Die Frage nach der korrekten Bewertungsmethode von Finanzinstrumenten war immer schon besonders schwierig zu beantworten. Das Fair Value Accounting hat erst Mitte der 90er Jahre eingesetzt - zuerst für Finanzanlagen, dann auch bei derivativen Finanzinstrumenten. Inzwischen ist der Fair Value als Wertbasis für finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten weit verbreitet. 2007 hat das Financial Accounting Standards Board (FASB), der Standardsetzer in den USA, eine allgemeingültige Definition von Fair Value verabschiedet. Danach entspricht der Fair Value jenem Betrag, zu dem in einer ordentlichen Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag ein Vermögenswert verkauft oder eine Verbindlichkeit beglichen werden könnte.

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Mit der Finanzmarktkrise, die bei verschiedenen Instrumenten zu erhöhter Volatilität und Illiquidität geführt hat, ist ein Umfeld entstanden, in dem die Verwendung bzw. Ermittlung von Fair Values kontrovers diskutiert wird.

Obwohl Fair Value Accounting für verschiedenste Vermögenswerte und Verbindlichkeiten angewendet werden kann, richtet sich der Fokus der aktuellen Diskussion auf Finanzinstrumente und finanzielle Vermögenswerte, deren Wert der Marktilliquidität und der Volatilität ausgesetzt ist. Umstritten sind vor allem zwei Aspekte: Die Anwendung von Fair Value Accounting in illiquiden Märkten und die Frage, wie und wann ein Bewertungsmodell für die Fair-Value-Ermittlung herangezogen werden soll.

Illiquide Märkte

Unter den gegenwärtigen Bedingungen an den Kreditmärkten führen Bewertungen zum Fair Value zu massiven Wertkorrekturen. Davon sind insbesondere Unternehmen der Finanzbranche betroffen. An der Pflicht zur Fair-Value-Bewertung wird kritisiert, dass sie bei den vorherrschenden, ausserordentlichen Marktverhältnissen zu ungerechtfertigten Resultatsverzerrungen führe. Jedoch ist ein Ausblenden von unrealisierten Verlusten keine akzeptable Lösung. Das Prinzip der verlustfreien Bewertung verlangt, dass die derzeitigen kreditrisikobedingten Wertminderungen erfasst werden, auch wenn es sich vorerst nur um Buchverluste handelt.

Die Illiquidität und die Volatilität der Märkte haben zu der Forderung geführt, das Fair Value Accounting vorübergehend auszusetzen oder zumindest für gewisse Finanzinstrumente zu ändern. Es wurde auch vorgeschlagen, Unternehmen ihre eigenen Bewertungsmodelle anwenden zu lassen, welche auf weniger volatilen, längerfristigen Szenarien basieren könnten. Dies alles vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Marktsituation eine Anomalie darstelle, dass die Märkte irrational seien. Die Kritik lässt sich durchaus nachvollziehen, doch gilt es eine Abwägung zwischen diesen Bedenken und dem berechtigten Anliegen der Investoren, die heutigen Werte solcher Vermögenspositionen zu kennen, vorzunehmen.

In Abwägung aller Faktoren stellt der Fair Value immer noch die effektivste Methode dar, die ökonomische Realität der Märkte zu widerspiegeln. Würde das Prinzip des Fair Value ausgesetzt oder durch eine andere, auf historischen Kosten basierende Methode ersetzt, wäre es den Investoren selbst überlassen, den aktuellen Wert von Finanzinstrumenten zu eruieren. Dies aber wäre kaum geeignet, um zu verlässlicheren Werten zu gelangen oder eine Markterholung zu beschleunigen.

Wenn Modelle gefragt sind

In Situationen, in denen die Bestimmung von Marktpreisen unsicher ist, hegen sowohl Investoren wie auch Unternehmen gewisse Bedenken gegenüber der Verwendung von Fair Values. Denn die Bemessung des Fair Value verlangt, Marktpreise zu verwenden (Marking to Market) - unabhängig davon, wie unberechenbar die Märkte sein mögen. Falls weder für das zu bewertende noch für ein vergleichbares Instrument Marktpreise vorhanden sind, ziehen die Unternehmen Modelle zur Ermittlung von Fair Values heran (Marking to Model). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Annahmen, welche in eine Modellbewertung einfliessen, die aktuellen Marktereignisse reflektieren müssen. Wenn also in schwierigen Zeiten häufiger Modelle zur Ermittlung von Fair Values herangezogen werden, darf dies nicht als Freibrief zur Ausblendung der aktuellen Ereignisse missverstanden werden.

Weitere Bedenken bestehen darüber, welche Auswirkungen die Fair-Value-Bewertung auf den langfristigen Wert haben wird. Ob die Anwendung bestimmter Fair-Value-Bewertungen den langfristigen Wert angemessen wiederzugeben vermag, lässt sich indes erst im Nachhinein bestimmen.

Die Bewertung zum Fair Value erlaubt es, in der Finanzberichterstattung Aussagen darüber zu machen, wie sich die aktuellen Marktgeschehnisse auf die Finanzinstrumente auswirken. Dies bringt dem Investor und dem Bilanzleser zumindest eine erhöhte Transparenz und stärkt somit das Vertrauen in die Finanzberichterstattung.

Bewertungsmethoden, welche die ökonomischen Realitäten der Märkte ausblenden, haben hingegen kaum eine vertrauensfördernde Wirkung. Es ist nicht die Kontinuität der ausgewiesenen Werte, sondern vielmehr die Kontinuität der angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze, die Vertrauen bildet.