Sie sollte die Fahrt von Zürich nach Bern auf 12 Minuten verkürzen: Die unterirdische Magnetschwebebahn Swissmetro. Vor 40 Jahren entwickelten Schweizer Ingenieure die Vision, kapselartige Züge mit einer Geschwindigkeit von über 500 Stundenkilometern durch Vakuumtunnels sausen zu lassen. 2009 wurde das Projekt mangels Finanzierungs- und Realisierungschancen beerdigt.

Doch nun könnte es anders kommen. Vorletzte Woche gab das US-Hightech-Unternehmen Hyperloop One eine Partnerschaft mit Cargo Sous Terrain (CST) bekannt, ein Milliardenprojekt mit dem Fernziel, den Güterverkehr im Mittelland in ein unterirdisches Logistiknetzwerk zu verlegen – jedoch mit Transportwagen, die 40-mal langsamer verkehren als der Hyperloop. Trotzdem liebäugeln die Kalifornier offenbar damit, die ultraschnelle Magnetbahn in die Schweiz zu bringen.

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«Wir sind offen für die Diskussion, ob künftig auch Personen in Hochgeschwindigkeitszügen verkehren sollen», erklärt Knut Sauer, Vizedirektor beim US-Unternehmen im Gespräch mit der «Handelszeitung». «Technologisch wurden in den letzten Jahren gegenüber der Schwebetechnik der Swissmetro enorme Fortschritte erzielt», so der gebürtige Deutsche. Entsprechend weniger aufwendig sei die technische Planung und grösser die technologischen Realisierungschancen einer Magnetschwebebahn.

Verbindung zwischen Los Angeles und San Francisco

Erst letzte Woche ist Hyperloop One der Vision seines geistigen Vaters, Tesla-Chef Elon Musk, Menschen im Zug nahe der Schallgeschwindigkeit zu befördern, einen Schritt näher gekommen: In einem ersten Test beschleunigte ein Gefährt mit der Hyperloop-Technologie in Las Vegas in 1,9 Sekunden auf 400 Meilen pro Stunde.

Bis Ende Jahr soll eine Transportkapsel im selben Tempo ein paar Kilometer durch eine Vakuumröhre sausen. Bereits bis 2020 dann soll eine 30-Minuten-Verbindung zwischen Los Angeles und San Francisco Realität sein. Dafür arbeiten in Kalifornien derzeit 180 Ingenieure.

Doch was in der unbelebten Wüste Nevadas ein ambitioniertes Projekt darstellt, ist in der kleinteiligen, dicht besiedelten Schweiz erst recht ein schwieriges Unterfangen: Sauer nennt die Topografie und das bereits bestehende, gut ausgebaute SBB-Schienennetz denn auch als «Herausforderung»: Der Charme von CST liege in der Beförderung von Gütern. «Darauf müssen wir uns jetzt fokussieren.»

Sauer kennt die Schweiz

Der Transportexperte kennt die Schweiz bestens: Vor Jahren hat der gebürtige Deutsche für die SBB ein neues Preissystem ausgetüftelt. Heute pendelt Sauer alle zwei Wochen zwischen Los Angeles und Zürich, wo seine Kinder aufwachsen.

Bei Hyperloop One leitet Sauer nun die Sparten Geschäftsentwicklung und Strategie. Er war es denn auch, der auf das CST-Projekt aufmerksam wurde – und Überlappungspunkte erkannte. «Hyperloop setzt – neben der hohen Geschwindigkeit – wie CST darauf, die Nachfrage nach kleineren Frachten abzufangen.» Dass sich Unternehmen wie Migros, Coop und Swisscom wie auch der Bund hinter das Logistiksystem gestellt hätten, zeige, dass die Schweiz hungrig sei nach Innovationen im Transport. «Das gibt uns Auftrieb.»

Wie die Technologie von Hyperlooop One beim Schweizer Untergrundprojekt CST konkret eingesetzt wird, darüber soll laut Sauer in sechs Monaten Klarheit herrschen. Bis dann wollen die beiden Unternehmen, unterstützt von Schweizer Partnern wie der ETH und der auf Untertagebau spezialisierten Amberg-Gruppe, in einer Studie die konkreten Anwendungsmöglichkeiten eruieren. Mit Amberg hat Hyperloop One erst vor kurzem eine internationale Partnerschaft abgeschlossen.

Innovationen im Tunnelbau

Potenzial sieht Sauer vor allem in der Optimierung der Tunneltechnologie. «Unser Ziel ist, mit Innovationen die Kilometerkosten massiv zu senken – und das deutlich unter den heutigen Benchmark.» Im Vergleich mit herkömmlichen Hochgeschwindigkeitszügen beruhe die Hyperloop-Technologie auf einem viel kleineren Tunnelquerschnitt.

Der geomechanische Druck auf den Tunnel sei deshalb entsprechend kleiner – und so auch die Kosten, die für den Bau aufzuwenden seien. «Von diesen Innovationen könnte auch CST profitieren», sagt Sauer. Zugleich werde die Möglichkeit einer Zusammenarbeit in der Fahrzeug- und Antriebstechnologie sowie im Steuerungs- und Betriebskonzept ausgelotet.

Die Kalifornier können sich auch vorstellen, die langsame CST-Lösung in Kombination mit einer ultraschnellen Magnetbahn für grosse Distanzen im Ausland zu nutzen. Das CST-System mit seinen kleinen, automatisierten Fahrzeugen würde dabei für die Feinverteilung in urbanen Gebieten eingesetzt. Ob eine solche Kombination möglich ist, soll auch in der Studie abgeklärt werden. Für die Realisierung einer Hochgeschwindigkeitsbahn in der Schweiz bestehen indes weder konkrete Forschungs- und Entwicklungspläne, noch gibt es einen Auftrag dafür.