Ausmalbücher für Erwachsene sind der neue Trend – und die Stiftehersteller bekommen ihn zu spüren. «Wir haben in gewisse Ausrüstungen investiert und die Arbeitszeit verlängert», sagt Carole Hübscher, Chefin der Caran d'Ache.

Eine Verlagerung ins Ausland, um die Produktion zu steigern, komme für die Schweizer Traditionsfirma jedenfalls nicht in Frage, sagte sie weiter.

Auch andere Hersteller von Malstiften reiten momentan auf einer Erfolgswelle. «Ich träume nachts schon von den Stiften», sagt Werksleiter Andreas Martin von der deutschen Firma Staedtler. Fast von einem Tag auf den anderen ist die Nachfrage nach Finelinern förmlich explodiert. Die Umsätze sind kräftig gestiegen. Das berichten auch die Konkurrenten Stabilo und Caran d'Ache.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Hype ist unglaublich

«Es sind Stiftemodelle, die wir schon lange im Programm haben, jahrelang ist die Nachfrage so dahingeplätschert», erzählt Staedtler-Werksleiter Martin. «Und jetzt kommen jeden Tag neue Wasserstandsmeldungen, was wir brauchen. Es ist unglaublich.»

Staedtler-Chef Axel Marx ist natürlich entzückt. Ausmalen sei «eine wunderbare Beschäftigung zum Abschalten, man kann sich richtig austoben», lobt er. In manchen Ländern gebe es einen richtigen «Hype» – die USA, Südkorea, Grossbritannien.

Ausmalbücher führen zu Umsatzsteigerung

Der Stiftehersteller steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um satte 14 Prozent auf 322 Millionen Euro. «In Zeiten der Digitalisierung schon bemerkenswert», findet Marx.

Auch beim Konkurrenten Schwan Stabilo im bayerischen Heroldsberg sind Faserschreiber mit besonders feiner Spitze der Renner. «In allen europäischen Märkten und auch global» seien Ausmalbücher für Erwachsene ein besonderer Trend, sagt Marketingchef Horst Brinkmann. Von Stabilo gibt es 15 Fineliner plus Buch im Set «Kreative Auszeit» schon in der zweiten Auflage. Auch Brinkmann berichtet von einer «signifikant zweistelligen» Umsatzsteigerung.

Boom soll anhalten

Doch der Ausmal-Boom stellt die Unternehmen auch vor schwierige Entscheidungen – investieren oder nicht? «Wir versuchen, das richtige Mass zu finden», sagt Staedtler-Werksleiter Martin. Zunächst versuche die Firma, «was über die Arbeitszeit rauszukitzeln». So produziert Staedtler mittlerweile auch am Samstagvormittag und nachts. Zu den 350 Angestellten sind rund 30 Leiharbeiter gestossen. Dann erst kommt die Technik, wie Martin sagt. Eine Fineliner-Maschine kostet rund 300'000 Euro.

Staedtler wird sie sich zulegen, in der Hoffnung, dass die Maschine einst auch auf andere Fasermaler umzurüsten ist. Caran d'Ache, gegründet 1924, glaubt unabhängig von Trends fest an seine Zukunft: «Es gibt keinen Grund, warum Schreiben und Zeichnen aussterben sollten», erklärt Hübscher. Staedtler-Chef Marx mag sich nicht ganz allein darauf verlassen: «Wir drücken die Daumen», dass der Boom anhält.

(sda/jfr)