Wer einem bei einer Panne aus der Patsche hilft, wird grundsätzlich als sympathisch wahrgenommen. Damit die Stimmung auch positiv bleibt, wenn die Jahresrechnung fällig wird, verlässt man sich beim Touring Club Schweiz (TCS) nicht ausschliesslich aufs gute Image oder die starke Position als grösster Club seiner Art in der Schweiz, sondern hilft immer wieder mit entsprechenden Kampagnen nach. Und mit einer erfrischenden Portion Humor, wie die letztjährige landesweite Kampagne «Barbara – häsch de TCS zahlt?» einmal mehr bewies.

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Mahnschreiben reduziert



Die penible Situation, die einer solchen Frage in der Regel vorausgeht, dürfte jedermann bekannt sein – wenn vielleicht auch nicht aus eigener Erfahrung. In der Kampagne wird sie mit filmischen Mitteln oder Comics thematisiert. Das Publikum kann das eigentliche Ziel der Kampagne zumindest gedanklich nachvollziehen: Die Schrecksekunde nämlich, in der nicht klar ist, ob in der Not ein Anspruch auf Hilfe überhaupt besteht. Eben: Wurde die Rechnung bezahlt? Wie bei Dienstleistungsunternehmen üblich, besteht dieser Anspruch auch beim TCS nur, wenn der Jahresbeitrag bezahlt und die Mitgliedschaft beim Club dadurch verlängert wurde.

Um die Zahl der jährlichen Mahnschreiben für einmal zu minimieren, wurde beim TCS im Vorfeld über alle Kanäle kommuniziert: Via TV- und Radiospots, mit Plakaten und Bus-Heckscheiben, Schaufensterstellern und Magnettafeln an Patrouille-Wagen, Internetbannern und selbst auf einem Spezialumschlag der Mitgliederzeitschrift «Touring».

Über die Kosten der Aktion schweigt sich der TCS aus. Marion Mathier, Marketingleiterin des TCS, verrät so viel: «Die Kampagne kostete weniger als eine Briefmarke pro Mitglied!»

Die Investition habe sich allemal gelohnt, schliesslich habe die Kampagne die kühnsten Hoffnungen übertroffen. «Erwartet hat man eine Steigerung der Erneuerungsquote per Ende Dezember um 6 bis 8%, erreicht wurden 15%», freut sich Mathier. Obs nur an Barbara lag?

Warum eigentlich Barbara? Warum nicht Sabine, Karin oder Chiara? «Mit Barbara können sich alle identifizieren», erklärt Mathier die Namenswahl, «der Name ist in allen Landesteilen und unter allen Altersgruppen gleich geläufig.» Ausserdem sei er selbst für TCS-Mitglieder repräsentativ: «Unter unseren Mitgliedern gibt es Tausende von Barbaras.» Dass die Kampagne derart ins Schwarze getroffen hat, schreibt Mathier aber nicht nur der glücklichen Namenswahl zu, sondern auch der Zusammenarbeit mit der Werbeagentur tfwe: «So etwas ist nur möglich, wenn man über einen längeren Zeitraum hinweg vertrauensvoll zusammenarbeitet», weiss die Marketingleiterin, die selbst seit 2001 für den TCS arbeitet.

Lasst Menschen sprechen



Die Früchte der guten Zusammenarbeit lassen sich sehen: Vor drei Jahren lancierte der TCS die Tattoo-Kampagne «Lebenslänglich», bei der die unverwechselbare Identität der Schweizer Marke betont wurde. Die erfolgreiche Idee wurde inzwischen von den Jungen Grünen für ihre eigene Kampagne verwendet – illegalerweise, wie man beim TCS betonte. Vor zwei Jahren wurde beim TCS der Clubgedanke neu belebt, ins dem mit der Kampagne «Lebenslänglich – menschlich» daran erinnert wurde, dass beim nicht profitorientierten Verein der Mensch im Mittelpunkt steht. Konsequent wird denn auch kommuniziert: «Wenn der TCS über seine Leistungen redet, dann reden – in der Testimonial-Kampagne – die Mitarbeiter des TCS. Und wenn es um die Mitgliedschaft geht, dann reden logischerweise die Mitglieder.» Oder – wie in der neusten Kampagne – die für die Buchhaltung verantwortlichen Partnerinnen.

Der Kommunikation wird beim TCS ohnehin grosse Bedeutung zugeschrieben. Schliesslich wendet sich ein Grossteil seiner Mitglieder genau dann an den Club, wenn er sich in einer stressreichen Situation befindet. Laut Geschäftsbericht 2005 wurde für Patrouilleure extra ein neuer Kommunikationskurs erarbeitet und umgesetzt.

«Die fachmännische Erledigung einer Panne, kompetentes Auftreten der Patrouilleure sowie ein gepflegtes Erscheinungsbild sind» – so der Geschäftsbericht – «wichtige Erfolgsfaktoren.» Ob bald auch ein Mediationskurs folgt? Schliesslich könnten Kenntnisse im Schlichten von Ehedisputen ganz nützlich sein, zumindest in denjenigen Fällen, in denen Barbaras Antwort auf die berühmte Frage «Nein» lautet. Die Pannenhilfe rückt dann zwar ebenso zuverlässig aus, stellt ihren Aufwand aber in Rechnung.

Sollte Barbara den Jahresbeitrag aber nicht aus Vergesslichkeit, sondern mit Absicht nicht bezahlt haben, um aus dem Club auszutreten, zeigt sich dieser noch einmal von seiner freundlichsten Seite. Wo andere – wenn überhaupt – bloss den Abgang quittieren, listet der Verein in einem langen Abschiedsbrief noch einmal all seine Vorzüge auf. Unwiderstehlich sympathisch.

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Zum Thema Marketing findet am Mittwoch, 18. April 2007, 9.15 Uhr bis 16 Uhr, im Kongresshaus Zürich, die 17. GfM Marketing-Trend-Tagung «Erfolg durch kreative Nutzung von Preispotenzialen» statt unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Richard Kühn.

Anmeldung und Information: www.gfm.ch