Das war Pech im Unglück. Die Auslandschweizerin Sabine Heer* kommt aus den USA für ein paar Tage in die Schweiz, weil ihr Vater gestorben ist. Sie muss sich um die Bestattung kümmern. Bei der UBS hat sie aus der Zeit, bevor sie ausgewandert ist - vor fast 20 Jahren -, immer noch ein Konto. Es ist für die Frau so etwas wie die eiserne Reserve.

Als sie am Schalter 7000 Fr. abheben will, staunt sie: Das Konto sei gesperrt. Nicht einmal den Saldo von geschätzten 20000 Fr. will man ihr bekannt geben. Sie soll sich doch bitte an das «Exit Department» der Bank am Zürcher Paradeplatz wenden. Doch Sabine Heer hat andere Sorgen und wenig Zeit. Bei der Raiffeisenbank, wo sie auch noch ein Konto hat, kann sie am Schalter problemlos Geld beziehen. Beide Banken wissen, dass sie in den USA lebt.

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Frist von 45 Tagen

Die UBS verteidigt auf Anfrage der «Handelszeitung» das Vorgehen. Die Grossbank hat im Frühjahr 2009 alle US-Kunden (Schweizer in den USA und US-Bürger) angeschrieben und aufgefordert, ihr Guthaben entweder auf eine andere Bank zu transferieren oder sonst das Konto aufzulösen. Die gesetzte Frist betrug 45 Tage. Vorgängig war die UBS von den USA gezwungen worden, aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Kunden auszusteigen.Mehrere Zehntausend solcher Briefe wurden verschickt, darunter bestimmt Tausende an die 75000 Auslandschweizer in den USA. «Wenn keine Rückmeldung mit Anweisungen kam, haben wir mindestens drei weitere Versuche unternommen, einen Kontakt herzustellen», erklärt die Bank.Viele Guthaben sind bis heute nachrichtenlos geblieben. Trotzdem hat die UBS gehandelt: Nach Ablauf der Frist wurden ohne Warnung bestehende Vermögensverwaltungsaufträge aufgelöst und Wertschriften verkauft - zu einem Zeitpunkt, als die Aktienmärkte ziemlich am Boden lagen.Sabine Heer hat den ominösen Brief mit der Frist von 45 Tagen nie erhalten, wie sie sagt. Erst jetzt erfahre sie davon. «Hat die UBS derart Angst vor der amerikanischen Steuerbehörde?», fragt sie sich. «Es geht die Bank nichts an, ob ich mein Guthaben versteuere. Wo bleibt denn da der Schutz der Privatsphäre?» Die Briefe wurden zwar per Einschreiben verschickt, in den USA aber als normale Post zugestellt. Einige haben ihr Ziel wohl nie erreicht. Aber auch von jenen, die das - hochkomplizierte - Schreiben erhalten hatten, verstanden viele kein Wort und unternahmen vorerst gar nichts.Zahlen über den Rücklauf will die UBS nicht nennen. Aber auch heute, ein Jahr nach Ablauf der Frist, sei das Geld nicht verloren. «Wir nehmen auch nachträglich noch Anweisungen entgegen, was damit zu geschehen hat», erklärt die Bank. Die Möglichkeiten sind immer die gleichen: Entweder auf eine andere Bank transferieren lassen oder das Konto auflösen.Aber wohin mit dem Geld? Kaum eine Schweizer Bank ist scharf auf «Schwarzgeld», schon gar nicht in Form von Wertschriften, wie eine Umfrage der «Handelszeitung» zeigt (siehe Tabelle). Und praktisch jedes Institut verlangt mittlerweile eine Deklaration, dass das Geld und insbesondere das Wertschriftendepot in den USA versteuert wird. Ein neues Konto könnte Sabine Heer nur bei der PostFinance und der Raiffeisenbank eröffnen. Zur Letzteren wird sie ihr UBS-Guthaben nun wohl transferieren, was ohne Probleme gehen sollte, weil sie dort bereits langjährige Kundin ist. Aber deklarieren will sie das Geld in den USA nicht. «Das habe ich vor 20 Jahren in der Schweiz verdient und gespart, das geht die USA nichts an», sagt sie dezidiert. Die Verrechnungssteuer von 35% auf den Erträgen, die ihr jährlich abgezogen werden, findet sie in Ordnung. «Davon soll die Schweiz profitieren und nicht die USA.»

Der Trick mit der Vollmacht

Sollte der Transfer von der UBS auf die Raiffeisenbank nicht klappen, bleibt Sabine Heer noch ein legaler Trick: Sie kann eine Vollmacht auf eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz ausstellen und diese beauftragen, das Geld vom UBS-Konto abzuheben. Die Bank bestätigt, dass dies bis zu einem Betrag von 50000 Fr. problemlos möglich sei. Mehr noch: «Die bevollmächtigte Person kann das Konto sogar auflösen, wenn dazu eine gültige Vollmacht vorliegt.» Aber auch hier gelten 50000 Fr. als oberste Grenze. Bei grösseren Guthaben bleibt nur der Transfer zu einer andern Bank. Die UBS will sich dadurch vor weiterem Ungemach aus den USA absichern.