Am Sonntag ist es zehn Jahre her, dass die Flugzeuge mit dem Schweizerkreuz auf der Heckflosse am Boden blieben. Und so kam es zum Swissair-Grounding:

In den 1990er-Jahren litten die Fluggesellschaften unter der schwachen Konjunktur. Steigende Treibstoffpreise setzten die Airlines unter Druck. Die Liberalisierung der Luftfahrt in Europa entfachte einen aggressiven Preiskampf. Das Nationalsymbol Swissair flog als eine der angesehensten Airlines durch die Welt.

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Doch das Fluggeschäft der Swissair wurde defizitär. Weil die Schweiz 1992 dem Europäischen Wirtschaftsraum EWR nicht beitrat, hatte die Swissair Nachteile im europäischen Streckensystem. Die Swissair-Manager setzten fortan auf Allianzen und Beteiligungen und den Ausbau des Konzerns.

Der Aufbau eines Netzes mit anderen Fluggesellschaften war kostspielig. Er war aber die Alternative zu einer Fusion mit einem grossen Partner oder eine Verkleinerung der Swissair: Beides wäre in der Schweiz, wo die 1931 gegründete Airline ein Symbol der nationalen Identität war und wo in Tausenden von Kinderzimmern die Flugzeugposter hingen, unpopulär gewesen.

Hunter-Strategie

1995 beteiligte sich die Swissair mit 49,5 Prozent an der stark verschuldeten belgischen Sabena. 1998 stülpten die Manager der Airline mit der Schaffung der SAirGroup eine neue Konzernstruktur über. Die Swissair beteiligte sich an einer Reihe von Airlines, auch kleineren Carriern.

Das Wachstumsmodell der Swissair erhielt den Namen Hunter-Strategie und vereinte in einer Allianz unter anderem die Swissair mit der Sabena, der Austrian Airlines und der grossen US-Linie Delta. Schwierigkeiten bahnten sich an, als 1998 das Monopol der Swissair auf neue Linienflüge aus der Schweiz fiel und der Partner Delta 1999 die Allianz verliess.

Als Anfang 2001 die Beteiligungen immer mehr Verluste brachten und SAirGroup-Chef Phillippe Bruggisser seinen Sessel räumte, war es bereits zu spät. 15 Milliarden Franken Schulden wogen schwer. Am 15. März verkündete die Airline einen Verlust von 2,9 Milliarden Franken.

Swissair kann Löhne nicht mehr zahlen

Es war in der aufgewühlten Atmosphäre nach den Anschlägen vom 11. September 2001, als sich die Gerüchte um eine nahende Pleite der Swissair verdichteten. Die Terrorakte hatten die Luftfahrtindustrie erschüttert.

Am Abend des 29. September drückte Mario Corti, Chef der Fluglinie seit März, auf den Alarmknopf: Die Swissair könne die Oktober-Löhne nicht mehr sicher zahlen, warnte er. Die Swissair brauchte Geld, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten.

Der Bund und die Grossbanken UBS und Credit Suisse konnten sich nicht einigen, ob und wie sie die Swissair oder Teile von ihr mit Krediten retten wollten. So ging ein Wettlauf gegen die Zeit verloren, denn Geschäftspartner wie etwa die Treibstofflieferanten wollten ihr Geld sofort sehen.

Nationales Trauma

Was sich dann abspielte, ist der eigentliche Akt, der als nationales Trauma in Erinnerung blieb: Am 2. Oktober wurde klar, dass die Airline ihre Zulieferer wohl nicht mehr bezahlen konnte. Das Grounding der Flotte nahm seinen Anfang, als in London zwei Swissair-Maschinen am Boden bleiben. Die Swissair hatte die Landegebühren nicht bezahlt.

Noch immer wartete die Swissair auf das Geld der Banken oder es Bundes, das aber nie eintraf. Nachdem die Swissair keinen Treibstoff mehr bekam, wurden um 16.15 Uhr alle Flüge suspendiert, die Flugzeuge reihten sich auf dem Boden, 38'000 Passagiere strandeten. Es war das Ende der Swissair.

Es ist nie zu hundert Prozent geklärt worden, warum das Geld der Banken nicht floss. Die UBS und ihr damaliger Chef Marcel Ospel sind bis heute dem Vorwurf ausgesetzt, der Swissair den Todesstoss versetzt zu haben. Ospel und der letzte Swissair-Konzernkapitän Corti warfen sich gegenseitig Fehlverhalten vor.

Juristisches Nachspiel

Ein Tag nach dem Grounding wurde ein Hilfskredit des Bundes bewilligt und auch von den Banken floss Geld, damit der Flugbetrieb wieder aufgenommen werden konnte. Ausgestattet mit weiteren Bundesmitteln flog die Swissair noch bis ins folgende Jahr.

Während 2002 die Nachfolgerin Swiss den Betrieb aufnahm, geriet die frühere Swissair-Führung ins Visier der Justiz. Das Grounding hatte ein jahrelanges juristisches Nachspiel. 2007 wurden vor dem Bezirksgericht Bülach 19 Angeklagte von allen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Kollaps freigesprochen.

Was in Erinnerung bleibt, ist der Schock über das Ende des Nationalsymbols.

(tno/sda)