Handelszeitung Online: Welche Gedanken gingen Ihnen spontan durch den Kopf, als Sie von der Steuer-Razzia bei CS-Kunden erfahren haben?
Dimitri Santoro: Die Äusserungen des vormaligen schweizerischen Preisüberwachers Rudolf Strahm, der bereits anfangs 2010 voraussagte, dass diese Produkte - obwohl rechtlich zulässig - in einigen Jahren zu «politischen Problemen» führen werden.

Handelte die Bank aus heutiger Sicht zu naiv, indem sie Finanzprodukten einen vermeintlich steuerbefreiten Versicherungsmantel überzog?
Nachdem sich seit 2008/09 der internationale Druck auf die Finanzzentren zur Bekämpfung und Stopfung von Steuerschlupflöchern erhöht hatte, war erkennbar, dass grundsätzlich jede Art der Strukturierung zu Steueroptimierungszwecken geeignet war, den Argwohn ausländischer Steuerbehörden auf sich zu ziehen.

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Also eigentlich kein überraschend neuer Aspekt?
Nein. In diesem Zusammenhang wurden Insurance Wrapper denn auch seit längerem immer wieder thematisiert. Wie gross diese Risiken mit Versicherungsmänteln effektiv waren oder sind, hängt von der Ausgestaltung der Lösungen im Einzelfall ab. Der Anbieter einer solchen Lösung hätte aber wohl in jedem Falle auf den Bestand entsprechender Risiken hinweisen müssen.

Wie ist der Fall – mit der jetzigen Faktenlage - aus juristischer Sicht zu beurteilen?
Über die rechtliche Ausgestaltung und die Beratung im Zusammenhang mit diesen Produkten haben wir bislang keine Kenntnisse. Im Einzelfall könnte sich jedoch durchaus die Frage nach der Verantwortung - und einer allfälligen Haftung - auf Anbieterseite stellen.

Deutsche Steuerhinterzieher, Schweizer Grossbank: Inwieweit ist aus Ihrer Sicht damit das hängige Steuerabkommen zwischen den beiden Ländern zusätzlich gefährdet?
Ein direkter Zusammenhang zwischen Asset-Wrapper-Problematik und dem Steurabkommen dürfte nicht bestehen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die jüngsten Ereignisse den Stimmen, die eine schärfere Gangart in Sachen Steuerhinterziehung fordern, Auftrieb verschaffen wird.

Welche Erfahrungen haben Sie aus juristischer Sicht bisher mit sogenannten Asset-Wrapper gemacht?
In der Schweiz waren die Asset-Wrapper auf der rechtlichen und regulatorischen Ebene bislang vor allem im Zusammenhang mit der Umsetzung der Geldwäschereigesetzgebung und den entsprechenden Abklärungspflichten von Banken und Finanzintermediären ein Thema. Im Bereich der grenzüberschreitenden Steuerproblematik sind Asset-Wrapper bislang nicht nennenswert in Erscheinung getreten.