weiteres Semester absolvieren. In Ulm werden Sie ein internationales Logistik-Projekt eines weltweit tätigen Vermieters von Baumaterialien analysieren. Wie kam es dazu?

Mühlemann: Der Sohn des Konzernchefs ist ein Tuck-Alumnus und hat

mich für die Idee begeistert. Übrigens ist die Tuck-Alumni-Organisation der Schlüssel zu vielen hervorragenden Kontakten. Das Logistik-Projekt ist für mich absolut fremd und herausfordernd. Inzwischen habe ich aber das Selbstvertrauen, jedes Projekt anzupacken. Problemfälle sanieren,

Arbeitsplätze retten, das könnte mal eine grosse Befriedigung für mich werden. Ich lasse mich gerne darauf ein.

Zur Person

Stefan Mühlemann wurde am 12. Juni 1972 in Basel geboren. Er verliess die Schule vor der Matura, machte eine Banklehre und wurde Händler bei der UBS Warburg. Danach Projektleiter bei Liechtenstein Global Trust. In dieser Zeit erlangte er den Bachelor of Arts bei der GSBA Zürich-Horgen. Herbst 2002 Beginn des MBA-Studiums im Dartmouth College in Hanover.