Das Symptom einer schlecht geführten Supply Chain tritt insbesondere in der aktuellen Wirtschaftslage klar zu Tage: Deutliche Umsatzrückgänge bringen Unternehmen in existenzbedrohende Schieflagen. Die Ursachen dafür liegen typischerweise bei enormen Fixkostenblöcken und insgesamt unflexiblen Kostenstrukturen. Im Detail erkennt man typische Phänomene: Undifferenzierte Marktbearbeitung, hohe Fertigungstiefe, grosse Lagerbestände, breite Lieferantenbasis, fehlende Beschaffungsstrategien, um nur einige zu nennen.

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Unter dem Begriff Supply Chain Management (SCM) werden heute die Ansätze und Konzepte zusammengefasst, die sich mit der Lösung dieser Problembereiche beschäftigen. Das Supply Chain Management hat sich damit von einem reinen Beschaffungs- und Logistikkonzept zu einem das ganze Unternehmen mit seinen Lieferanten und Kunden betreffenden Managementmodell entwickelt. Es verfolgt das Ziel, die gesamte Wertschöpfungskette optimal aufzustellen und zu steuern. In der betriebswirtschaftlichen Forschung sind dazu in den letzten Jahren umfangreiche Konzepte entstanden. Die Ansatzpunkte für konkrete Verbesserungen sind weit gehend bekannt. Man findet auch an der einen oder anderen Stelle die erfolgreiche Umsetzung einzelner Ideen und Ansatzpunkte. Die grossen Potenziale, die in der Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette liegen, wurden bislang jedoch kaum realisiert.

Auf externe Kosten achten

Vergleicht man die Wertschöpfungsketten verschiedener Unternehmen, stellt man schnell fest, dass typischerweise zwischen 40 und 60% der für die Herstellung eines Produktes notwendigen Kosten nicht im eigenen Unternehmen, sondern bei den Lieferanten entstehen. Addiert man dazu die 15 bis 25% der eigenen Wertschöpfung in Fertigung, Montage und Distribution, ergibt sich ein Kostenblock von 55 bis 85%. Es ist die Aufgabe des Supply Chain Managements diesen beachtlichen Kostenblock effektiv zu gestalten und effizient zu führen. Konkret geht es darum, eine kosten- und leistungsoptimale Wertschöpfungskette aufzubauen. Dabei gilt es typische Fragestellungen zu beantworten: Wie lassen sich die Kundenwünsche optimal identifizieren und erfüllen? Wie sieht die optimale Fertigungstiefe aus (make or buy)? Welche Struktur hat die Lieferantenbasis: Wo und bei wem wird eingekauft? Wie bringe ich die Produkte und Dienstleistungen zum Kunden und wie sehen die dazu passenden Prozesse und IT-Systeme aus? Die Leitplanken für die Beantwortung dieser strategischen Fragen müssen von der Geschäftsleitung vorgegeben werden. Die Umsetzung und Weiterentwicklung der Supply Chain muss von ihr aktiv begleitet und unterstützt werden.

Vorhandene Potenziale nutzen

Unter dem Einfluss von zyklischeren Marktbewegungen haben viele Unternehmen das Wachstum vergangener Jahre häufig durch Auslagerung einzelner Bearbeitungsschritte bewältigt. Diese Lieferanten sind bei mittelständischen Unternehmen oftmals noch in der näheren Umgebung angesiedelt und werden oftmals als «verlängerte Werkbank» geführt. Was sich zunächst als probates Mittel erweist, um Kapazitätsschwankungen vorübergehend auszugleichen, entwickelt sich mit steigender Anzahl von Lieferanten und gleichzeitiger Ausweitung der Produktpalette zu einer immer grösseren Herausforderung. Der planerische, dispositive und logistische Aufwand für dieses Vorgehen nimmt enorme Dimensionen an. Als typische Folgen dieses Vorgehens werden Kunden zunehmend undifferenziert betreut, es bauen sich verstärkt Lagerbestände auf, die Durchlaufzeiten für einzelne Aufträge verlängern sich, die Kapitalbindung nimmt stetig zu und nicht zuletzt ist die Komplexität der Planung und Disposition, insbesondere für ein mittelständisches Unternehmen, kaum noch zu bewältigen.

Verbesserungspotenzial

Da es hier um bis zu 85% der Kosten des Unternehmens geht, ist das Verbesserungspotenzial durch eine optimale Gestaltung der Wertschöpfungskette enorm. Werden die gesamten Beschaffungs-, Produktentstehungs- und Verteilungsprozesse kritisch hinterfragt und geeignete Strategien entwickelt, sind Verbesserungen der Gewinnmarge von bis zu 10 Prozentpunkten keine Seltenheit.

Nimmt die Geschäftsleitung die Herausforderungen im Supply Chain Management an, können mit überschaubarem Aufwand und kalkulierbaren Risiken schnell deutliche Verbesserungen bei der Kostenposition und der Flexibilisierung der Kosten erreicht werden. Auf Basis der Wertkettenanalyse sowie der fundierten Technologiebetrachtung ist es die Aufgabe der Geschäftsleitung, das zukünftige Geschäftsmodell zu definieren und damit die Voraussetzungen für ein aktives Ausschöpfen der Kostensenkungs- und Kostenflexibilisierungspotenziale zu schaffen. Dazu werden beispielsweise die nicht strategischen Wertschöpfungsschritte konsequent outgesourct, die Beschaffung wird vom Einkauf einzelner Teile auf die Beschaffung kompletter Produkte oder Baugruppen umgestellt, die strategische Beschaffungsfunktion wird sukzessive ausgebaut und qualifiziert (Beschaffungsmarktforschung, Lieferantenevaluation und -management, Vertragsgestaltung, usw.) und die Zusammenarbeit der Entwicklung mit den Lieferanten wird verstärkt. Durch die Intensivierung des Wettbewerbs auf der Beschaffungsseite können schnell erste Kostensenkungsergebnisse erzielt werden.



Dipl.-Wirtschaftsing. Christoph Merle ist Partner der Zellweger Management Consulting AG, Pfäffikon SZ.