Tritt so ein hoffnungsvoller Schweizer Unternehmer auf? Er heisst zwar vaterländisch David Hunkeler, aber er trägt einen Rossschwanz, er lehrt als Professor an der polyglotten EPF Lausanne, und er stammt aus Kanada. Was er vorführt, erinnert denn auch eher an die Zaubertricks eines David Copperfield als an helvetische Wertarbeit: Er mischt Schmutzwasser mit einem Wundermittel und giesst es in einen Filter ? unten fliesst es rein heraus.

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David Hunkeler verblüfft jedes Publikum, auch wenn er das gereinigte Wasser nicht trinken mag. Und noch mehr Staunen erregt er mit dem Businessplan seiner Aqua+Tech. Denn damit möchte er den Zwei-Milliarden-Dollar-Markt der Wasseraufbereitung aufmischen, gegen Giganten wie Ciba oder Degussa. Mit Wachstumsraten von 100 Prozent will er bis in zwei Jahren einen Umsatz von zehn Millionen Euro erreichen und fast die Hälfte als Gewinn verbuchen.

Kann diese Geschichte stimmen?, fragen sich die Experten, welche die Finalisten für die Preisverleihung des Swiss Economic Forum auswählen. Sie muss wohl, denn David Hunkeler hat bereits das KTI-Label, den De-Vigier-Förderpreis und eine Auszeichnung des «Wall Street Journal» gewonnen; als beteiligte Investoren sitzen William de Vigier und Ernst Thomke im Verwaltungsrat. Und dennoch schafft Aqua+Tech zumindest diesmal den Einzug ins Finale nicht. Denn eigentlich will David Hunkeler kein Unternehmen führen: Er vergibt das Herstellen seiner AlpineFlocs und SnowFlakes für monatlich 3000 Franken an ein unausgelastetes Genfer Werk; er beschäftigt neben den Verkäufern in aller Welt nur zwei Leute, und er verhandelt mit den Giganten über eine Zusammenarbeit oder einen Verkauf.
Als Fast-Einmannshow erscheinen auch einige weitere Schweizer Jungunternehmen, deren Businesspläne das kräftigste und einträglichste Wachstum versprechen. Auf ihrer Tour de Suisse sehen die Experten des Swiss Economic Forum so auch einen elsässischen Werkstoffspezialisten, der mit seiner Technik des Behandelns von Titanium die einheimischen Uhren- und Medizinaltechnik-Grössen berät, oder einen chinesisch-amerikanischen ETH-Professor, der Katalysatoren zum Beschleunigen von chemischen Prozessen entdeckt. Wie diese beiden viel versprechenden Firmen sind in den letzten Jahren über hundert Jungunternehmen aus den Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne herausgewachsen: Sie halten mit ihren Leistungen an der Weltspitze mit, aber sie schaffen Arbeitsplätze fast nur für die hellsten Köpfe, welche die Schweiz aus aller Welt anlocken muss.

Gibt es denn die bodenständigen und trotzdem ? oder gerade deshalb ? erfolgreichen Unternehmen nicht mehr im Land? Doch, in Wangen bei Olten ist beispielsweise eines zu besichtigen. In Bluejeans stellt Marco Mäder mitten in der staubigen Werkstatt seine Firma vor. Er erbte sie vom Vater als biedere Schreinerei; mit einer computergesteuerten Anlage suchte er aber den Anschluss an den industriellen Fortschritt. Damit kann er nun auch Materialien wie Alu oder Gips so fein lochen, dass sich daraus Elemente für den Innenausbau herstellen lassen, die höchsten akustischen und auch ästhetischen Ansprüchen genügen.
Um seine Innovation durchzusetzen, muss er allerdings die Produktion in einer neuen Fabrik aufbauen und den Vertrieb europaweit aufziehen. Doch kein Knochen gebe einem einen Cent, klagt Marco Mäder ? sein Kollege Roman Rogger, der ihn als Verwaltungsrat
coacht, verrät aber schmunzelnd, der Unternehmer würde auch kein fremdes Geld annehmen. Lieber liess er sich von der Bank sein Privathaus hoch belehnen.

Die Experten wissen, wie schwer es innovativen Firmeninhabern fällt, zu Kapital zu kommen. Die vorsichtig gewordenen Banken gewähren ihnen kaum noch Kredite zu tragbaren Konditionen, weil zumeist die gesunde Basis fehlt; ausserdem stellen die Kleinunternehmer die Geldgeber mit ihren Projekten häufig vor ein Fait accompli, was diese gar nicht schätzen.
Anderseits finden sich kaum noch Wagemutige, die ihr Geld als Risikokapital einsetzen. Die Venture-Capital- und Private-Equity-Gesellschaften, die um die Jahrtausendwende auch in der Schweiz Rekordsummen von Pensionskassen oder Privaten aufgenommen haben, kämpfen meist ums Überleben: Da ihnen kaum mehr Neugeld zufliesst, müssen sie sich darauf beschränken, ihre aussichtsreichsten Unternehmen in die Gewinnzone zu bringen, und können kaum noch weitere Firmen aufbauen helfen. Ausserdem wäre Unternehmern wie Marco Mäder, die ihr Geschäft in den eigenen Händen behalten wollen, auch mit einem Risikokapitalgeber nicht gedient: Diese Business-Angels erwarten zumeist Renditen von mindestens 15 Prozent ? ihr Anteil wächst deshalb so schnell, dass sie sich kaum noch auskaufen lassen.

Was also tun? Krampfen allein genügt für die einheimischen KMUs nicht mehr, selbst wenn sie über ein gutes Produkt verfügen, betonen die Vertreter von Grossbanken und Treuhandgesellschaften in der Expertenjury: Die hoffnungsvollen Unternehmer könnten viel Geld sparen, wenn sie die Kosten für eine Beratung nicht scheuten. So liessen sich Finanzierungslösungen finden, um ihr Potenzial wirklich auszuschöpfen.

Für Marco Mäder jedenfalls würde es sich lohnen, die Expansion nach Europa sorgfältig zu planen, denn die Experten glauben an gute Chancen für den Kämpfer. Den Einzug ins Finale um den Swiss Economic Award schafft er jedenfalls ? die Akademiker mit ihren zauberhaften Zahlen im Businessplan sollen zumeist noch ein Jahr lang beweisen, dass wirklich etwas aus ihren Unternehmen wird.

Die Jury
Aus den sechs vorgestellten Finalisten erkürt die Jury die drei Preisträger. Als Präsidentin amtet Ständerätin Vreni Spoerry, als Sekretär der Wirtschaftsanwalt Thomas Bähler, Mitglied der Geschäftsleitung des Swiss Economic Forum. Weiter gehören der Jury an: Adrian Bult, CEO von Swisscom Fixnet; Eugen Haltiner, Generaldirektor der UBS; Martin Honegger, Direktor am europäischen Hauptsitz von IBM in Paris; Bruno Kuhn, Geschäftsleitungsmitglied der Schweizerischen Mobiliar; Andreas Kurt, Leiter Patente beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum; Medard Meier, Chefredaktor der BILANZ; Claus Niedermann, KMU-Spezialist von «Cash»; Urs Renggli, PricewaterhouseCoopers, Luzern; Kurt Rohrbach, Direktionspräsident der BKW FMB Energie; Jane Royston, Professorin an der EPF Lausanne; Olivier Toublan, Chefredaktor «Bilan»; Pierre Triponez, Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes; Hans Peter Wehrli, Professor an der Universität Zürich; Elisabeth Zölch, Regierungs-rätin in Bern. Die drei Swiss Economic Awards, dotiert mit 30 000, 25 000 und 20 000 Franken, werden am Galaabend des Swiss Economic Forum verliehen, das am 8. / 9. Mai in Thun stattfindet.