UBS-Firmenkundenchef Alain Conte will Tattoostudios und Startups in die Grossbank locken

Banken entdecken die KMU im Land – Coiffeursalons, Restaurants, Tattooshops, Startups. Wer hat die Nase vorn? Wir sind die grösste kommerzielle Bank der Schweiz, verstehen uns als die Bank für Unternehmerinnen und Unternehmer. Das behauptet auch die Credit Suisse. Bei den mittleren und grossen Firmen sind wir die Nummer eins. Wir haben im Firmenkundenbereich über 100’000 Kunden. Alle, auch die UBS, haben in der Vergangenheit die Kleinen vernachlässigt. Unser Fokus lag auf den grösseren Firmen, das ist richtig. In der Vergangenheit war bei uns das Effizienzniveau nicht da, um auch die Mikrofirmen umfassend zu betreuen. Das Angebot war entsprechend teuer. Das ändert sich mit unserem neuen Betreuungsmodell nun radikal. Diese Firmen brauchen Basisdienstleistungen, etwa kleinere Kredite, Nachfolgeplanung, alles schnell und günstig. Mit dem Instant Credit haben wir zum Beispiel ein solches Basisangebot. Dieses wollen wir ihnen bieten – und einiges mehr. Die Digitalisierung macht es möglich. Jetzt gehen wir proaktiver auf diese Firmen zu. Eine, die vor drei Jahren gegründet wurde und seit zwei Jahren bei uns ein Zahlungsverkehrskonto unterhält, werden wir ansprechen. Alain Conte Funktion: Chef Corporate & Institutional -Clients bei der UBS Schweiz Karriere: 1984 bis 1997: Kaderfunktionen beim -Schweizerischen Bankverein in Genf, - New York, Luxemburg Seit 1998: Führungsfunktionen im -Firmenkundengeschäft der UBS Jene mit fünf bis zehn Mitarbeitenden? Mit fünf bis zwanzig, mit einem Umsatz von vielleicht bis zu 5 Millionen Franken. Von den 250’000 registrierten Firmen mit mehr als einem oder einer Mitarbeitenden sind der Grossteil Mikrounternehmen. Diesen können wir nun eine breite Palette an Dienstleistungen anbieten, im Zentrum stehen digitale Lösungen. Sind die Kleinfirmen überhaupt digital aufgestellt? Oder ist da nicht noch viel analog? Heute sind 85 Prozent digital gut unterwegs, sie machen seit langem E-Banking. Wir sind die einzige Bank in der Schweiz, die eine dedizierte E-Banking-Plattform für kleine Firmenkunden hat. Alle Basisdienstleistungen wie Kontoeröffnungen, Zahlungsverkehr oder Kreditkarte sind selbstverständlich vollständig digital verfügbar. Dann bieten wir einen Zusatzkanal für Fremdwährungsgeschäfte, für Bankgarantien, kleinere Kredite. Gleichzeitig bleibt der physische Kontakt mit einem Client Advisor bestehen, gerade für komplexere unternehmerische Herausforderungen wie Strategie oder Nachfolge ist die Beratung und die Expertise eines Client Advisors zentral. Der Preis für die Dienstleistungen hat in der Vergangenheit viele Kleine abgeschreckt. Die wollen einen VW, nicht einen Rolls-Royce. Wir bieten eine breite Modellpalette an, massgeschneidert. Das gilt auch fürs Pricing. Heute segmentieren wir die Kunden nach Grösse, morgen wählt der Kunde Produkte und Services selber, je nach Komplexität seiner Bedürfnisse – und dies über alle Kanäle hinweg, digital, remote oder auf dem physischen Weg. Der Kunde kann das Basisangebot beziehen – oder den VW, wie Sie sagen. Und wenn er einen Zukauf machen will, kann er einen Client Advisor anrufen und sich mit ihm besprechen. Weil er digital unterstützt wird, hat der Kunde heute viel schneller einen Client Advisor am Telefon. In der Vergangenheit haben Kleinkunden geklagt, die UBS sei zu bürokratisch, zu arrogant auch. Wir waren in der Vergangenheit eine eher komplexe Bank. (lacht) Und ich hörte ab und zu, der Kontakt, die Dienstleistungen dürften etwas einfacher sein. Wir haben diese Stimmen gehört und entwickeln das, was unsere Kundschaft wünscht. Wir beziehen unsere Kundinnen und Kunden regelmässig bei der Produktentwicklung mit ein; ihr Feedback bringt uns weiter. Diese Unternehmerinnen und Unternehmer haben klare Vorstellungen, was sie wollen und was nicht. Und sie wollen keine Zeit verlieren. Das speditive Onboarding gehört dazu. Heute brauchen wir dafür im Schnitt 21 Tage. Wir haben den Anspruch, diese Frist auf 4 Tage zu verkürzen, davon 3 Tage für den Handelsregistereintrag. Aber es ist so: Kleinunternehmen wollen schnelle, günstige Lösungen, die funktionieren. Deshalb lancieren wir im Herbst die neue digitale Sortimentslinie UBS Key4 Business, zugeschnitten auf Schweizer KMU. Mit der Applikation kann man mit einem «Swipe» Dokumente unterschreiben, sich via Handy identifizieren, rund um die Uhr. Dann kann man damit digital unterschreiben und die digitalen Unterschriften einer Firma verwalten. Heute ist das ein enormer Aufwand. Da werden Dokumente per Post hin und her geschickt, mal fehlt eine Unterschrift oder eine Ortsangabe, was wiederum einen grossen Zusatzaufwand auslöst. Mit unserer neuen KMU-Digital-Linie sparen wir Zeit und Nerven und können Millionen von Papierseiten einsparen. Ein Gewinn für Unternehmerinnen und Unternehmer und ein Beitrag für die Umwelt. Und die Produktivität der Kundenberater wird gesteigert? Absolut, heute fährt ein Client Advisor von St. Gallen nach Graubünden, um einen Kunden oder eine Kundin zu treffen. Wenn er sich remote bespricht, kann sich der Client Advisor mit fünf Kunden am Tag austauschen. Und für eine Vertiefung bleibt erst noch mehr Zeit. Das CS-Business-Paket, das auf KMU zielt, wird aktuell ein Jahr lang gratis angeboten. Wir haben schon früh mit Gratisangeboten angefangen. Speziell bei jungen Firmen, denn der erste Kundenkontakt ist sehr wichtig. Wer da eine gute Erfahrung macht, wird dies nicht vergessen haben, wenn er weitere Dienstleistungen beansprucht oder ein IPO in Angriff nimmt. Wer aber beim Erstkontakt schlechte Erfahrungen macht, wird sich später nur ungern an diese Bank erinnern. Unser Ziel ist, bei diesen Mikrofirmen den Status einer Hausbank zu erreichen. Wenn man bereits Kreditlimiten hat, ist es einfacher, andere Angebote – Fremdwährung, Akkreditive – ins Spiel zu bringen. Wer keine Anknüpfung hat, macht kein Geschäft. ING hat in den letzten Jahren mit Digitalangeboten das Geschäft mit KMU laufend ausgebaut. War UBS-Chef Ralph Hamers Ihr Ideengeber? Es ist seit zwei Jahren unser Fokus, in der Schweiz im KMU-Bereich zu wachsen, und das geht heutzutage nur digital. Die Ideen kamen von uns, aber es hilft natürlich, einen CEO zu haben, der digitale Initiativen voll unterstützt. Und was ist das Ziel Ihrer KMU-Offensive? Sparen? Es geht nicht um Sparen, das ist eine Investition. Es geht ganz klar um Kundenbedürfnisse und Marktanteile. Wir sind heute bei den Grosskunden mit 60 Prozent vertreten, sind also schon sehr präsent. Wenn wir im Corporate-Geschäft weiter wachsen wollen, dann müssen wir bei den Kleinkunden zulegen. Ihr Marktanteil im Corporate-Geschäft liegt in der Schweiz bei 15 Prozent? Bei 17 Prozent, wir wollen aber auf über 20 Prozent. Dank der Digitalisierung haben wir nun die Mittel dazu. Weiter wollen wir ein Ökosystem aufbauen und reden mit Partnern, die wir integrieren können – um unser Dienstleistungsangebot für unsere Kundinnen und Kunden noch attraktiver zu machen, etwa im Bereich Immobilien. Inwiefern? In der Schweiz gibts 2,2 Millionen Gebäude, sie sind für 24 Prozent des CO2-Ausstosses und für 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Wenn die Schweiz bis 2050 eine CO2-Neutralität erreichen will, müssen wir jährlich über 70’000 Gebäude renovieren. Wir wollen da unseren Teil beitragen. Wir haben im Frühjahr eine dezidierte nachhaltige Lösung für unsere Firmenkunden geschaffen, mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsberatung und Zugang zu unserem Expertennetzwerk. Dazu haben wir ein Tool entwickelt, das den Renovationsbedarf bei Renditeobjekten berechnet plus die Fördergelder dazu. Und wir diskutieren über die Finanzierung der Renovation. Der Offensive im Kleinkundengeschäft ist für die grosse UBS keine kulturelle Herausforderung? Doch. Heute hat der Client Advisor den Kontakt zum Kunden und bedient ihn mit den diversen Dienstleistungen. Künftig ist es ein Kunde der Bank, die ihm ein viel breiteres Angebot bietet. Der Client Advisor bleibt der Chef d’Orchestre, aber es spielen weitere Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen mit, etwa aus der Nachfolgeplanung, aus dem Cash Management, Trade Finance. Je nach Bedürfnis des Kunden oder der Kundin.

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UBS-Firmenkundenchef Conte: «Der Kunde kann von uns auch einen VW haben»

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Das behauptet auch die Credit Suisse.