Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand (l.) fürchtet um sein «Too big to fail»-Regelwerk. Weil die bürgerlichen Parteien den Schweizer Alleingang zunehmend kritisch sehen und das im Herbst mühsam ausgeklügelte Paket im Parlament zu kippen droht, will der Chef selbst in die politische Arena steigen. «Falls es Versuche geben sollte, von diesem Paket abzuweichen, dann werde ich mich sehr intensiv in die Diskussion einschalten», sagte er unlängst gegenüber der «Zeit». Ob seine Argumente die Parlamentarier allerdings zu überzeugen vermögen, ist fraglich. Denn Hildebrand argumentiert mit drastischen Vergleichen. Verglich er früher die Schweizer Wirtschaft, laut WEF die wettbewerbsfähigste der Welt, mit der kargen Vulkaninsel Island, so dient jetzt eine andere Insel als abschreckendes Beispiel: Irland. Irland sei als Volkswirtschaft von der Grösse und der Struktur her vergleichbar mit der Schweiz, betonte der SNB-Chef in besagtem Interview: «Dieses Land wurde um 10 bis 20 Jahre zurückgeworfen – letztlich, weil man das ‹Too big to fail›-Problem nicht im Griff hatte.» In der «Handelszeitung» legte er nach: Irland habe «plötzlich ein Drittel des Bruttoinlandprodukts in eine einzige Bank einschiessen» müssen. Ganz so war es nicht: Das Bruttoinlandprodukt Irlands lag 2009 bei 159 Milliarden Euro, bis Mitte Februar schoss der Staat genau 29,3 Milliarden in die Anglo Irish Bank ein – also nicht einmal ein Fünftel des Bruttoinlandprodukts. Auch sonst lässt sich die Insel, bis Anfang der neunziger Jahre noch das Armenhaus Europas, kaum mit der Schweiz vergleichen. Die Wirtschaftsleistung beträgt kaum die Hälfte, die Marktkapitalisierung nicht einmal ein Zehntel (siehe unten). Weltkonzerne? Fehlanzeige. Doch vor allem: Dass die Krise durch das nicht gelöste «Too big to fail»-Problem verursacht worden sei, wird selbst von Patrick Honohan (r.), dem Chef der Bank of Ireland und Hildebrands Pendant auf der grünen Insel, nicht bestätigt. Als Gründe nannte er jüngst in einem Vortrag zu hohe Lohnsteigerungen, zu tiefe Zinsen durch den Euro, eine zu grosse Exportabhängigkeit und vor allem «eine von der Regierung geförderte weltweit einmalige Immobilienblase». Die Bauwirtschaft schwoll auf 20 Prozent der Gesamtwirtschaft an – in der Schweiz sind es gerade 6 Prozent. Natürlich haben die Banken diese Blase gefördert: Allein die verstaatlichte Anglo Irish Bank verzehnfachte ihre Bilanzsumme in den zehn Jahren vor dem Crash. Doch das Debakel wäre auch mit dem neuen Schweizer Regelwerk nicht verhindert worden: Bei risikogewichteten Aktiven von 85 Milliarden Euro hätte die Bank laut den geplanten neuen Regeln etwa 17 Milliarden Euro Eigenkapital ausweisen müssen. Ihre Verluste lagen jedoch bei mehr als 30 Milliarden. Merke: Vor katastrophalem Management schützt auch das neue Regelwerk nicht. Das sieht auch der irische Notenbank-Chef Honohan so. Er kämpft zwar für die deutlich verschärften Basel-III-Regeln – aber nicht für mehr....

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Dirk Schütz
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