Die erfolgreiche Neugestaltung von Supply Chains und Logistik-Netzwerken erfordert viel Durchstehvermögen, den Blick für Unkonventionelles und die Bereitschaft, einen grundlegenden Wandel herbeizuführen. Welchen Nutzen Hersteller von einem Supply Chain Reengineering tatsächlich erwarten können, zeigt sich am Beispiel des Medizinaltechnik-Unternehmens Synthes-Stratec.

Es ist eine Binsenwahrheit: Jeden Tag finden sich Dutzende Firmen plötzlich in der Defensive und kämpfen darum, ihr altersschwaches Geschäftsmodell an die Entwicklungen des Wettbewerbs anzupassen. Eine solche Kalamität überrascht jedoch nie alle im Unternehmen, denn irgendwo hat irgend jemand aufgepasst. Für diese Visionäre sind die Möglichkeiten und Chancen von morgen stets real und unvermeidbar. Doch allzu oft fühlen sie sich im Unternehmen isoliert und machtlos. Nicht so bei Synthes-Stratec: Hier herrscht ein Klima der Innovation, das man förmlich spüren und riechen kann. Hier begegnen sich Menschen, die ihren gut durchdachten Standpunkt zur Wahrnehmung einer neuen Chance offen vertreten und realisieren dürfen. Zu ihnen zählt das Team um Werner Caspers, Leiter Strategic Logistics, dessen Standpunkt in Sachen Supply Chain Reengineering von Beginn weg vier wichtige Kriterien erfüllte: Er war glaubwürdig, stimmig, überzeugend und kaufmännisch durchdacht.

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Komplexe Ausgangslage

Ausgangspunkt bei Synthes-Stratec waren Spannungen in den Beziehungen zwischen Lieferanten, F&E, Procurement, Produktion, Vertrieb und Endverbrauchern. Die Folgen waren Schwerfälligkeiten und eine beeinträchtigte Kommunikation. Sie stellten die Verpflichtung des Unternehmens gegenüber seinen Endverbrauchern (Patienten, Chirurgen) ernsthaft in Frage. «Um dem Teufelskreis des Bullwhip Effect zu entrinnen, entschlossen wir uns zu einer radikalen Lösung. Mit ihr wollten wir», so Werner Caspers, Leiter Strategic Logistics, «den Kundenservice verbessern, die Kosten entlang der Kette senken, das Bestandsmanagement optimieren, die Effizienz zwischen den Supply-Chain-Akteuren steigern, die Produktressourcen besser managen und die Fertigungssteuerung verdichten.»

Zur Zielerreichung wurden drei übergeordnete Massnahmen veranlasst: Erstens wurden die Produktion und die Logistik neu unter der Bezeichnung Operations zusammengefasst, zweitens das Supply Chain Management (SCM) als zentrales Führungsinstrument installiert, und drittens der Kompetenzbereich Strategic Logistics mit der Systemgestaltung, dem Controlling und dem Monitoring des neuen SC-Systems betraut.

Unterschiedliche Geschäftsvorfälle bedingen unterschiedliche Lösungen dies betrifft sowohl die Zeiten und die Mengen als auch die Vorhersehbarkeit von Vorfällen. Für das Team von Werner Caspers war bald einmal klar, dass die Gliederung in bedarfsgerechte Logistic Channels einen lohnenswerten Lösungsansatz für die unterschiedlichen Geschäftsvorfälle darstellte. Nach einer extrem kurzen Planungsphase unterstützt durch Grundlagenarbeiten über das Risk Management in der Supply Chain, das Lager-Layout sowie Kommissionier-Strategien - konnte Stratec Medical ihr Supply Chain Reengineering starten.

Zuerst wurde eine Pipeline für den Standardnachschub geformt und das bisher auf Forecast abgestützte Bestandsmanagement neu auf eine verbrauchsorientierte Basis gestellt. Bei der Auslegung der Puffer wurden statistische Werkzeuge und Simulationsmodelle als Steuerungshilfen herangezogen. Das Ergebnis war überzeugend, konnte doch die Pufferauslegung dadurch ganzheitlich, also für die ganze Kette erfolgen. Werner Caspers erläutert das so: «Die Auslösung des Nachschubs erfolgte vollautomatisch. Das heisst, im Rahmen von Minimum-/Maximum-Vorgaben übernahm das jeweils vorgelagerte Kettenglied die Verantwortung für die Bewirtschaftung des Puffers. Die Zuständigkeit für den Standardnachschub oblag unserer Abteilung Supply Management.» Die übrigen Logistics Channels, so Caspers, sind seither ebenfalls installiert, teilautomatisiert und substrukturiert worden, sodass den dortigen Spitzenwerten und Engpässen ebenfalls verfahrenskonform begegnet werden kann.

Geschlossener Regelkreis

«Wir können nur managen, was sich messen lässt», lautet eine der Devisen von Werner Caspers. Getreu diesem Motto wurden die Service-Levels bis zum Patienten im Operationssaal (Order Fulfilment Rate) einer permanenten Kontrolle unterzogen und die Wiederbeschaffungs- und Durchlaufzeiten streng überwacht, gemessen und mittels einer engpassorientierten Flusssteuerungs-Methode reduziert. Weitere Schritte, wie etwa die Automatisierung der Nachschub-Auslösung bzw. der frühzeitige Einbezug der EU-Verzollung, trugen ebenfalls ihren Teil zur Minimierung der Zykluszeiten bei. Dank der Integration aller europäischen Supply-Chain-Akteure in das ERP-System konnte die Transparenz entlang der Informationskette sowohl bedarfsseitig als auch nachschubseitig erheblich gesteigert werden.

Die neu geschaffene Supply Chain der Synthes-Stratec beeindruckt durch hohe Service-Levels und eine bemerkenswerte Reduktion der Lagerbestände bzw. der Kapitalbindung. Für das Prozessmanagement wurde die Supply Chain nach SCOR (Supply Chain Reference Model) modelliert. Das Mapping führte zu einer Neudefinition der Kostenstellen, Kostenarten, Kostentreiber und Key-Performance-Indikatoren und erleichterte somit deren Eingliederung in eine vollständig veränderte Prozesslandschaft. Laut Pascal Degen, Leiter Supply Management, soll in den kommenden Monaten nun noch die verbliebene Produktpalette in das neue Verfahren einbezogen werden.

Unter dem Strich hat Synthes-Stratec das erreicht, was bisher nur wenigen gelungen ist: Die Steuerung der Supply Chain und des Logistik-Netzwerks in Form eines geschlossenen Regelkreises, bei gleichzeitiger Kostenminimierung und Steigerung der eigenen Wertschöpfung. Dieses Ergebnis möglich gemacht haben Pioniere, die mit viel Durchstehvermögen, dem Blick für Unkonventionelles und der Bereitschaft, einen grundlegenden Wandel herbeizuführen, Teile ihres Unternehmens neu erfunden haben.

Der Spezialist: Das ist Synthes-Stratec

Synthes-Stratec zählt zu den führenden Anbietern von Instrumenten, Implantaten und Antriebsmaschinen für den Osteosynthese- und Wirbelsäulenbereich. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Produkte für die chirurgische Behandlung von Frakturen, cranio-maxillofacialen Verletzungen und Deformitäten, ergänzt mit einer umfassenden Palette von Produkten und Systemen für die Wirbelsäulenchirurgie. Die börsenkotierte Synthes-Stratec beschäftigt derzeit 3800 Mitarbeitende und erzielte im Jahr 2002 einen Umsatz von 1,56 Mrd Fr. und einen Ebita von 608,5 Mio Fr. Europäischer Hauptsitz ist Oberdorf BL.

Mit der vor kurzem bekanntgegebenen Fusion mit der Mathys Medizinaltechnik wird Synthes-Stratec zu einem weltweit führenden Anbieter von Implantaten für die Behandlung von Knochenbrüchen.(ba)

Markt: CeMAT 2005

Im Oktober 2005, genauer vom 11. bis 15. Oktober, feiert die CeMAT 2005 in Hannover ihre Premiere. Die neue Messe will in Zukunft alle drei Jahre die Schwerpunktmesse der Materialfluss- und Logistikbranche sein. Zur ersten eigenständigen CeMAT erwartet die Veranstalterin, die Deutsche Messe AG, Hannover, rund 1000 Aussteller auf einer Netto-Ausstellungsfläche von mehr als 80000 m2. Die neue Messe will der Zukunftsbranche «Innerbetrieblicher Materialfluss und Logistik» ein umfassendes Forum bieten. Kaum eine Branche birgt so grosse Einspar- und Rationalisierungspotenziale wie die Bereiche Materialfluss und Logistik. Hier wird nicht nur bewegt, auch die Branche selbst ist ständig in Bewegung, um noch effektivere Lösungen anzubieten.

Verantwortlich für diesen Special:

Kurt Bahnmüller