Money no problem», beschwichtigte Igor Belanow in der Umkleidekabine die Spieler des Super League Klubs FC Wil. Die Szene ereignete sich Anfang Januar 2004, als die Spieler auf die Bezahlung der ausstehenden Löhne pochten und das Trainingslager boykottieren wollten. Belanow war als Führer einer ukrainischen Investorengruppe angetreten, um den Verein vor dem finanziellen Kollaps zu retten. Was folgte, war absurdes Theater auf höchstem Niveau ständige Trainerwechsel, Machtkämpfe mit den Schweizer Investoren, «Versteckis» von Vereinsverantwortlichen hinter der Tribüne. «Mit der Zeit nahmen wir es mit Galgenhumor», sagt ein ehemaliger Wil-Spieler, der wie seine Klubkameraden noch heute auf die Prämien von Cuphalbfinal und Final wartet.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Zweifelhafte ausländische Investoren, auf die Schweizer Fussballvereine in der Finanznot setzten, deren gab es viele: Der kamerunische Bierbrauer Gilbert Kadji in Sion, der polnische Arzneimittelhersteller Waldemar Kita in Lausanne, aber auch seriösere Firmen wie Canal+ in Genf wagten sich auf Helvetiens Fussballplätze. Nachhaltige Erfolge in den Bilanzen und auf dem Rasen blieben aus.

«Flurbereinigung notwendig»

Sinkende Werbeeinnahmen, bescheidene Beiträge aus TV-Übertragungsrechten und vor allem der Mangel an finanzkräftigen Privatinvestoren führten zu verheerenden Schuldenbergen. Traditionsklubs wie Lugano und Lausanne-Sports gingen ein, andere wie Sion wurden zwangsrelegiert: «Das war zwar schlecht fürs Image, aber die Flurbereinigung war notwendig, um bei den Klubs endlich drastische Massnahmen durchzusetzen», sagt Michael Hunziker, Präsident des FC Aarau.

Er erwähnt Kürzungen bei der Juniorenabteilung, bei den Spielerlöhnen oder die Erhöhung der Eintrittspreise als Sofortmassnahmen. Aarau, vor zwei Jahren selbst am Rande des finanziellen Abgrundes, ist wie die meisten Klubs der Super League froh, wenn jeweils das Budget der vergangenen Saison nicht gekürzt wird. Die Gelder fliessen harzig: Es dauerte Monate, bis der noble Grasshopper Club auf die neue Saison hin einen neuen Hauptsponsor präsentieren konnte (Siemens).

Stagnierende Budgets das ist auch in der am Wochenende startenden Saison nicht anders. Ausserordentliche Ereignisse wie bei den Young Boys (Qualifikationsspiel zur Champions League) oder beim FC Schaffhausen (Aufstieg) lassen die Zahlen kurzfristig ansteigen. Dennoch dominiert der nüchterne Realismus: «Mit unserem Budget gehören wir eigentlich nicht in die Super League», sagt Hunziker. «Falls wir kein neues Stadion haben, müssen wir uns von der höchsten Spielklasse freiwillig verabschieden.»

Ein Stadionneubau oder zumindest -umbau wird in den nächsten Jahren tatsächlich zur Frage des Seins oder Nichtseins in der Super League. Sie ist neben der Einsetzung des Lizenzmanagers Rolf Suter, der den Vereinen in Sachen Finanzen stärker auf die Finger schaut, eine der Gesundungsmassnahmen der Swiss Football League. Diese ist innerhalb des Fussballverbandes für den Profibetrieb zuständig.

Bis zum 1. Juli 2006 müssen die Super-League-Mannschaften nachweisen, dass sie Stadien bauen oder besitzen, die den Normen des Europäischen Fussballverbandes Uefa entsprechen. Das ist kein Problem für Vereine wie den FC Basel, Servette oder Young Boys, wo Stadien bereits vorhanden oder bald bezugsbereit sind. Nicht so in Aarau oder Thun, wo Projekte erst am Anfang des politischen Entscheidungsweges stehen. «Die Flurbereinigung im Schweizer Fussball wird weitergehen», sagt FCA-Präsident Hunziker. «Nicht im Sinne eines Vereinssterbens à la Lugano oder Lausanne, aber in Sachen Infrastruktur.»

Auch FCB schreibt Verlust

6 Mio Fr. Budget pro Super-League-Klub das soll in fünf Jahren als Mindestforderung zum Mitkicken gelten. Die Vorstellung des Verbandes, dass sich dieses Budget mit den Matcheinnahmen, dem Merchandising, Catering, TV-Geldern und ein bisschen Sponsoring finanzieren lässt, wird wohl ein Wunschtraum bleiben. Nur Klubs mit kleinem Budget wie der FC Thun entsprechen annähernd dieser Einnahmenstruktur. Wer sich vom Mittelmass abheben will, muss möglichst viele Gönner hinter sich haben. Und wer international Tore schiessen will, kommt nicht um Privatinvestoren herum. Den internationalen Erfolg hatten die Ex-Wirtschaftskapitäne Rainer E. Gut und Fritz Gerber bei GCnicht. Nach fünf Jahren, 70 Mio Fr. Investitionen und zwei Meistertiteln haben sie sich zurückgezogen das macht 35 Mio Fr. pro Pokal.

Der Problematik ist man sich beim FCB mit Roche-Erbin Gigi Oeri als Mäzenin bewusst: «Wir haben eine klare Vorwärtsstrategie bis 2006. Realisieren sich unsere internationalen Ziele bis zu diesem Zeitpunkt nicht, gehen wir über die Bücher», sagt FCB-Finanzchef Mathieu S. Jaus. Im Klartext heisst das: Schafft der FCB 2004 und 2005 den Sprung in die Champions League nicht, dürfte das Budget um ein Drittel auf 20 Mio Fr. reduziert werden. Dann werden auch auf Transferebene die Bremsen angezogen. Der FCB muss jede zweite Saison in die Champions League kommen, soll die mittelfristige Finanzplanung aufgehen. In der Saison 2002/2003 realisierte der Verein FC Basel dank der 28 Mio Fr. Bruttoeinnahmen aus der Europäischen Superliga einen Gewinn von 7,3 Mio Fr. am Ende der Spielzeit 2003/2004, als der FCB in der Champions League fehlte, rechnete man beim FCB nach Informationen der «HandelsZeitung» mit einem Verlust von etwa 6 Mio Fr.

Die roten Zahlen wandeln sich dann zu einer schwarzen Null, wenn die Aktiengesellschaft des FC Basel (FC Basel Marketing AG) das Defizit ausbügelt. An der AG hält Oeri 90%. Das Zweisäulenprinzip Verein auf der einen und Aktiengesellschaft als «Defizitgarantie» auf der anderen Seite haben mittlerweile fast alle Super-League-Vereine eingeführt. Es soll zum Obligatorium werden, so Lizenzmanager Suter: «Die AG ist dann der Lizenznehmer beim Verband, nicht der Verein. Das dient der Verbesserung der Finanzkontrolle.»

Mit einigem Unbehagen schaut man in der Super League nach Genf. Dort hat im Frühjahr der Franzose Marc Roger das Zepter übernommen. Mit einer Finanzspritze haben er und unbekannte Investoren Servette vor dem Zwangsabstieg in die 1. Liga gerettet. Roger hat seither fast zwei komplett neue Mannschaften eingekauft. Der Klub verweigert kategorisch jegliche Auskünfte zum Budget. Für Hunziker vom FC Aarau ist klar: «Ein ausländischer Grossinvestor? Das würde ich sofort ablehnen.»

Super-League-Vereine in der neuen Saison

Budget Veränderung

2004/2005 gegenüber

(in Mio Fr.) Vorsaison

FC Basel 30.0 »

Grasshoppers 15.0 »

FCZürich* 10.0 »

Young Boys 9.3 |

Servette FC keine Angabe keine Angabe

FC St. Gallen 8.5 »

FC Aarau** 4.7 «

FC Thun 4.1 |

Xamax Neuenburg 4.0 «

FC Schaffhausen 3.5 |

*Schätzung «HandelsZeitung»; **Angabe Kalenderjahr 2004

Quelle: Vereine



Fussballmäzene und ihre Vereine: Investment (fast) ohne Return

«Ich bin einfach Fan, und das sind wahrscheinlich alle Leute, die Gleiches tun wie ich», sagt einer, der seinem Lieblingsverein finanziell unter die Arme greift. Selbstverständlich braucht er die «Wir»-Form, wenn vom Verein die Rede ist. Mindestens eine Viertelmillion Fr. habe er über die Jahre hinweg schon investiert. Als Gegenleistung gibt es Aktien mit tiefem Nennwert, bevorzugte Behandlung an den Heimspielen und das Gefühl, ganz nahe beim Klub zu sein ein Investment der Leidenschaft. Solche Privatinvestoren bleiben das Rückgrat des Schweizer Spitzenfussballs. Ohne die Millionentransfers von Mäzenin Gigi Oeri wäre das Champions-League-Abenteuer des FC Basel nicht möglich gewesen. Fritz Gerber und Rainer E. Gut, die Ex-Spitzen von Roche und Credit Suisse, hat das fünfjährige Gastspiel beim Grasshopper Club etwa 70 Mio Fr. gekostet. Mehr als die Hälfte des Betrages von Gerber/Gut soll Generalunternehmer Sven Hotz in 20 Jahren beim FC Zürich hineingepumpt haben ein Cupsieg im Jahr 2000 war der Return. (dhü)

Daniel Hügli
Daniel HügliMehr erfahren