Ein weiteres Debakel für Julius Bär – wegen einer heiklen Kundin: Die Zürcher Privatbank führte ein Konto von Ekaterina Sergeevna Vinokurova, Tochter des russischen Aussenministers Sergej Lawrow, wie das Finanzportal Tippinpoint berichtet. Demnach erhielt die Finanzmarktaufsicht Finma diesbezüglich im März 2025 eine Meldung eines Whistleblowers, eingereicht über einen geschützten Postkasten.
Julius Bär löste die Kundenbeziehung mit der Lawrow-Tochter im März 2022 auf, einige Wochen nach dem Beginn des russischen Angriffkriegs auf die Ukraine. Vinokurova war damals noch nicht auf den internationalen Sanktionslisten gelistet, erst im April 2022 tauchte ihr Name auf einer solchen Liste auf. Vor dem Krieg lebte sie in New York, wo sie 1982 zur Welt gekommen war. Ihr Vater arbeitete damals als Diplomat im Big Apple.
Julius Bär stufte Risiko als tief ein
Brisant: Obwohl ihr Vater zum engsten Machtzirkel des russischen Präsidenten Wladimir Putin (72) gehört, soll die Bank laut dem Bericht das Risiko der Kundenbeziehung mit Vinokurova als «tief» eingestuft haben. Eine folgenreiche Fehleinschätzung des Chief Risk Officers Oliver Bartholet (59)? Vor wenigen Tagen gab Julius Bär bekannt, dass Bartholet im Sommer aus der Konzernleitung ausscheidet und sich Ende Jahr in die Pension verabschiedet. «Die Änderungen in der Organisation unseres Risikomanagements stehen in keinem Zusammenhang mit diesen Behauptungen», heisst es vonseiten Julius Bär.
Ob die Meldung Konsequenzen seitens Finma für die Bank hat, ist unbekannt. «Wir bestätigen, dass es im Zusammenhang mit dem suggerierten Sachverhalt weder aktuelle Anfragen noch uns bekannte laufende Verfahren seitens der Finma gibt. Das erwähnte Whistleblowing gegenüber der Finma haben wir dieser mitgeteilt», teilte Julius Bär gegenüber Tippinpoint mit.
Abschreiber von 130 Millionen Franken
Genau vor einer Woche hatte die Privatbank einen Rückschlag zu verdauen. Sie musste eine Wertberichtigung von 130 Millionen Franken auf ihrem Kreditportfolio vornehmen, wie Julius Bär in einem Schreiben mitteilte. Der Schritt steht aber nicht im Zusammenhang mit dem Konto der Lawrow-Tochter.
Der russische Aussenministers Sergej Lawrow
Für grosses Aufsehen sorgte die unrühmliche Rolle der Bank im Zusammenhang mit dem Immo-Pleitier René Benko. Sie musste wegen gewährter Kredite an Benkos Firmenkonstrukt Signa einen Abschreiber von fast 600 Millionen Franken vornehmen, was mehreren Führungskräften den Job kostete – etwa dem früheren CEO Philipp Rickenbacher (53). Ex-Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher gab seinen Posten dieses Jahr freiwillig auf, indem er auf eine Wiederwahl verzichtete.