Noch vor der 1. BVG-Revision im Jahr 2003 wurde eine erste «Rentenklau»-Debatte geführt. Auslöser dafür waren die Reduktion der Umwandlungssätze sowie die berechtigten Transparenzforderungen an die Vorsorgeeinrichtungen und insbesondere an die Lebensversicherer. Dementsprechend traten am 1. April 2004 neben den für alle Vorsorgeeinrichtungen massgebenden Bestimmungen der 1. BVG-Revision verschiedene Bestimmungen in Kraft, welche sich spezifisch auf die Lebensversicherer und deren Kollektiv-Lebensversicherungsverträge mit Vorsorgeeinrichtungen beziehen. Dazu gehörten auch Bestimmungen betreffend die Überschüsse – die sogenannte «legal quote».
Bei der «legal quote» (zu deutsch «Mindestquote») handelt es sich um Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) zur Ermittlung und Verwendung von Überschüssen in der Kollektivlebensversicherung (siehe Kasten «Mindestquote»). Diese Bestimmungen waren von den Lebensversicherungsgesellschaften erstmals bei der Überschussverwendung für das Jahr 2005 einzuhalten. Die «legal quote» bezweckt einerseits, unter Berufung auf den Sozialversicherungscharakter der obligatorischen Beruflichen Vorsorge, das Gewinnpotenzial der Lebensversicherer zu limitieren. Anderseits soll und muss sie es ihnen erlauben, die Solvenzanforderungen (die ausschliesslich zum Schutz der Versicherten erlassen wurden und internationalen Standards entsprechen) erfüllen und das Risikokapital angemessen verzinsen zu können.
Die «legal quote»-Bestimmungen führten zu einer neuen «Rentenklau»-Kontroverse. Nach der Veröffentlichung der Betriebsrechnungen 2005 der Lebensversicherer wurde der Vorwurf laut, die Gesellschaften würden dank der Mindestquote staatlich garantierte Gewinne erzielen. In einer Motion der sozialdemokratischen Fraktion wird dafür der Bundesrat verantwortlich gemacht. Der Wille des Parlaments sei gewesen, den Anteil der Versicherer auf 10% des Ergebnisses (d.h. der Erträge abzüglich Aufwendungen) zu maximieren. Trotzdem habe der Bundesrat in der Verordnung zum VAG festgelegt, dass der Anteil der Versicherer unter gewissen Voraussetzungen (siehe Kasten) maximal 10% der Erträge erreichen dürfe. In ihrer Motion verlangte deshalb die SP-Fraktion vom Bundesrat unter anderem, die Aufsichtsverordnung dahingehend anzupassen, dass der Anteil der Versicherer in jedem Fall auf 10% des Ergebnisses maximiert wird. In seiner Stellungnahme lehnt es der Bundesrat ab, die Regelung zur Mindestquote zu ändern, und verweist dabei unter anderem auf die Möglichkeit, sich einer teilautonomen Vorsorgeeinrichtung anzuschliessen.
Vollversicherungsmodell
Die politische Diskussion um das Vollversicherungsmodell setzt damit unmittelbar bei dessen Hauptunterschied zum Teilautonomiemodell an. Dieser besteht in der Verbindlichkeit der Kapitalerhaltungs- bzw. Verzinsungszusagen, die im Teilautonomiemodell von der Sammelstiftung, im Vollversicherungsmodell dagegen von der Lebensversicherungsgesellschaft abgegeben werden.
Im Teilautonomiemodell erfolgt die Anlage der Vorsorgegelder durch die Sammelstiftung. Diese hat gemäss Art. 65 BVG jederzeit Sicherheit dafür zu bieten, dass sie die übernommenen Verpflichtungen erfüllen kann. Eine zeitlich begrenzte Unterdeckung ist jedoch zulässig, sofern sichergestellt ist, dass die gesetzlichen Leistungen bei Fälligkeit erbracht werden können, und Massnahmen getroffen werden, um die Unterdeckung innert angemessener Frist zu beheben. Falls Massnahmen wie etwa der Verzicht auf Verzinsung überobligatorischer Altersguthaben nicht zum Ziel führen, kann die Vorsorgeeinrichtung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Rentnern «Sanierungsbeiträge» erheben. Erweisen sich diese Massnahmen als ungenügend, kann die Verzinsung der BVG-Altersguthaben während der Dauer der Unterdeckung (längstens aber während fünf 5 Jahren) und um maximal 0,5 Prozentpunkte unter dem BVG-Mindestzinssatz angesetzt werden.
Mehr Schutz
Im Gegensatz dazu garantieren die Lebensversicherer im Vollversicherungsmodell den Schutz aller Spar- und Risikoleistungen sowie die Verzinsung der BVG-Altersguthaben mit dem Mindestzinssatz. Die Lebensversicherer werden vom Bundesamt für Privatversicherungen beaufsichtigt und müssen periodisch den Nachweis über die vollständige Deckung der Verpflichtungen erbringen. Eine Unterdeckung ist nicht zulässig.
Der Sicherheitsstandard ist bei Lebensversicherern damit bedeutend höher als bei teilautonomen Sammelstiftungen. Ermöglicht wird dies hauptsächlich durch eine risikoärmere Anlagestrategie und die Bereitstellung von Eigenkapital durch die Versicherungsgesellschaft als Sicherheitsreserve. Der Preis der Sicherheit besteht im Wesentlichen in eingeschränkten Ertragsmöglichkeiten, den Kosten für die Bereitstellung des Eigenkapitals und der als «Intransparenz» wahrgenommenen Komplexität des Modells.
Höhere Erträge
Die Vorteile des Teilautonomiemodells lassen sich sinnvoll und erfolgreich mit den Stärken des Lebensversicherers kombinieren. Eine Vorreiterrolle nehmen dabei Zurich und die von ihr im Jahr 2003 gegründete Sammelstiftung Vita ein. Diese zählt per Anfang 2007 rund 12000 angeschlossene Arbeitgeber und gegen 70000 versicherte Personen. Das Anlagevolumen beträgt rund 5 Mrd Fr. Sie gehört damit unter den Sammelstiftungen mit selbstständiger Anlage der Vorsorgegelder zu den Marktführerinnen.
Die Sammelstiftung Vita praktiziert eine konsequente Trennung von Anlage- und Versicherungsteil. Sie investiert die Vorsorgegelder selbstständig und bietet so maximale Transparenz und Gewähr dafür, dass sämtliche Vermögenserträge zu 100% den versicherten Personen zukommen. Die Versicherten profitieren aber nicht nur prozentual, sondern auch absolut von der Teilautonomie: Basierend auf einem hoch professionellen Anlageprozess und einer ertragsorientierten Anlagestrategie dürfen mittel- und längerfristig nachhaltig höhere Anlageerträge erwartet werden als im Vollversicherungsmodell. Zum Vergleich: Die Aktienquote der Sammelstiftung Vita beträgt rund 18%, diejenige im Vollversicherungsmodell dagegen typischerweise deutlich unter 10%. Tatsächlich übertrifft die Performance der Sammelstiftung Vita seit
der Aufnahme der operativen Tätigkeit diejenige von Sammelstiftungen im Vollversicherungsmodell klar.
Das Todesfall-, Invaliditäts- und Langleberisiko überträgt die Sammelstiftung Vita vollumfänglich an Zurich Leben. Dies erhöht die finanzielle Sicherheit der Stiftung, steigert die Transparenz des Modells zusätzlich (kein Reservierungsbedarf im Bereich der Leistungsfälle) und bietet den Leistungsbezügern denselben Sicherheitsstandard wie das Vollversicherungsmodell. Die Sammelstiftung Vita steht damit nicht nur beispielhaft für die wachsende Bedeutung des Teilautonomiemodells, sondern illustriert auch eindrücklich, wie sich dessen Vorteile durch den Versicherer noch verstärken lassen.
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Adrian Gröbli, dipl. math. ETH / dipl. Pensionsversicherungsexperte, Leiter
Kollektivleben Zurich Schweiz, Zürich.
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Mindestquote: Zwei Wege
Berechnungsmethoden
Die «Mindestquote» regelt die Ermittlung der Überschüsse und deren Verteilung zwischen der Lebensversicherungs-Gesellschaft und den von ihr versicherten Vorsorgeeinrichtungen.
Die ertragsbasierte Methode
Falls der Mindestzinssatz 4% übersteigt oder die Kapitalanlagerendite des Versicherers 6% nicht erreicht, sind den Vorsorgeeinrichtungen zusätzlich zu den gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Leistungen mindestens 90% des Ertrages gemäss Betriebsrechnung zuzuweisen.
Die ergebnisbasierte Methode
Falls der Mindestzinssatz maximal 4% und die Kapitalerträge mindestens 6% betragen, sind den Vorsorgeeinrichtungen zusätzlich zu den gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Leistungen mindestens 90% der Differenz zwischen Ertrag und Aufwand gemäss Betriebsrechnung zuzuweisen.