Für den Anleger ist die effektive Performance des Portfolios nach Steuern relevant. Dementsprechend wichtig sind neben der genauen Kenntnis der Funktionsweise der teilweise sehr komplexen Finanzprodukte auch deren steuerliche Besonderheiten.

Besonders schwierig gestaltet sich die steuerliche Beurteilung von strukturierten Finanzprodukten, die eine Kapitalanlage mit einer Risikokomponente verbinden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass Erträge aus der Kapitalanlagekomponente einen steuerbaren Vermögensertrag darstellen und Gewinne aus der Risikokomponente einen steuerfreien Kapitalgewinn. Diese Auslegeordnung bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) in ihrem neuen Kreisschreiben vom 7. Februar 2007 zur Besteuerung von Obligationen und Finanzprodukten.

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Saubere Trennung notwendig

Derivative Produkte, die Anlage und Risiko verbinden und einen garantierten Rückzahlungsbetrag anbieten, gewinnen in Zeiten wachsender Unsicherheit an Bedeutung. Wenn die beiden Komponenten getrennt aufteilbar sind, gilt der Wertzuwachs auf dem Risikoteil als steuerfreier Kapitalgewinn. Steuerbar hingegen bleiben die Vermögenserträge auf dem Kapitalanlageteil. Auch der Handwechsel überwiegend einmalverzinslicher Anlageinstrumente unterliegt der Einkommenssteuer. Zudem müssen bis zur Veräusserung aufgelaufene Zinsen berechnet werden.

Bei Anlagen in kapitalgarantierte Finanzprodukte ausländischer Emittenten ist Vorsicht geboten, wenn die Trennung der Komponenten «Kapitalanlage» und «Risikoteil» nicht sichergestellt ist. Bei derartigen, nicht transparenten Produkten sind sämtliche Zahlungen, die dem Anleger über den Nominalwert bzw. den Emissionsbetrag hinaus ausgerichtet werden, als Vermögensertrag zu versteuern. Das neue Kreisschreiben der EStV erlaubt nun unter bestimmten Voraussetzungen, die beiden Komponenten nachträglich steuerlich aufzuteilen.

Eine privilegierte steuerliche Behandlung geniessen hingegen die «klassischen» Options- und Wandelanleihen. Nur die periodisch ausbezahlten Zinsen sind einkommens- und verrechnungssteuerpflichtig. Wenn die Options- oder Wandelanleihen ohne jährlichen Zinscoupon und ohne Rückzahlungsagio ausgestaltet sind, trifft den privaten Anleger daher weder die Verrechnungs- noch die Einkommenssteuer.

Attraktive Reverse Convertibles

Auch die sogenannten Geld-oder-Titelprodukte bieten Steuervorteile. Sie profitieren davon, dass die Steuerpraxis erhaltene Optionsprämien im Privatvermögen von der Einkommenssteuer befreit. Bei langfristigen Reverse Convertibles kann der Emittent die jährlichen Auszahlungen während der Laufzeit in die beiden Komponenten «Zinsen» und «Optionsprämien» gliedern. Nur die Erstere sind steuerbar. Bei kurzfristigen Reverse Convertibles mit Laufzeiten bis zu einem Jahr verzichtet die Steuerpraxis sogar ganz auf die Besteuerung. Weshalb sie als Alternative zu festverzinslichen Anlagen mit tiefen Renditen, aber auch zu Direktinvestitionen in Aktien sehr attraktiv bleiben.

Index- und Basketzertifikate

Auch bei Index- und Basketzertifikaten, die in Aktienmärkte respektive Aktienkörbe investieren, stellen Gewinne aus der Veräusserung für den privaten Investor einen steuerfreien Kapitalgewinn dar. Dagegen gelten Ausgleichszahlungen als steuerbarer Vermögensertrag. Da kein fester Rückzahlungsbetrag garantiert ist, liegt keine Obligation im Sinne der Verrechnungssteuer bzw. Stempelabgaben vor. Weshalb auf die Ausgleichszahlungen nicht zusätzlich noch eine Verrechnungssteuer geschuldet ist. Kombinierte Finanzprodukte, die einen Index oder Basket abbilden und eine weitere Eigenschaft wie einen bedingten Kapitalschutz beinhalten, werden dafür wie die kapitalgarantierten Finanzprodukte behandelt, wenn die Laufzeit ein Jahr übersteigt.

Dynamische Zertifikate

Auch dynamische Zertifikate, die vom Emittenten bewirtschaftet werden, gelten aus steuerlicher Sicht als «klassische Zertifikate», wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

• Die im Index bzw. Basket enthaltenen Aktien werden nach genau definierten und im Voraus festgelegten objektiven Kriterien selektioniert und bewirtschaftet.

• Die massgeblichen Kriterien sind in den Index- bzw. Basketspezifikationen festzuhalten und dürfen während der Laufzeit nicht verändert werden.

Dynamische Zertifikate, welche die oben stehenden Bedingungen nicht erfüllen, werden grundsätzlich als anlagefondsähnliche Vermögen qualifiziert und dementsprechend besteuert.

Für die Besteuerung von Basketzertifikaten auf Anlagefonds gelten in allen Bereichen die Regeln für Anlagefonds und anlagefondsähnliche Vermögen. Bond-Zertifikate unterliegen dementsprechend in analoger Weise der Besteuerung von Obligationen.

Kredit- und Schadenderivate

In der steuerlichen Praxis speziell geregelt sind die strukturierten Kredit- und Schadenderivate. Kreditderivate sind Finanzinstrumente, welche das Ausfallrisiko der Kreditgewährung auf den Anleger übertragen. Bei Schadenderivaten wird das Risiko im Zusammenhang mit möglichen

Schadenereignissen wie Naturkatastrophen als Finanzprodukt handelbar gemacht.

Die Steuerpraxis unterscheidet hier grundsätzlich zwischen kombinierten und nicht kombinierten Produkten. Nicht kombinierte Produkte stellen reine Derivate dar und werden wie Optionen beurteilt, während sowohl strukturierte Kredit- als auch Schadenderivate eine Obligation mit einem Termingeschäft kombinieren. Trotzdem ist die Besteuerung dieser beiden Instrumente unterschiedlich: Während Schadenderivate dieselbe steuerliche Beurteilung erfahren wie Reverse Convertibles, wird bei den strukturierten Kreditderivaten die Risikoprämie mit dem Bonitätsrisiko gleichgesetzt. Somit stellen sämtliche Erträge im Bereich der kombinierten Kreditderivate einen steuerbaren Vermögensertrag dar.

Vorsicht, sonst bleibt nichts

Die Besteuerungsregeln folgen der Logik der Besteuerung der Zinselemente und der Steuerfreiheit der reinen Risikokomponenten. Die Komplexität der Finanzprodukte führt vor diesem Hintergrund zu einem steuerlichen Regelwerk, das nicht immer leicht zu durchschauen ist.

Die Anleger und Vermögensverwalter müssen sich in diesem Regelwerk gut auskennen, weil ansonsten die Rechnung des Fiskus einen grossen Teil des Vorsteuergewinns auffressen kann. Schlechte Kenntnis der steuerlichen Regeln darf man sich folglich nicht mehr leisten.

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Andreas Risi, Partner Steuer- und

Rechtsberatung, PricewaterhouseCoopers, Zürich.