Reinhold Hotz ist ein viel beschäftigter Mann. Er ist Richter des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs in Liechtenstein, Präsident des Kassationsgerichts des Kantons St.Gallen, Rechtsprofessor an der Hochschule St.Gallen und freischaffender Rechtsanwalt. Daneben amtet Hotz als Institutsrat von Swissmedic, der Zulassungsbehörde von Medikamenten. Dieses Mandat ist mit jenem eines Verwaltungsrates vergleichbar. Denn der fünfköpfige Institutsrat beaufsichtigt das ehemalige Heilmittelinstitut, überwacht dessen Leistungsauftrag und entscheidet über die Gebührenpolitik bei neuen Medikamenten.

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Zu den Spezialgebieten von Hotz zählt das Heilmittelrecht. Deshalb hat ihn der Bundesrat 2001 in den Institutsrat gewählt. Und auf diesem Gebiet ist Hotz ein gefragter Mann. Immer wieder wird er von Unternehmen oder Verbänden aus der Gesundheitsbranche beauftragt, Rechtsgutachten zu verfassen. 2002 tat er dies beispielsweise für die Ärztegrossistin «Apotheke zur Rose» und für den Drogistenverband. Ein jüngeres Gutachten sorgt nun bei der Pharmaindustrie für Aufregung.

Proteste gegen Mepha

Geschrieben hat es Hotz für die Mepha AG, die grösste Generikafirma in der Schweiz. Konkret ging es in diesem Gutachten, welches der «HandelsZeitung» vorliegt, um die Einschätzung des strittigen Artikels 33 des Heilmittelgesetzes (HMG). Dieser regelt die Zulässigkeit von Boni und Rabatten, welche die Pharmaunternehmen Ärzten, Apothekern und Spitälern gewähren.

Mepha-Chef Andreas Bosshard wollte von Hotz unter anderem Folgendes wissen: «Kann die Firma Mepha ein neues Generikum im Markt einführen und in der Zeit zwischen Einführung und Aufnahme in die Spezialitätenliste ihren Kunden Warenboni von 20% und zusätzlich Grosso-(ex-factory-)-Preis offerieren bei Bestellungen von mindestens 1000 Fr.?» Hotz beantwortet diese Frage mit Ja. Die Folge davon: Mepha gewährte bei der Einführung ihres Generikums Omezol zwischenzeitlich einen Rabatt von bis zu 50% (siehe «HandelsZeitung» Nr. 38 vom 17.9.2003).

Das wiederum führte bei andern Generikafirmen, die ein Konkurrenzprodukt lancierten, zu lautstarken Protesten und zu Austritten aus dem gemeinsamen Interessenverband Intergenerika. Die Konkurrenz der Mepha hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass das neue Heilmittelgesetz Rabatte grundsätzlich untersagt.

Laut dem Gutachten von Hotz sind Ärzte und Apotheker, die in den Genuss solcher Rabatte gelangten, nicht einmal verpflichtet, die Boni an die Endkunden bzw. Versicherten weiterzugeben. Genau dies aber verlangen das Krankenversicherungsgesetz (Artikel 56) wie auch das HMG. Auch Andreas Balsiger, Chef des Rechtsdienstes der Swissmedic, widerspricht Hotz in diesem Punkt. «Die SL hat mit dem HMG nichts zu tun», so Balsiger. Sämtliche Vergünstigungen müssten weitergegeben werden. Die Differenzen zwischen dem Leiter Rechtsdienst von Swissmedic und dem Institutsrat erstaunen nicht. Schliesslich ist der besagte Artikel 33 HMG «fahrlässig formuliert»; so jedenfalls sieht es Peter Fuchs, Präsident des Institutsrates und Wirtschaftsberater.

Interessenkollision

Erstaunlich, um nicht zu sagen stossend ist hingegen die Gutachtertätigkeit von Reinhold Hotz. Als Institutsrat hat Hotz Einblick in die aktuellen Problemfälle von Swissmedic. Dazu zählt auch der Rabattartikel 33. Die Fragen rund um Boni und Rabatte seien wiederholt thematisiert worden im Institutsrat, sagt Fuchs. Gleichzeitig schreiben die internen Richtlinien vor, dass kein Institutsrat einem Thema, das im Rat behandelt worden ist, in einer privaten Tätigkeit nachgehen darf. Genau dies aber hat Hotz getan.

Dies sei eine peinliche Doppeltätigkeit, kritisiert der Interessenverband der pharmazeutischen, kosmetischen und verwandten Produkte (IPK). Der IPK spricht von Wettbewerbsverzerrungen und einem klaren Verdacht einer Interessenkollision.

23 pendente Fälle

Verständnis für diese Vorwürfe hat Institutsrats-Präsident Fuchs. Eine konkrete Interessenkollision habe er bis anhin zwar nicht festgestellt. Aber er verstehe die Aufregung, denn «der Fall hat Fleisch am Knochen». Juristisch könne man Hotz jedoch nichts vorwerfen. Und für die politische Frage sei der Bundesrat zuständig, der Hotz im Wissen um seine Gutachtertätigkeit gewählt hat.

Swissmedic-Chef Klaus-Joerg Dogwiler findet die Angelegenheit «unschön», will sich aber zum Fall nicht weiter äussern. Für ihn ist wichtig zu betonen, dass der Institutsrat keinerlei Einfluss auf das operative Geschäft der Swissmedic ausübt. Es bestehe deshalb auch kein Zusammenhang zwischen dem Gutachten von Hotz und den jüngsten Richtlinien von Swissmedic zum Thema Boni und Rabatte.

Gemäss diesen Richtlinien, welche sich auf keinerlei Rechtspraxis abstützen, sind Boni und Rabatte bei Medikamenten zulässig, sofern sie an die Endkunden weitergegeben werden. In der Praxis, also in Apotheken oder bei selbstdispensierenden Ärzten, erfolgt dies aber so gut wie gar nie.

Hotz selber will sich zu seiner Tätigkeit nicht äussern. «Ich halte mich an die Richtlinien», sagt er gegenüber der «HandelsZeitung». Doch der Swissmedic scheint die Angelegenheit peinlich zu sein. Vor allem auch deshalb, weil die Bonipraxis der Mepha vom Rechtsdienst der Swissmedic zurzeit wohl untersucht wird. Die Swissmedic-Juristen verfolgen gegenwärtig 23 Fälle rund um Artikel 33 HMG. Offenbar haben viele Pharmaunternehmen Mühe mit dem umstrittenen Korruptionstatbestand.